Fotos und Text. Milano

In diesem Beitrag möchte ich Fotos aus Mailand zeigen. Es sind analoge Fotos, die ich mit meiner alten Lieblingskamera, der Zorki 4K gemacht habe. Aber zusätzlich soll auch ein Text entstehen. Weil eigentlich gibt es viel zu erzählen. Warum ich die Fotos gemacht habe, wieso ich genau sie aus den vielen hundert Fotos ausgewählt habe und weshalb sie mir etwas bedeuten – das alles kann interessant sein. 

Nun ist das Problem jedoch, dass ich angefangen habe, mit einer KI zu arbeiten. Ich habe einen langen Prompt für Chat GPT geschrieben und daraus sind Texte entstanden, die man typischerweise nehmen könnte, wenn man Fotos präsentiert. Nach all diesen Worten fällt es mir jetzt schwer, so zu tun, als wäre nichts gewesen. Ich möchte gerne, dass mein Text interessant wird und spannend zu lesen ist. Und vielleicht hat die KI ja recht. Schon der vorgeschlagene Titel „Mailand durch die Linse der Zeit“ ist ja mal gar nicht so schlecht. Da ich nun diese fantastischen technischen Möglichkeiten habe, wäre ich nicht dumm, sie nicht zu nutzen?

Zum Start kommen hier meine Gedanken: Ich möchte meine neuesten Fotos aus Mailand präsentieren. Viele Fotos zeigen Menschen, einige jedoch auch Mailand als wirtschaftliches Zentrum Italiens mit Hochhäusern, moderner Architektur und einer sehr guten Infrastruktur. Mir ist es wichtig zu zeigen, wie sich Mailand vom Rest Italiens unterscheidet. Ich habe bereits viele Fotos aus Italien auf meiner Webseite, darunter romantische schöne Städte wie Venedig oder aufregende und lebendige Städte wie Palermo. Mailand ist jedoch anders. Es ist eine moderne europäische Großstadt und eine Wirtschaftsmetropole. Deshalb fand ich vor allem die Menschen interessant: Wie sie abends an den Navigli-Kanälen flanieren, wie sie in der schönen alten Straßenbahn ein Buch lesen oder wie sie elegant gekleidet auf dem Dach des Mailänder Doms so adrett und perfekt gestylt aussehen, dass sie einem Modekatalog entsprungen scheinen. Ich finde auch die Parallelwelten einer so großen Stadt spannend: Z.B. die Lieferboten mit ihren durch etliche Zusatz-Akkus aufgepimpten E-Bikes, wenn sie an der Porta Ticinese auf Bestellungen warten. Digitale Ritter einer neuen Welt…

Menschen in Milano

Beim Teilen von Fotos geht es nicht nur um die Bilder selbst. Das Teilen ist mehr als nur Kommunikation, es ist ebenso ein sozialer Akt und eine Art, sich seiner selbst zu vergewissern. Unser Selbst konstituiert sich auch durch die Art und Weise, wie wir uns mitteilen.

Je nachdem, welche Worte ich finde und wie ich es schaffe, von meinen Erlebnissen und Gedanken zu berichten, baue ich um mich herum mit der Zeit eine eigene, einzigartige Welt. Wenn der Beitrag dann fertiggeschrieben und veröffentlicht ist, wird er zu einem Teil meines Lebens und Erinnerns. Schreiben ist eine Gelegenheit, das Erlebte zu reflektieren und abzuschließen. Speziell das Schreiben im Internet ist vor allem eine Form der Selbstkommunikation, da ich die meisten Besucher meiner Webseite ja gar nicht kenne.

Wie in jeder Kunstform braucht der Mensch auch beim Schreiben ein feines Taktgefühl. Während des Schreibens fühlt man sich fast begleitet von einem kleinen Team unsichtbarer, imaginärer Leser. Man ist beim Schreiben nicht wirklich allein. Worte und Aussagen werden abgewogen, aneinander angepasst und strukturiert, so dass sie letztendlich den richtigen Ton treffen und einen inneren Klang erzeugen, der idealerweise zu den Bildern passt und den Beitrag interessant und gut lesbar macht.

Obwohl ich ein großer Fan schöner Worte und blumiger Ausschmückungen bin, gibt es dabei eine unsichtbare Grenze. Es kann passieren, dass Sprache zu viel wird. Wie Glitzer oder Zuckerstreusel. Dann kippt sie plötzlich um. Manche Sätze der KI klingen für mich einfach nur noch kitschig und die inneren Bilder, die sprachlichen Evokationen wirken falsch. Es ist eine unfreiwillige Ironie. Ich weiß, dass eine künstliche Intelligenz keine Gefühle und auch keine eigenen Erfahrungen hat. Und mit diesem Wissen fühlt es sich dann nicht nur falsch, sondern auch lächerlich an, wenn sie mit großem Getöse über meine grandiosen Erlebnisse in Milano berichtet.
Die folgenden Texte von Chat GPT sind fett, meine Texte normal.

