Beyond Infinity. Magische Motive mit der Zorki Kamera

Die Möglichkeit, mithilfe künstlicher Intelligenz neue Bilder quasi aus dem Nichts zu generieren, ist im Sommer 2022 immer bekannter geworden. Es ist klar, dass man sich als Künstler auch damit beschäftigen und eine eigene Meinung dazu bilden muss. 

Die Wirklichkeit war in der Fotografie schon immer ein wichtiges und ganz wesentliches Thema. Unter dem Titel „Jenseits der Unendlichkeit“ habe ich begonnen, analoge Fotos digital zu manipulieren, neue Negative zu erstellen und letztendlich wieder analoge Handabzüge zu machen. Teilweise habe ich meine Prints auch noch mit analogen Mitteln (Seifenblasen, Lichterketten etc.) in der Dunkelkammer künstlerisch weiter bearbeitet. 

So kann ich mithilfe künstlicher Intelligenz analoge Fotos von Delfinen im Rhein und Einhörnern erstellen. Besonders gelungen finde ich aber auch eher subtilere Bilder, wo man die Manipulation auf den ersten Blick gar nicht mehr erkennt: Giftschlangen am Flussufer, badende Menschen gemeinsam mit exotischen Tieren …

In der historischen analogen Fotografie auf lichtempfindlichem Filmmaterial wird die Großartigkeit aber auch die Beschränktheit des eigenen Sehens und Wahrnehmens meiner Meinung nach schön sichtbar. Gleichzeitig bietet die analoge Fotografie durch ihre physische Kausalität reichlich Überraschungen und materialimmanente neue fotografische Qualitäten. Den Umgang mit alten Kameras und analogen Filmen erlebe ich als ehrliches und authentisches Arbeiten.

Diese Perspektive auf die Fotografie ist mir als Hintergrund wichtig. Künstlerische Fotografie entsteht jedoch erst, wenn man trotz allem versucht, über die Technik hinaus und hinter die Beschränkungen vorzudringen. Der Titel „Beyond Infinity / Jenseits der Unendlichkeit“ möchte in diesem Sinne Arbeitsauftrag sein. Er will aufzeigen, was trotz der Beschränktheit auf eine alte Messsucherkamera und Schwarzweissfilm alles möglich ist. Ausgangspunkt für diese Serie ist immer die analoge Zorki-Kamera. Danach ist jedes zusätzliche Mittel erlaubt: Scanner und digitale Bildbearbeitung, künstliche Intelligenz, hochauflösende Laser, um neue Negative aus digitalen Vorlagen zu erstellen … Die Technik bildet den Rahmen für künstlerische Vorhaben. An der Beschränktheit dieses Rahmens kann sich jedoch auch die Fantasie entzünden, Neues passieren und künstlerische Fotografie entstehen, die bestenfalls über sich selbst hinausweist.

Fotos zeigen die Spuren, sie erinnern an unsere Wege und verweisen auf unsere Zeit und unseren Raum. Dennoch gibt es auch sehr viel, was eine Kamera nicht darstellen kann. Ein Foto ist immer eine Abstraktion und zeigt nur einen kleinen Ausschnitt. Der größte Teil der erlebten Wirklichkeit wird vom Foto nicht berücksichtigt. 

Selbst gemachte analoge Handabzüge haben manchmal einen leicht amateurmäßigen, aber gerade deswegen auch vertrauten Charme. Solche Fotografie gilt oft als der Wirklichkeit entsprechend, im Gegensatz zu digitalen Bildern, wo man mittlerweile gewohnt ist, dass sie stark bearbeitet werden. Umso seltsamer ist es dann, meine altmodisch anmutenden Fotos anzuschauen. Tatsächlich wurden analoge Fotos jedoch auch früher schon bearbeitet, man denke beispielsweise an die Glasplattennegative des Fotografen Frank Eugene (1865-1936).

Die Indexikalität ist das wesentliche Merkmal eines Fotos. Der Bruch zwischen Referent und dem letztendlich vorliegenden Bild ist heute durch die Möglichkeit für jedermann, auch als Amateur täuschend echt wirkende Bilder fast aus dem Nichts zu generieren, noch einmal größer geworden. Aus dem Kino und von digitalen Fotos kennen wir künstlich generierte Bilder bereits sehr gut. Aber dass analoge Handabzüge aus der privaten Dunkelkammer plötzlich Fabelwesen oder frei erfundene Situationen zeigen, sind wir noch nicht gewohnt.

