Fotografieren in der Stadt

Der Sonnenuntergang über Jersey City, Millionen Lichter, die nach und nach überall angehen, ein ständiges Rauschen der Stadt hier oben, aber auch der leichte Abendwind, der warme Luft durch die Gitterstäbe trägt – es ist schon sehr beeindruckend mitten in Manhattan hoch oben auf einem Wolkenkratzer zu stehen und es fällt mir schwer zu glauben, dass das alles wirklich ist.

Fast wie ein Schutz, als Anker um nicht abzuheben, ist es da ganz beruhigend sich mit seiner Kamera zu beschäftigen, aufs Handy und auf irgendwelche Knöpfe zu drücken…
Oben auf der Besucherterrasse des Empire State Buildings in New York habe ich nun vier Stunden verbracht und mir einige Gedanken zum Fotografieren in der Stadt gemacht.

Es wurde noch nie so viel fotografiert wie heute. Fotos kosten nichts, mit dem Handy hat jeder überall eine brauchbare Kamera dabei und natürlich will man die Eindrücke der Reise auch teilen und muss dafür „Trophäen“ sammeln. Mit Filtern und einfacher Fotobearbeitung kann man schließlich sogar aus eher bescheidenen Aufnahmen noch eine ganze Menge machen.

Schöne Aussicht genießen. Hier ein paar Fotos von Menschen, die schauen: 

Praktisch gibt es meiner Beobachtung nach drei Arten von Fotos, die man auf Reisen macht:

  1. Zum ersten sind da die „Schönen Fotos“. Schöne Fotos versuche ich so viele wie möglich zu machen. Das sind vor allem auch Experimente, das sind die Sehenswürdigkeiten, das typische, charakteristische. Das sind die Fotos, über die man sich am meisten freut.
  2. Einen weiteren Bereich machen die Fotos aus, die man für die Dokumentation braucht. Zum Beispiel das Hotelzimmer, das Essen, Exponate in einem Museum, etwas witziges, eigenartiges, was man sieht oder findet. Manchmal muss man auch einfach fotografieren, z.B. beim Besuch wichtiger Sehenswürdigkeiten mit Familie oder Freunden, an bemerkenswerten Orten, dabei ist das Licht aber oft gerade Mittags zu schlecht für wirklich schöne Fotos oder man hat keine Zeit für ein großes Aufheben.
  3. Schließlich gibt es noch die Fotos für eigene Projekte. Das sind Fotos, die man für ein bestimmtes Vorhaben braucht. Ich sammle beispielsweise abstrakte Formen und suche dadurch nebenbei immer wieder nach Mustern, Schatten, Oberflächen usw. Ebenso kann man aber auch z.B. alte Autos, interessante Zeichenmotive, Relikte einer vergangenen Zeit usw. sammeln.

Die Schönheit und Größe eines Augenblicks entsteht oft erst in der Resonanz, im Nachklang, in der Erinnerung und im bittersüßen Schmerz – dass es nun vorbei ist. Irgendwie sind wir alle schon fürchterlich sentimental! Wenn ich mich hier oben über New York so umsehe, im Hier und Jetzt, ist jeder ziemlich für sich. Aber durch das Teilen, mit Menschen, später, kann man den Eindrücken Großartigkeit geben und wenn man davon berichtet, durch Fotos und Geschichten, werden die Dinge in ihrer Schönheit vielleicht greifbarer.

Einige der anderen Besucher um mich herum haben übrigens eine sehr gute Ausrüstung. Nicht nur Handys: So mancher hat große, schwere Objektive und macht keine Einzelaufnahmen, sondern schnelle Reihen mit 7-8 Fotos bei jedem Auslösen…

An die ersten Eindrücke einer neuen Stadt erinnert man sich oft noch Jahre später. Hier ein paar Fotos von meinem ersten Spaziergang in Chicago: 