Pulsierende Metropole

1. Mailands Puls und Rhythmus
Mailand. Ein Pulsieren zwischen Geschichte und Moderne. Wo Kirchensteine und Hochhausglas sich in einer harmonischen Symphonie vereinen. Hier an den Navigli-Kanälen, wo Schritte fast musikalisch widerhallen, begegnen sich Vergangenheit und Zukunft. Es sind diese Momente, wenn der Abendhimmel die Wasser spiegelt und flanierende Seelen die Zeit vergessen. Mailand, so anders und doch so vertraut. Eine Stadt der Kontraste, wo Tradition und Fortschritt sich nicht nur begegnen, sondern tanzen. Hier ist Italien nicht nur Historie, sondern auch Gegenwart und Zukunft. Hier schlägt das Herz Europas, kraftvoll und beständig, in einem Rhythmus, der Alt und Neu miteinander verwebt.

Es ist richtig: Mailand hat den Dom, das sind fantastische alte Kirchensteine. Es gibt berühmte Musiker und Musikerinnen, Plattenläden, die Scala und Straßenmusik. Aber nur, wenn ich es selber sehen und hören kann, habe ich auch das Recht, in diesem Ton davon zu berichten. Es ist sinnlos, vom Tanz der Tradition mit dem Fortschritt zu schreiben, wenn man gar nicht tanzen kann und auch nicht fähig ist nachzuerleben, warum ein Mensch eventuell Lust haben könnte zu tanzen. 

2. Die Zeitlosigkeit der analogen Fotografie
In der Stille eines analogen Klicks, zwischen dem Surren der alten Straßenbahnen und dem Flüstern der Navigli-Kanäle, fängt die Zorki 4K Momente ein, die flüchtiger sind als ein Atemzug. Die analoge Fotografie, in ihrer reinen, unverfälschten Form, ist wie ein stiller Beobachter der Zeit. Jedes Bild, eingefangen auf Film, ist ein Zeugnis der Vergänglichkeit, ein Echo der Ewigkeit. Es ist nicht nur das, was man sieht, sondern das, was man fühlt. Die Emulsion des Films, durch Licht durchflutet, schafft eine Atmosphäre, in der jedes Bild atmen kann. Es ist chemische Magie, alchemistische Verwandlung.

Das finde ich jetzt schon schön … Wobei „Ewigkeit“ ist doch ein starkes Wort. Für mich sind die analogen Fotos wirklich manchmal wie ein Wunder. Über eine Schnittstelle habe ich die KI gebeten, sich für diesen Abschnitt an meinem Beitrag über poetische Fotos aus Berlin zu orientieren. So sind es auch tatsächlich meine eigenen Gedanken, die sich hier in leicht veränderter Form wiederfinden. Aber ist es nicht auch ein bisschen wie alter Kaffee, wenn ich das Gleiche immer wieder und wieder wiederhole? Eigentlich schreibe ich doch gerne und habe viele Ideen. Auch wenn es also schöne Überlegungen und Bilder sind – hier finde ich es in diesem Sinne ein bisschen unfair den Leserinnen und Lesern gegenüber, wenn ich nicht zugleich etwas Neues liefere. Neue Fotos sind ja auch Ansporn für frische Gedanken. Ansonsten lesen sie doch besser direkt den Beitrag über poetische Fotos in Berlin. 

3. Menschen und Momente
In alten Straßenbahnen schlagen Seiten um. Bücher als Fenster zu anderen Welten, inmitten einer Stadt, die selbst schon eine ganze Welt ist. Blicke nach oben. Auf dem Dach des Mailänder Doms, wo Menschen beinahe engelsgleich posieren. Ihre Eleganz so unberührt, als wären sie Skizzen aus Träumen. Doch im Erdgeschoss pulsiert das Hier und Jetzt. Die digitalen Ritter, Boten des 21. Jahrhunderts, rasen mit ihren aufgeladenen Streitrössern durch Straßen und Gassen. Wartend. Bereit. Im ständigen Dialog zwischen Mensch und Technologie.

Sich immer weiter verschachtelnde und überschneidende Welten – ein toller Gedanke! Genau so erlebe ich große Städte manchmal, wenn man sich all die Menschen vorstellt, und jeder Mensch ist allein wie ein eigenes Universum. Dann steht man an einer Ecke und hört Satzfetzen, Sirenen, Klingeln, Verkehrslärm … Es gibt viele parallele Welten in einer Stadt. Die digitalen Ritter, Boten des 21. Jahrhunderts, sind meine Kreation: Ich habe sie im Prompt vorgegeben. Schön, dass sie hier ihren Platz gefunden haben. Der Platz um die Porta Ticinese erinnert uns in der Familie übrigens immer an den Washington Square Park in New York, so haben wir ihn umbenannt. Die Mailänder Liefer-Jungs mit ihren kleinen, dicken E-Bikes lungern oft am „Washington Square Park“ aka Porta Ticinese herum.