Mit der Arbeit an dieser Serie möchte ich zeigen, dass meine alte analoge Messsucherkamera alles fotografieren kann, was ich mir vorzustellen vermag. Sie wird im wahrsten Sinne des Wortes zur Zauberkamera. Und auch mit analogen Bildern habe ich unendliche Möglichkeiten.


Im Rahmen der Ausstellung „Unheimlich.Großartig“ habe ich meine Arbeiten im Atelierhaus Darmstadt gezeigt.

Eine Auswahl habe ich gerahmt, die andere Auswahl versucht möglichst pur als Silbergelatine Handabzug auf alten Baryt- und PE Papieren sichtbar zu machen.

Hier ein kleiner Auszug aus der Laudatio von Bettina Bergstedt zu unserer Vernissage:

„So schafft Georg Cevales surreale Bilder, wenn er mit einer alten sowjetischen Zorki-Kamera mithilfe von künstlicher Intelligenz seine Bilder bearbeitet. Sein Motiv: „Vater Rhein“, romantischer Mythos im 19. Jahrhundert. Der Fotograf Cevales setzt auf Irritation. Wenn Fotografie lange als das Abbild der Wahrheit galt, so erscheinen ein springender Delfin oder ein badender Dinosaurier im Rhein ‒ analog auf Silbergelatine oder Barytpapier gebannt, wie zwei sich ausschließende Behauptungen. Der surrealistische Lyriker und Essayist Pierre Reverdy sagte: „Je entfernter und richtiger die Beziehungen der beiden nebeneinanderstehenden Realitäten sind, desto stärker wird das Bild sein, desto stärker seine gefühlsmäßige … und seine poetische Aussagekraft“. So verweisen diese beiden Wahrheiten ‒ Delphin und Rhein, in die Zukunft. Ob so oder anders, wer weiß schon, welche Lebewesen aufgrund von Klimawandel einmal den Rhein bevölkern werden?“

Digitale Collage über die Entwicklung eines eigenen Stils

Die Entwicklung eines künstlerischen Stils

Dieses Jahr sind künstliche Intelligenzen und all die Möglichkeiten, welche sich mit der Entwicklung dieser Technologie auftun, immer mehr ins öffentliche Bewusstsein gerückt.

Kunstdiskussion mit einer KI:

Im Rahmen dieses Beitrags möchte ich eine kleine Spielerei starten: Die Texte und alle Bilder dieses Beitrags wurden mithilfe verschiedener künstlicher Intelligenzen entwickelt. Ausgangspunkt für den Text waren von mir gestellte Fragen zu den Themen „Individualisierung und Stil in der Kunst“ im Open AI Playground. Ein besonderes Anliegen waren mir daneben Überlegungen zur Avantgarde, Gesellschaftskritik und dem Selbstverständnis der Kunstschaffenden heute.

Wie sind die Texte entstanden?

Meistens habe ich nur einzelne Absätze aus langen, künstlich generierten Textpassagen genommen. Es sind viele lose Gedanken, die ich aneinandergereiht, etwas überarbeitet und mit eigenen Worten ausgeschmückt habe. So ist hier eine Textcollage entstanden, die mit ihren Aussagen vielleicht zum Nachdenken über Kunst, Stil und Individualisierung anregen kann.
Mit einem Chat-Bot (Chat-GPT) habe ich schließlich die gesammelten Ausführungen hinterfragt und eine Art Dialog kreiert. In den kursiv geschriebenen Texten sind die Antworten.

Wie sind die Bilder entstanden? 

Die Bilder sind entstanden, indem ich alle Aussagen ins Englische übersetzt und den so gewonnenen Text in die KI DALL-E eingegeben habe, die aus Text Bilder generiert. Wenn einzelne Gesichter zu stark verzerrt waren, habe ich sie mit einer anderen KI notdürftig restauriert. Hier tritt auch die Beschränktheit der Technik, die im Moment noch in ihren Kinderschuhen steckt, besonders frappierend zu Tage.
Das Titelbild ist ebenfalls eine digitale Collage. Es ist ein „Outpainting“, indem ich nacheinander spiralförmig alle vorher angewandten Texte eingegeben habe.