Gerade frisch in einer neuen Stadt angekommen, ist es oft in den ersten Tagen besonders aufregend und es gibt vieles zu entdecken. Mit dem ungetrübten Blick des Gastes ist man überaus empfänglich. Eigenarten, Besonderheiten und Charakter des noch unbekannten Ortes saugt man förmlich auf. Man will sich ein eigenes Bild machen und gerade an die ersten Tage kann man sich oft auch noch Jahre später sehr lebhaft erinnern. Die ersten Kontakte mit Menschen – der Immigration Officer, die Frau, welche einem den Weg zur U-Bahn gezeigt hat, das erste Zimmer und der erste Spaziergang. 
Fotos sind dabei sehr wichtig. Sie sind wichtig für unsere Erinnerung, zum Teilen und durch die Sicherheit, die sie uns vermitteln. Fotos bleiben. Durch das Fotografieren kann man Bezüge zwischen der Stadt und sich selber herstellen. Während man gerade noch mit Jetlag und übermüdet eher halb wie im Traum durch die Straßen wandelte, schaffen Fotos dazwischen kurze helle Momente der Präsenz. Wir halten inne, öffnen uns und richten unseren Blick auf etwas bestimmtes. Durch das Fotografieren positionieren wir uns. „Fotografieren in der Stadt“ weiterlesen

Fundstücke im S.Y.L.A.NTENHEIM

Auf den Tag genau fünf Jahre nach meinem letzten Aufenthalt bin ich dieses Jahr wieder mit einer Einzelausstellung im S. Y. L. A.N T E N H E I M in der Maxstraße 55 in Bonn.

2013 gab es mit der Ausstellung „Aus heiterem Himmel“ über 100 neue Ölbilder und Aquarelle zu sehen.
Jetzt, 2018, zeige ich noch bis zum 23. März alle neuen Arbeiten aus der Serie „Fundstücke II“, die ich mit dem Fahrrad am Rheinufer gesammelt habe.

Eröffnung und feierliche Ankunft war am Freitag den 9. März. Vielen Dank an alle Besucher! 

Die Arbeiten sind in lockerer „Wolkenhängung“ präsentiert. Das ist eine mehr installative Variation der Petersburger Hängung, wodurch sich die Bilder ergänzen und im Zusammenspiel auch eine ganz neue Wirkung entfalten können – wie man sie letztendlich aber aufhängt, ist dabei eigentlich nicht so wichtig.
Schön ist es so zu beobachten, wie sich das einzelne Bild verhält und wie es gemeinsam mit anderen aussehen und unterschiedlich wirken kann. Einige Bilder kann man auch drehen, um diesen Effekt auszuprobieren.

Als Schmankerl zeige ich außerdem über 100 meiner Lieblingsfotos aus den letzten 2 Jahren. Alle Fotos sind individuell und einzeln abgestimmt eingerahmt. Dabei reicht das Spektrum von glamourösem Gold mit Glitzer bis hin zum dezenten weißen Holzrahmen.

 

Lemberg im Winter

Anfang Dezember ist eine schöne Zeit zum Verreisen. Alle sind schon auf der Zielgeraden des Jahres, irgendwie muss man aber doch den Winter feiern und eine kleine Reise ist eine gute Möglichkeit, um die vergangene Zeit abzuschließen und eine Neue zu beginnen.

Am Bahnhof in Lviv

Dieses Jahr bin ich nach Lemberg gereist. Lemberg, oder Lwiw bzw. Lviv, ist in der Ukraine, im östlichen Teil von Galizien. Nicht zu verwechseln mit dem Galicien in Spanien, wo man auf dem Jakobsweg pilgert.

„Wenn die Atmosphäre passt, dann kann man auch Kaffee aus Aschenbechern trinken!“

Schneespaziergang im Stryjsky Park

Das vielleicht schönste Buch zur Einstimmung ist „Jimi Hendrix live in Lemberg“ von Andrej Kurkow.
Ich lese seit vielen Jahren immer wieder alle seine Bücher. „Petrowitsch“ und „Picknick auf dem Eis“ habe ich bestimmt zehnmal gelesen. Aber von Lemberg hört man hier in Deutschland eigentlich nicht so oft und ich bin erst durch dieses Buch, durch die eigentümliche Art und Weise wie man hier z.B. Nierensteine entfernt und Hippie sein kann, auf die Stadt gekommen.

„Lemberg im Winter“ weiterlesen

Das Klima retten, Ausstellungen und Auktionen

Bei der COP 23, der Klimakonferenz in Bonn, arbeite ich dieses Jahr als Volontär im Bereich ‚Side Events‘.
So ist jeder Tag voll mit wichtigen Themen, neuen Ideen und Impulsen, die man gerne weiter verfolgen möchte. Ein bisschen habe ich dazu hier geschrieben: This is totally happening!