4. Reflexion und Erinnerung
Die Zeit, immer fließend, immer verändernd, hinterlässt ihre Spuren in jeder Ecke dieser Stadt. Und während die Welt sich weiterdreht, hält die analoge Fotografie diese Momente fest, unverändert, unverfälscht. Es ist eine Erinnerung daran, dass, während alles sich verändert, einige Dinge zeitlos bleiben. In jedem Klick, in jedem Auslösen, fängt die Zorki 4K mehr ein als nur Licht und Schatten. Sie fängt die Zeit ein. Die Sekunde, in der der Abendhimmel das Wasser der Navigli-Kanäle küsst. Den Augenblick, wenn eine Seite in der Straßenbahn umblättert und für einen Moment die ganze Welt innezuhalten scheint.

Überall und an jeder Ecke dieser Welt fließt die Zeit und hinterlässt Spuren. Wahrscheinlich sind die Worte Zeit und Spuren statistisch sehr häufig verbunden. Aber was ist das Besondere an den Spuren der Zeit in Mailand? Wodurch unterscheiden sie sich von denen aus Berlin? Leider gehen die Bilder der künstlichen Intelligenz nicht sehr in die Tiefe. Auf meinen Fotos aus Mailand wird man wenig Altes finden können. Aber natürlich gibt es das auch. In Italien lebt man so selbstverständlich mit der Vergangenheit wie mit alten Freunden und Verwandten. Sie sind überall und allgegenwärtig. 

Places & Traces

Die Welt ist wirklich voller Wunder und es ist ein Glück, wenn man sich daran erfreuen darf. Aber ich möchte nicht so gerne vorgeschrieben bekommen, was ich empfinden soll. Ich finde es kitschig zu schreiben, dass der Abendhimmel das Wasser der Navigli küsst. Weil dann muss ich an den Abendhimmel in Venedig denken. Und wie schön der Abendhimmel dort die sanften Wellen der Lagune küsst. Oder einen Sonnenuntergang am Meer. Und sorry, aber dass Himmel, Licht und Wasser aufs Wunderbarste verschmelzen, das ist keine Eigenart allein von Mailand. Ich finde es unecht, zu behaupten, dass die Welt innehält, wenn eine junge Frau in der Straßenbahn ihr Buch umblättert. Das hat auch nichts mit Poesie zu tun. Das Umblättern eines Buches kann ein schönes Bild sein, allegorisch, eine Metapher … Aber es ist nicht die Chronik der Menschheit, sondern höchstwahrscheinlich einfach ein spannender Krimi.
Fazit: Wenn man Texte zu Bildern durch eine KI generieren lässt, passt es nur selten gut zusammen. Die sprachlichen Evokationen bilden eine Dissonanz zu den visuellen Eindrücken.

Neue Welt. City Life

Zum Schluss will ich auf den Anfang verweisen. Mailand ist anders als der Rest von Italien. Es ist vor allem eine moderne europäische Millionenstadt und eine Wirtschaftsmetropole. Die Stadt ist reich und groß. Herrlich ist eine Fahrt mit der Straßenbahn durchs Zentrum. Die neue U-Bahn fährt sogar vollautomatisch, ohne Fahrer. Alles ist modern und manche Stadtviertel wirken wie eine Vision. Im CityLife Shopping District bei den Tre Torri oder im Stadtteil Porta Nuova mit dem Bosco Verticale bewegt man sich fast schon ungläubig mitten durch die Träume tollkühner Architekten. Aber es ist eben doch vor allem eine Stadt mit vielen Einzelschicksalen. Viele Wege führen hier zusammen und aus jeder Perspektive gibt es etwas Neues zu entdecken und erleben. Wenn man sich das klarmacht, passt das Wort pulsierend tatsächlich sehr gut.

Der Versuch, mithilfe von Chat GPT Texte zu den Fotos aus Mailand zu finden, ist einerseits gescheitert, andererseits haben mich die dabei entstandenen Blüten letztendlich mit zu diesem Beitrag geführt. Die Arbeit mithilfe von KI ist inzwischen fast schon selbstverständlich geworden. Aber wenn ich von meinen Erlebnissen berichte und meine Bilder teile, habe ich auch eine besondere Verantwortung. Die Fotos sind ja nicht nur meine Bilder, sondern auch Momente aus meinem Leben. Wenn ich diese Momente abgebe und durch eine Maschine beschreiben lasse, ist das letztendlich auch ein Verlust der persönlichen Bindung zu diesen Momenten. Eine unbewußte geistige Entfremdung. Ich verpasse die Gelegenheit, mich mit meinen Erlebnissen zu identifizieren und die gesammelten Fotos zu einem sprachlichen Klang zu transformieren. Die Erlebnisse und alle geschaffenen Bilder verlieren dadurch an Kraft.

Meine Fotos mit dieser Gegenüberstellung von eigenen Gedanken und künstlich generiertem Text sollen zeigen, dass es trotz allem um die Menschen geht. Sie sind der Maßstab. An ihnen misst sich, ob eine Sprache angemessen ist. Und jede Beschreibung, jede Empfindung verliert ihren Wert und bleibt platte Plattitüde, wenn sie nicht einer wirklichen menschlichen Regung entspringt und irgendwie von einer lebendigen Seele gespiegelt wird.