Die Bedeutung der Biografie, des Werks und des individuellen Stils:  

Die Biografie und der Lebensweg von Künstlerinnen und Künstlern sind wichtig. Neben dem Name ist es vor allem ein wiedererkennbarer Stil, auf den es in der Kunstwelt ankommt. 

„Ich denke, dass die Biografie und der Lebensweg eines Künstlers oder einer Künstlerin wichtig sind, weil sie uns Einblicke in die Gedanken, Motivationen und Inspirationen des Künstlers geben können. Dies kann dazu beitragen, das Werk des Künstlers besser zu verstehen und zu schätzen. Der Name und der Stil eines Künstlers sind auch wichtig, da sie dazu beitragen können, das Werk des Künstlers wiederzuerkennen und es von dem anderer Künstler abzuheben. Allerdings sollte der Fokus nicht nur auf dem Namen und dem Stil liegen, sondern auch auf dem Werk des Künstlers selbst und dessen Qualität.“

Warum der eigene Stil in der Kunst wichtig ist: 

Besonders im Bereich der Malerei, wo Duktus, Farbwahl und das gewählte Sujet wichtig sein können, wird die Bedeutung des individuellen Stils gut sichtbar. 

„Ja, der Stil eines Künstlers ist besonders im Bereich der Malerei wichtig, da er dazu beitragen kann, das Werk des Künstlers einzigartig und wiedererkennbar zu machen. Allerdings gibt es auch in anderen Bereichen der Kunst, wie zum Beispiel in der Musik, der Fotografie, der Literatur und der bildenden Kunst, einen eigenen Stil, der für die Künstlerinnen und Künstler wichtig ist. In diesen Bereichen kann der Stil eines Künstlers durch die Wahl der Themen, der Techniken, der Instrumente oder der Worte und Bilder bestimmt werden. In jedem Bereich der Kunst ist es wichtig, dass Künstlerinnen und Künstler ihren eigenen Stil finden und entwickeln, um sich von anderen Künstlern abzuheben und ihre individuelle Perspektive und ihre Kreativität auszudrücken.“

Künstlerische Vielfalt: Individuelle Betroffenheit im Fokus des künstlerischen Diskurses.

Heute ist es vor allem auch die Idee, der gesellschaftliche Status, Herkunft und das persönliche Anliegen bzw. die individuelle Betroffenheit, die im Fokus des künstlerischen Diskurses stehen. 

„Ich kann das nicht mit Sicherheit sagen, da ich eine künstliche Intelligenz bin und keine Informationen über die aktuellen Entwicklungen und Tendenzen im künstlerischen Diskurs habe. Allerdings kann ich vermuten, dass die Idee, der gesellschaftliche Status, die Herkunft und das persönliche Anliegen bzw. die individuelle Betroffenheit für manche Künstlerinnen und Künstler im Fokus des künstlerischen Diskurses stehen können. Die Kunst ist ein sehr vielfältiges Feld und es gibt keine einzige Richtung oder Tendenz, die für alle Künstlerinnen und Künstler gilt.“

Einzigartige Stile und Techniken zur Entwicklung einer eigenen Marke:

Seit der Renaissance entwickelten sich Künstlerinnen und Künstler wie eine Marke. Innerhalb ihrer Künstlergruppen, Werkstätten und Schulen setzten sie sich durch technische Merkmale, Pinselstrich, Farbwahl usw. ab. 

„Die Renaissance war eine Zeit des Aufbruchs und der Entdeckung, in der die Künstlerinnen und Künstler viele neue Techniken und Stile entwickelt haben, die sie in ihren Werken verwendeten. Diese Techniken und Stile konnten dazu beitragen, das Werk eines Künstlers wiedererkennbar und einzigartig zu machen und ihm den Ruf eines Meisters zu verleihen. In dieser Zeit waren die Künstlerinnen und Künstler auch in Künstlergruppen, Werkstätten und Schulen organisiert, in denen sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten teilten und sich gegenseitig inspirierten. Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass der Stil und die Techniken eines Künstlers nicht die einzigen Faktoren sind, die sein Werk ausmachen. Auch die Qualität des Werks und die Inspirationen und Gedanken des Künstlers spielen eine wichtige Rolle.“