 Parallel dazu hatten wir in meinem Atelier eine Ausstellung:
„Das Klima und Ich“

Dafür habe ich am 27. Oktober eine große Radrunde gedreht und einmal ganz untypisch nicht nur Bretter gesammelt:

Bei Linz fand ich eine Videokassettenhülle, bei Remagen eine Einbauküche und eine lange Latte, vor Rolandseck diverse Kabel und Seile und etwas nördlich von Bonn fischte ich einmal dieses große Nagelbrett aus dem Rhein – ein sehr solides Stück, mit dem ich aber lange Zeit nichts rechtes anzufangen wußte.
Bei jedem Fundstück freue ich mich insgeheim natürlich nicht nur über die Form, die Farbe, angeschrabbelte Ecken und Kanten, die Oberfläche… Oft wäre es doch auch spannend, wenn man wüsste was es eigentlich für eine Funktion hatte. Wo kommt es her? Warum ist es im Fluss gelandet?

Aus dem Video, dem Rohr, der langen Latte und etwas Stroh entstand nun meine Assemblage als Beitrag für unsere Klima-Ausstellung, Titel: „Das Rohr und die lange Latte :- alles muss Rhein“ 


Als Dozent beim Artefact Bonn nehme ich dieses Jahr an unserer Dozentenausstellung in der Graurheindorferstrasse teil.

3 Fundstücke bei der Dozentenausstellung

Vernissage: Donnerstag, 14. Dezember 2017 um 19:00 Uhr
Öffnungszeiten: 15.12.–17.12.2017 16:00–20:00 Uhr

arte fact – werkstatt für kunst e.V.
Graurheindorferstr. 69 53111 Bonn
www.artefact-bonn.de


Aktuell ist eines meiner Fundstücke in der GALERIE KLATOVY / KLENOVÁ (Tschechien) um anschließend zu Gunsten des Hospic svatého Lazara in Pilsen versteigert zu werden.

Ausstellung:
17.11. – 30.11. 2017
GALERIE KLATOVY / KLENOVÁ
Venisáž výstavy 16.11. 2017 | 18:00
Klenová 1

Auktion: 
01.12. 2017 | zahájení aukce 19:00
GREENSGATE GOLF & LEISURE RESORT
Horomyslická 1, Dýšina


In meiner Ateliergemeinschaft machen wir, wie auch letztes Jahr, eine vorweihnachtliche Benefiz Kunstversteigerung.

In der KunstBRENNEREI, Kölnstrasse 139-141, 53111 Bonn.

Die Auktion ist:
Samstag 2. Dezember 2017 ab 15:30 Uhr

Der Erlös der Versteigerung geht zu 100% an save me Bonn zur Unterstützung des Mentoren-Programms für Flüchtlinge.

This is totally happening!

Communication about climate change should be inspiring

There is a vast, growing amount of experience and specialist knowledge, of reports and data on climate change. But many actions are not easily understandable and not as inspiring as they could be.

I would like to propose that we continuously monitor actions and progress in a standardised way to combat climate change. There are so many good ideas! But there is no single place where people could get an quick overview and positive inspiration.

Dealing with the climate change is a global movement with local actors.
Many different people are facing this challenge with the same goal in mind all over the world: organisations, governmental and nongovernmental actors, motivated and committed individuals – all in their own way.
Only the very idea of being part of this movement is exciting and extremely encouraging!
Ideas can inspire people and fill them with the urge to do something that can take us forward.

„This is totally happening!“ weiterlesen

Kap Finisterre, am Ende der Welt

Pilgern

Pilgern von Strand zu Strand – auf dem Küstenweg.

Von Bilbao bis Santiago de Compostela sind es 663 Kilometer. Bis ans Ende der Welt, bis zum „Kap Finisterra“, sind es noch einmal 90 km. Insgesamt also 750 Kilometer. Diesen Sommer habe ich mich zu Fuß auf den Jakobsweg gemacht. Im Schnitt läuft man als Pilger mit Gepäck 25 Kilometer am Tag. Nach 33 Etappen war ich angekommen.