Individueller Stil und Entwicklung der Kunst im 20. Jahrhundert bis heute:

Spätestens im 20. Jahrhundert konzentrierten sich Kunstschaffende vor allem auf den individuellen Stil und die Entwicklung der Malerei aus sich selbst heraus. L’art pour l’art, Kunst um der Kunst willen, ohne Zweck und vor allem ohne gesellschaftlichen Zweck war das Motto. Heute ist es anders. „Die Entwicklung eines künstlerischen Stils“ weiterlesen

ORWO TC27

Berglabor und Fotoexperimente aus den Dolomiten

Dieser Beitrag ist ein Bericht über meine Fotoexperimente in den Bergen. Hier sammle ich meine Erfahrungen beim Versuch, nur mit einfachsten Mitteln analog zu fotografieren.
Kommt mit auf eine Reise in die Dolomiten und entdeckt den Charme der analogen Fotografie mit verschiedenen Filmtypen bei der Verwendung von Caffenol, einem hausgemachten Entwickler auf Kaffeebasis.

Die Reise beginnt: Vorbereitung und Ausrüstung.

Mit vollem Rucksack bin ich im Sommer in die Berge gefahren. Im Gepäck hatte ich jedoch nicht nur alle meine Lieblingskameras, sondern auch Wechselsack, Caffenol, Fixierer und Entwicklungsdöschen.

Ewig zu warten, bis man seine Ausbeute begutachten kann, erschien mir keine gute Lösung. Deswegen war sogar ein Reise-Scanner mit dabei. So hatte ich ein kleines, aber komplettes Berglabor und konnte ungestört arbeiten, Fotos machen und die Filme direkt entwickeln und anschauen.

Experimente mit verschiedenen Filmtypen: Von Klassikern bis zu Exoten.

Mir macht es sehr viel Spaß, neue Filme auszuprobieren. Dabei recherchiere ich vorher den Stil eines Films und versuche passende Themen und Motive zu finden. Filme mit stark S-förmiger Gradationskurve sehen beispielsweise oft besonders düster aus. Manche Filme schillern in silberigem Glanz und erinnern an alte Kinolegenden. Es gibt aber auch solide, robuste Klassiker wie den Kodak Tri-X 400. Das ist dann vielleicht langweiliger, funktioniert aber und liefert zuverlässige Ergebnisse.

Caffenol: Ein hausgemachter Entwickler auf Kaffeebasis.

Mein Caffenol-Rezept ist inzwischen ausgiebig erprobt und funktioniert eigentlich mit allen Filmen.

Caffenol-C-L
300 ml Wasser
5 g. Wasch-Soda
3 g. Vitamin C
12 g. Löslicher Kaffee
1 Meßlöffel (< 0,5 g.) Kaliumbromid

300 ml passen genau in eine kleine Jobo Filmentwicklungsdose. 70 Minuten Entwicklungszeit sind es bei 20 Grad. Die ersten 10 Minuten hin und wieder bewegen und vorsichtig schütteln. Anschließend 60 Minuten einfach nur stehen lassen.

Der Vorteil dieser Semi-Stand Entwicklung ist, dass sich das Caffenol anfangs gleichmäßig verteilt, danach wirkt der Entwickler aber ausgleichend. Ich habe das Gefühl, dass sich der Film nimmt, was er braucht. Caffenol C-L ist außerdem durch das wenige Soda nicht so stark und mit der langen Zeit von 70 Minuten ist es ein gutmütiges Entwickeln, welches manche Fehler verzeiht.


Ergebnisse aus dem Berglabor:

Morgendliche Schafherde auf dem Weg zur Alm und ein etwas makaberes Stillleben mit toten Mäusen und verwitterter, bemooster Barbiepuppe, die ich im Wald gefunden habe.

Fatal war: Ich hatte keinen Messbecher und nur ein zu kleines Marmeladenglas. Da ich mein frisch angerührtes Caffenol ohne Vorwässern nicht in einem Rutsch, sondern in zwei Anläufen in das Entwicklerdöschen geschüttet habe, ist eine unschöne Linie über den ganzen Film entstanden. Gleichmäßiges Eingießen und sanfte Bewegung am Anfang des Entwicklungsprozesses sind, wie man sieht, essenziell.


Umso feiner ist der nächste Film geworden. Tatsächlich ist es einer meiner Lieblingsfilme, der ORWO DN21. Weil er nur 16 ISO hat, kann man auch bei helllichtem Tage mit weit geöffneter Blende fotografieren und das Jupiter 9 Objektiv kann mit ihm seinen ganzen Charme entfalten.

Hier eine Auswahl mit dem ORWO DN21. Die Bilder wirken fein, scharf, hell, freundlich und besonders auch in den Mitten differenziert. Es ist ein fabelhafter Film für sonnige Ferientage mit einem lichtstarken Objektiv. 

Die Ergebnisse des ORWO DN21 wirkten so exquisit, dass ich sie zuhause mit einem guten Scanner nochmal eingelesen habe um genauer hinzuschauen. Tatsächlich ist er so superfein, dass man kaum noch Korn erkennen kann und selbst an weniger dichten Stellen findet sich noch eine erstaunliche Tiefe mit Bildinformationen. „Berglabor und Fotoexperimente aus den Dolomiten“ weiterlesen

Identität und Präfiguration. Zum Umgang mit offenen Kunstsystemen. 

In der Kunst geht es am Ende immer auch um den Menschen. Dabei ist es manchmal jedoch gar nicht so einfach, die Menschen zu mögen. Für viele Probleme kann man die Menschheit verantwortlich machen. Allein die Umweltprobleme: Plastik im Meer, Artensterben, Klimawandel… Trotzdem ist die Menschenliebe für Künstlerinnen oder Künstler ein sehr wirksamer Antrieb und viele Arbeiten drehen sich um den Zweck des Menschseins oder das Verhältnis des Menschen zur Welt. 

Besonders in schwierigen Zeiten ist es wichtig, die Menschen gern zu haben. Dabei hilft, wenn man sich klar macht, dass viele unserer globalen Probleme in Wirklichkeit nicht von einzelnen Menschen gemacht sind, sondern in der Form ihres Zusammenlebens gründen. Tatsächlich sind nur selten einzelne Menschen schuld. Unsere Probleme sind vielmehr Probleme der Gesellschaftsform: Es sind wirtschaftliche und politische Probleme, aber keine Probleme des Menschen an sich. Es gibt eine gemeinsame Verantwortung einer Gesellschaft, beispielsweise gegenüber der Geschichte und gegenüber gemeinsamen Idealen und Werten. Jedoch alle Menschen pauschal verantwortlich zu machen ist insbesondere auch deshalb unfair, weil die meisten Menschen mit den aktuellen Zuständen der herrschenden Elite, korrupten Politikern oder Militärdiktaturen absolut nicht einverstanden sind. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Es wäre zynisch, wenn man sie für die Situation in ihrer Heimat verantwortlich machte. Auch lebt beispielsweise die Hälfte der Menschen in armen Verhältnissen (48,4 % der Weltbevölkerung lebten 2013 von weniger als 5,50 Dollar am Tag) und hat überhaupt nicht genug Geld, um exzessiv zu konsumieren und viele Ressourcen zu verbrauchen. Die Menschen sind also nicht das Problem, sondern die Gesellschaftsform und sehr wenige einzelne Privilegierte, die unverhältnismäßig davon profitieren. 

„Identität und Präfiguration. Zum Umgang mit offenen Kunstsystemen. „ weiterlesen

Über das Interessante

In den vergangenen Wochen habe ich oft Notizen gemacht und viel gezeichnet. Hier möchte ich einige dieser Zeichnungen zeigen und aus meiner Sammlung an losen Gedanken herausschreiben, was interessante Dinge, Situationen und Menschen charakterisiert.
Generell würde ich gerne behaupten, dass alles interessant sein kann. Interesse ist vor allem eine innere Haltung und liegt nicht allein in den äußeren Dingen, sondern vielmehr auch in unserer Fähigkeit durch Empathie, Begeisterung und Phantasie mit der äußeren Welt umzugehen und dadurch unsere eigene Welt zu erfüllen und zu bereichern. 

Aber ganz von Anfang an: Was ist interessant?

Interessant ist zum Beispiel etwas Besonderes: Außerordentlich groß, ungeheuer wertvoll, selten, kostbar, extrem… Gerade wenn wir es noch nicht so richtig begreifen und kein festes Bild haben, wird unsere Phantasie angeregt. 