Das Schönste ist morgens einfach loszulaufen

Die Wandertage auf dem Camino de Santiago‎ sind sehr erfüllt, und man nimmt von so einer Reise viele besondere Eindrücke mit nach Hause. Aber wie kann man das alles erzählen? Was bleibt, nachdem man so eine lange Pilgerreise unternommen hat? In anderen Reiseberichten finde ich vor allem die fremden Menschen interessant: Was sie erzählen, was sie machen, was sie sich wünschen… Auch kleine Anekdoten, Begegnungen mit Tieren und besondere Naturbeobachtungen sind spannend zu lesen.
Nicht so aufregend sind dagegen endlose Fotoreihen und langatmige persönliche Überlegungen. Beim Erzählen von einer Reise ist es gar nicht so verkehrt, sich selbst ein bisschen zurückzunehmen, um möglichst nah am Geschehen zu bleiben. So kann man die vielen Geschichten und Bilder besser vermitteln, die sich eingeprägt haben.

Sonnenuntergang am Meer bei La Isla

Von dieser Reise habe ich über 1000 Fotos mitgebracht: Wunderschöne Sonnenuntergänge am Meer, Steilküsten, verträumte Wege durch alte Wälder… Aber auch graue Straßen durch verregnete Industriegebiete, faulige Flüsse und verfallene Häuser. So viele Fotos sprengen jeden Rahmen, und irgendwie muss man doch filtern.
Besonders fand ich vor allem die vielen Tiere. Katzen, die einen argwöhnisch beäugen, Hunde, deren Revier man durchkreuzt, Vogelstimmen und sogar eine verwilderte Meerschweinchen-Kolonie. Jeden Tag gab es solche Begegnungen. Aber auch tote Tiere säumen den Weg: überfahrene Katzen, Igel, platte Ratten und unzählige zermatschte Schnecken.

Kreative Wegführung: Über 7 Kilometer kann man mit dieser Eisenbahnbrücke abkürzen.

Besonders ist aber auch, wie anders beim Wandern die Zeit vergeht. Die Tage kann man sich einteilen, wie man möchte. Manchmal läuft man 40 Kilometer, manchmal bleibt man an einem schönen Strand oder verbringt stundenlang in einer gemütlichen Bar, um sich aufzuwärmen.

Frühstück oder wunderbare kleine Stärkung bei Regen: Churros mit heisser Schokolade

Wie ich auch in meinem Blog-Beitrag über das „Unterwegssein“ schreibe, fand ich vieles auf dem Jakobsweg besonders poetisch: die Straßen, die gelben Pfeile, die kreative Wegführung über Eisenbahnbrücken, Baumstämme, durch Hinterhöfe, Kuhweiden, Klippen und Sandstrände – hinter jeder Kurve ergab sich ein neues Bild.

Meilensteine auf dem Jabobsweg – 0,00 km. Angekommen!

Meine Tagesetappen waren:

  1. 18. Juli⇨ Bilbao
  2. 19. Juli⇨ Castro Urdiales
  3. 20. Juli⇨ Liendo
  4. 21. Juli⇨ Noja
  5. 22. Juli⇨ Güemes
  6. 23. Juli⇨ Boo de Pielagos
  7. 24. Juli⇨ Santillana del Mar
  8. 25. Juli⇨ San Vicente de la Barquera
  9. 26. Juli⇨ Pendueles
  10. 27. Juli⇨ Villahormes
  11. 28. Juli⇨ La Isla
  12. 29. Juli⇨ Villaviciosa
  13. 30. Juli⇨ Gijon
  14. 31. Juli⇨ San Martín de Laspra
  15. 1. August⇨ El Pito
  16. 2. August⇨ Soto de Luiña
  17. 3. August⇨ Cadavedo
  18. 4. August⇨ Piñera
  19. 5. August⇨ Tapia de Casariego
  20. 6. August⇨ Gondan
  21. 7. August⇨ Mondoñedo
  22. 8. August⇨ Vilalba
  23. 9. August⇨ Baamonde
  24. 10. August⇨ Miraz
  25. 11. August⇨ Sobrado dos Monxes
  26. 12. August⇨ Arzua
  27. 13. August⇨ Arca-Pedrouzo
  28. 14. August⇨ Santiago
  29. 15. August⇨ In Santiago
  30. 16. August⇨ Piaxe (A Pena)
  31. 17. August⇨ Olveiroa
  32. 18. August⇨ Cee
  33. 19. August⇨ Fisterra

Unterkünfte auf dem Pilgerweg:

Information, Vertrauen und Angst

Dunkle Straße und grelle Lichter in einer Winternacht.