Interessant kann aber auch sein, wenn man eine Sache besser versteht, die einen viel beschäftigt hat. Etwas, wo man starke Gefühle und auch Widerstände erlebt hat. Dann sind neue Aspekte dazu interessant: Lösungen, Instrumente, Tricks, Wege die mich weiterführen und mir helfen, mein eigenes Projekt daraus zu machen. Interessante Themen schaffen Sinn, bewegen mich und ich kann sie in meinem Leben anwenden. Aber auch unnützes Wissen kann interessant sein und unterhalten. 

Das Wie ist entscheidend. 

Interessant ist vor allem die Eigenschaft von etwas. Interessant ist, wie es aussieht, wie es reagiert oder wie es gemacht wird. Was es ganz konkret ist, ist indessen schnell langweilig. Das Wie kann unser Interesse wecken und spannend sein. Sowie uns etwas interessiert, sind wir auch schon dazwischen und nehmen teil. Wenn wir uns angesprochen fühlen und involviert sind, nehmen wir all die Facetten wahr, die unser Leben insgesamt reicher und lebhafter machen.  „Über das Interessante“ weiterlesen

Bon(n) Expérimental – Fotos aus Bonn

In diesem Beitrag möchte ich analoge fotografische Experimente und interessante Fotos sammeln. Gespickt wird das Ganze dazu nach und nach mit weiterführenden Beobachtungen und Gedanken.

Was ist ein gutes Foto?
Was macht es interessant?

Technische Leistungen sind auf jeden Fall interessant. Nach ausgeklügeltem Plan, vorab erprobt und schließlich von erfahrener Hand exakt ausgeführt…
Handwerkliches Geschick und wiederholbare Ergebnisse machen viel vom Wert einer fotografischen Arbeit aus.

Wo es gemacht wurde ist ebenfalls sehr wichtig. New York ist cooler als Bonn. Fotos von einer langen, exotischen Reise sind oft interessant und machen Spaß anzuschauen.

Wer es gemacht hat ist wie bei jedem Kunstwerk wichtig.
Fotos von Meistern und Pionieren wie Josef Sudek, Henri Cartier-Bresson oder Robert Frank sind per se Kostbarkeiten.
Schluss­end­lich kann auch die Kamera dem Foto einen gewissen Wert geben. Es gibt legendäre und berühmte Kameras, echte Klassiker.
Fotos einer Leica M oder einer Hasselblad 500er Kamera schauen wir allein deshalb ehrfürchtig an, weil sie mechanische, technische Wunderwerke und ziemlich teuer sind.

Die Fotos in den folgenden Serien erfüllen nicht eines dieser Kriterien. 

Technisch sind sie keinesfalls brillant: Meine Filme sind meistens nicht perfekt belichtet und einfach bei Raumtemperatur nach Bauchgefühl entwickelt.

Fotos aus New York habe ich zwar auch, für diesen Beitrag sammele ich jedoch nur fotografische Eindrücke im Radius meiner täglichen Fahrradrunden, aus Bonn.

Kein Ort ist langweilig, wenn du gut geschlafen und die Tasche voller unbelichteter Filme hast“ – Robert Adams

Ich bin keine Legende im Olymp der weltberühmten Fotografen und meine Zorki sieht zwar tatsächlich ein bisschen wie eine Leica aus, hat aber nur ein paar Euros gekostet.

Retro Kameras Zorki 4K„Das Unwichtigste bei der Aufnahme einer guten Rock ’n’ Roll-Platte ist die technische Ausstattung deines Studios“ – Keith Richards, Rolling Stones

Der Begriff Fotografie meint wörtlich „zeichnen mit Licht“.
Analoge Fotografie ist für mich ein bisschen wie Malerei: Das Bild ist aus einem Guss und hat in sich eine besondere Ganzheit, wie man sie auch in geglückten malerischen Arbeiten findet.
Wie in meinen gemalten Bildern, versuche ich auch meine Fotos einem Prozess auszusetzen. Die Spuren der Interventionen, verschiedene Einflüsse und materialimmanente Eigenheiten sind schließlich mit im fertigen Bild und machen es, wenn alles gut läuft, zu einem interessanten, authentischen und ein Stück weit wahreren Werk.