Vertrauen muss man lernen und genau wie man beim Sport ohne Training nicht sehr weit kommen wird, ist auch Vertrauen nicht möglich, ohne dass dahinter gute Erfahrungen und Erlebnisse stehen, die uns positiv geprägt haben.
Informieren ist eigentlich ein künstlerischer Prozess. Informieren kommt definitionsgemäß von In-Form-bringen, eine Gestalt geben, also von formen und bilden.
Hier möchte ich nun ein paar Überlegungen zu Informationen und Vertrauen anführen.
Wenn man reflektiert und sich klar macht, warum man etwas wichtig findet, warum man etwas glaubt und wieso man von etwas Bestimmtem überzeugt ist, kommt man schnell an die Grenzen seiner Vernunft. Schließlich kann jede Information auch falsch sein. Man kann theoretisch alles als Kontraindikation sehen und genau gegenteilig handeln oder ganz andere Ursachen suchen. Wahrheit und Lügen ist rational nicht einfach beizukommen.
Unser ästhetisches Gefühl hilft uns, einer Informationsquelle zu vertrauen. Wer oder was uns informieren darf, was uns also formen, prägen und in eine Gestalt bringen darf, wird letztendlich nach ähnlichen Gesichtspunkten entschieden, wie sie z.B. auch in der Kunst gelten. Der innere Maßstab ist immer der selbe. Zur Orientierung in der Informations- und Bilderflut, um all die Reize und Mitteilungen richtig zu filtern, muss etwas sehr persönliches in uns aktiv mithelfen: Verständnis, Einfühlungsvermögen und Vertrauen.

Liebesschlösser sichern die Liebe.

Angst ist das glatte Gegenteil von Vertrauen. Angst haben wir, weil wir etwas nicht verstehen, uns nicht einfühlen können und uns unsicher sind. Haben wir Angst vor etwas, richten wir unsere Aufmerksamkeit verstärkt darauf. Wir schauen genau hin, versuchen uns leise zu konzentrieren und wenn wir dann noch nicht weggerannt sind, wenn wir sehen und verstehen was es ist, können wir uns vielleicht wieder sicher fühlen. Angst und Sorgen sind etwas ganz Normales aber immer auch nur Temporäres. Meistens können wir sie durch eine Information schnell beschwichtigen, wir müssen nachschauen, überprüfen und uns dann wieder entspannen.

Was passiert mit der Liebe, wenn man alle Schlösser knackt?

Sind wir vernetzt, möchte uns jedes Medium seine Informationen anbieten. Zeitungen, Facebook, Nachrichtensendungen, Twitter, Blogs – alle wollen uns über wichtige Sachen in Kenntnis setzten. Wir werden über unseren Blutdruck ebenso belehrt wie über die Anzahl der Schritte, die Meinungen von Bekannten bei Facebook und was in der Welt sonst so die ganze Zeit passiert. All diese Informationen möchten für uns bedeutsam sein und stehen immer in einem Wettbewerb um unsere Aufmerksamkeit. Um in diesem Wettbewerb wahrgenommen zu werden, braucht die Information einen Anker, damit sie uns persönlich betrifft. Am besten funktioniert das mit einem Gefühl: Positiv oder negativ. Hauptsache für jede Meldung ist, der Informationswert weicht von „Normalnull“ ab und wird als wichtig wahrgenommen.
„Information, Vertrauen und Angst“ weiterlesen

Fotos vom Unterwegssein

Wenn wir reisen, haben wir eigentlich immer ein Ziel. Gerade bei Städtereisen sind dann auch die Fotos oft entsprechend ähnlich. Wie beim „taggen“ hängen wir unserem Leben durch Reisen, Selfies und Souvenirs bestimmte Attribute an: Big Ben, Eiffelturm, Karlsbrücke, Kolosseum… Das wir wirklich selber da waren, muss natürlich festgehalten werden!
Wir freuen uns, wenn das eigene Foto dem Vergleich mit berühmten Aufnahmen standhält, einen hohen Wiedererkennungswert hat und benutzen zusätzlich oft kleine Tricks, um der Wirklichkeit noch ein bisschen mehr auf die Sprünge zu helfen: Mit Filtern, Instagram, „Zauberstab-Werkzeug“ oder etwas professioneller mit Photoshop können wir die allgemeine Illusion der bekannten Orte aufrecht halten. Schließlich helfen wir durch das Teilen in sozialen Netzwerken, auf Foto-Seiten usw. beim weiteren Ausbau der Ikonographie dieser Städte, Plätze, Denkmäler, Brücken, Türme usw. mit.

Was das Reisen aber ebenso ausmacht, wahrscheinlich sogar einen noch viel stärkeren Einfluss auf unsere Stimmung und unseren persönlichen Eindruck nimmt, dass ist das dazwischen Unterwegs sein. Das Warten, Hoffen, die Langeweile, das Träumen und Aus-dem-Fenster-Schauen. Jede Reise ist davon mitgeprägt und jeder Reisende kennt diese Situationen – insofern sind, auch durch die hohe Anzahl der Reisen, die jeden Tag von Menschen gemacht werden, diese Zustände inzwischen sogar selber auch schon wieder ikonographisch geworden und sprechen auf ihre Art eine universale Sprache.

„You never know the last time you’ll see a place. Or a person.“

„Fill your life with adventures, not things. Have stories to tell not stuff to show.“

„Travel the world. Understand different cultures. Be inspired by beauty everywhere. Make friends all over. Be a citizen of the world.“ 

„Once you have tasted flight you will walk the earth with your eyes turned skywards, for there you have been and there you will long to return.“ (Leonardo Da Vinci)

„When you’re traveling, you are what you are, right there and then. People don’t have your past to hold against you. No yesterdays on the road.“ (William Least Heat-Moon)

„There’s something about arriving in new cities, wandering empty streets with no destination. I will never lose the love for the arriving, but I’m born to leave.“ (Charlotte Eriksson)

„Now more than ever do I realize that I will never be content with a sedentary life, that I will always be haunted by thoughts of a sun-drenched elsewhere.“ (Isabelle Eberhardt)

“He who has led you
so far will guide you
further.” (Rumi)

„There’s no keeping a roamer. You can tie them down, cage them up like a bird, and it will work for a while, but eventually they will break free. And then they’ll run until they die.“ 
(Wink Poppy Midnight by April Genevieve Tucholke)

„We listened to bluegrass in the desert. We drank gas station coffee and got teary-eyed at the end of each love song. The dusty drybrush on the flatland and the sunbaked blood of the mountains. We saw more shades of red in that southern Utah sunrise than colors we knew existed. I felt something different swimming through my body that day, and it felt like the closest thing I’ve known of adventure.“ (Schuyler Peck)

Fotos aus dem Flugzeugfenster, Hotelzimmer, Regen an der Scheibe beim Blick aus dem Zug… Jeder kennt diese Fotos. Sie lassen sich auch schön mit Hoffnung oder Sehnsucht ausdrückenden Gedanken ergänzen und werden dadurch zu einem Symbol für etwas in unserem Leben, dass sehr wichtig ist: Suchen, Freundschaft, Liebe, Aussicht auf Arbeit, ein „Dach über dem Kopf finden“ und ankommen. Beim Unterwegssein, zwischen den Orten, können wir den Mensch sehen, entdecken das Individuelle und wenn wir uns darauf einlassen, sogar manchmal ein bisschen Romantik.
Gerade die Leere, die Abwesenheit vom Glanz der Sehenswürdigkeiten und oft auch die „Langeweile“ dieser Bilder schafft einen Raum, in dem viel Persönliches, unsere Gedanken, Ideen und Wünsche greifbar werden können und man schließlich immer wieder auf sich selbst zurück kommt.

Seit ich meine erste eigene Kamera hatte, habe ich viele solche Fotos gemacht. Auch wenn eigentlich in den meisten Fällen nicht viel darauf zu sehen ist, sind sie für mich doch nicht nur ziemlich gute Erinnerungsstücke: Manche Fotos, von Bahnhöfen, Schildern usw. sind fast schon poetisch. Teilweise repräsentieren sie vielleicht außerdem ein gewisses „Nomadentum“, dass wohl jeder aus seinem Leben kennt: Ob beruflich, wegen Menschen die uns wichtig sind, aus Neugierde oder auf dem Weg in den Urlaub – jeder Mensch ist regelmäßig irgendwohin unterwegs.
Die Fotos vom Unterwegssein sehen alle ein bisschen gleich aus, aber die Gefühle, die wir dabei haben, sind sehr unterschiedlich. Vorfreude, Heimweh, Traurigkeit, Stolz, Fremdsein…

Hier kann man sich nun in vier Kategorien Fotos von mir anschauen, die im Lauf der Jahre entstanden sind.
Die Sammlung wächst kontinuierlich und wird immer wieder aktualisiert. Das Überfliegen der schier endlosen Fotoreihen scheint fast wie eine eigene Reise…
„Fotos vom Unterwegssein“ weiterlesen

Abstrakte Fotos und inspirierende Situationen

Die Welt ist voller abstrakter Formen, Muster, Figuren und Linien.

Wenn man aus dem fahrenden Zug heraus fotografiert, lange belichtet, wenn sich etwas im Wasser spiegelt oder ganz einfach wenn etwas aus seinem gewöhnlichen Zusammenhang heraus nicht sofort erkennbar wird, entstehen Fotos, die sich nicht gleich erschließen. Oberflächen, Reflexionen, Unschärfen…

Unterwegs finden sich eigentlich täglich solche Situationen. Zweige werfen ihre Schatten an eine Wand, die Sonne bricht durch kleine Ritzen oder das Wasser kräuselt sich besonders funkelnd. Auch aus der Nähe betrachtet, sieht einiges sehr sonderbar aus.

Über die Jahre habe ich eine ganze Menge solcher Dinge gesammelt und hier möchte ich jetzt eine kleine Auswahl mit meinen interessantesten abstrakten Fotos zeigen. Diese Bilder wollen nichts ablichten, sie zeigen aber auf ihre Art sehr unterschiedliche Qualitäten. Besonders die klaren Linien, herausstechende, leuchtende Farben, die geometrischen Strukturen, Muster und Kompositionen finde ich interessant. In den Unschärfen entstehen Flächen, Lichter zeichnen ihren Weg durchs Bild und neue, unerwartete Figuren werden sichtbar.

Ganz gewöhnliche Dinge oder alltägliche Gegenstände können spannend aussehen, weil man den Kontext nicht gleich erkennt. Durch den Zufall, aus etwas ungewöhnlichen Perspektiven oder aus dem Moment heraus entstehen dann Formen, Flächen, spannende Situationen und Bildkompositionen:


Die Natur hat wirklich unendliche Formen und entwickelt immer weiter neue, wunderschöne Muster und Figuren. Von weit oben staunt man ebenso wie ganz nah, im Makrobereich. 


Speziell Oberflächen sind eine weite Spielwiese. Man kann sich über Sand im Wind genauso wundern wie über tanzende Herbstblätter, zugefrorene Seen, Frühlingswiesen, zerdrückte Erdkrümel oder kalten Kaffee:


Licht, Schatten, Spiegelungen und Reflexionen zeichnen oft komplexe, feine Silhouetten auf Hauswände, Zimmerdecken, Waldseen oder Pfützen:


Schließlich gibt es die technischen, experimentellen Abstraktionen der Kamera: Lange Belichtungen, Bewegungen oder Unschärfe abstrahieren eine eigentlich sonst ganz konkrete Situation bis zur völligen Unkenntlichkeit.

Ich experimentiere gerne aus fahrenden Zügen oder indem ich meine Kamera drehe und extra verwackele. Ganz nah fokussierte Fensterscheiben zeigen bunte Lichter im Hintergrund nur noch als riesige Farbflecken.
Das schöne an die­ser­art Fotos sind vor allem die besonders klaren Linien und leuchtenden Farbflächen. Die Bilder sind meistens sehr geometrisch, haben eine ganz präzise Farbigkeit und eine sehr schlichte Komposition:

Solche Fotos finde ich besonders, weil sie oft unerwartet anders werden. Durch die Abstraktion und das Experiment kann man sich auch gut die eigenen ästhetischen Kriterien bewußt machen – warum gefällt mir das eine, warum das andere vielleicht nicht so sehr? Oft ergeben sich auch gute Vorlagen für eine weitere Verarbeitung – als Zeichnung oder mit Farbe.

Lichter, Situationen und Bewegungen können durch das fotografische Experiment zu einem sehr guten Ausgangspunkt für neue Bilder werden und bekommen Raum ihre eigene Poesie zu entfalten. Ganz nebenbei schult man schließlich auch den eigenen Blick und öffnet sich dadurch immer mehr für inspirierende Momente und neue, spannende Zusammenhänge.