Der erste Film mit meiner mittlerweile heißgeliebten Zorki 4K Sucherkamera. Gleichzeitig auch mein erster selbst entwickelter Film.
Nach langem Kampf beim Einspulen im Wechselsack ist alles sehr stark zerkratzt. Außerdem hatte der Vorhang der Kamera ein riesiges Lichtleck, was ich erst anschließend mit Latex geflickt habe: 

Man kann seine fotografische Abenteuerlust auch ausleben, ohne weit weg zu fahren.

Spannend finde ich zum Beispiel, wenn man die Technik ins Extreme treibt: Was passiert bei winziger Blendenöffnung und langen Belichtungen, obwohl es von der Licht-Situation her auch moderat gemäßigt ginge?
Wie sehen vor Jahren abgelaufene Filme aus?
Was kitzle ich noch aus altem Entwickler und ausgelutschter Chemie?
Was passiert, wenn man seinen Film vor dem Entwickeln noch ein bisschen in der Mikrowelle brutzelt?

Mit Grüngelbfilter im Auenland. Ein Sommertag in der Siegaue: 

Infrarotfilm ist ein bisschen ähnlich, wie Grünfilter. An einem sonnigen Herbstnachmittag habe ich versucht mit meiner kleinen Rollei 35 möglichst scharfe Fotos im Kottenforst zu machen.
Die Kopfbuchen in der Waldau haben viele Strukturen, Rinde und kleine Äste, an denen man einen Fokus versuchen kann. Dennoch ist es mit der Rollei schwierig richtig scharfe Fotos zu machen.
Einerseits ist das Objektiv überhaupt nicht gutmütig, andererseits verwackelt sie sich leicht. So dass man theoretisch mindestens eine 125tel Sekunde mit Blende 8 bräuchte – wodurch die Fotos aber auch nicht schöner werden.
Ich mag weit geöffnete Blenden sehr, dafür muss man dann aber entweder sehr genau messen oder auf Nahaufnahmen verzichten.

Mit Infrarotfilm im Kottenforst. Ein sonniger Herbsttag bei den Kopfbuchen: 

Infrarot-Fotografie ist ein eigenes Thema und wenn man danach sucht, finden sich einige Experten und sehr informative Webseiten mit Tipps und Hintergrundwissen. Wesentlich für den Infrarot-Effekt ist zum einen ein Film, der bis in den Infrarotbereich sensibilisiert ist, andererseits braucht man aber auch einen Filter, der alle anderen Wellenlängen aussperrt, um das Infrarote Spektrum richtig gut sehen zu können.
Der Konica Infrared 750nm ist ein Schwarz-Weiß-Infrarotfilm, der bis weit in den Infrarotbereich sensibilisiert ist. Leider wird er nicht mehr hergestellt.

Hier habe ich mit der Zorki einen 2002 abgelaufene Infrarot-Film von Konica ausprobiert. Leider jedoch furchtbar überbelichtet. Nach all den Jahren und durch meinen tiefroten IR-Filter hindurch hätte ich nie gedacht, dass er noch so empfindlich ist.
Nach der sommerlich heißen Entwicklung im Kaffebad war der Film einfach nur rabenschwarz. So habe ich den ganzen Film anschließend gebleicht und auf Sicht ein zweites Mal kürzer entwickelt. Mit offener Blende und durch all diese Prozesse sind es sehr weiche, traumartige Fotos geworden.

Am Rheinufer und bei der Siegmündung mit abgelaufenem Infrarotfilm und tiefrotem, sehr dunklem 720nm Filter.

Vor allem Himmel mit Wolken werden mit Gelbfilter dramatisch. Allerdings ist der Adox CMS 20 II Film sowieso sehr kontraststark. In dieser Serie sind Fotos aus dem Kottenforst, mal mit und mal ohne Gelbfilter. Beim Abendhimmel im Gegenlicht über der Bonner Oper war z. B. kein Filter im Spiel, trotzdem wirkt er sehr dramatisch.

Dramatische Fotos, mit und ohne Filter: Adox CMS 20 II Film mit der Frankenstein-Zorki und Jupiter 12 Objektiv. 

Die Experimente sind für mich kein Selbstzweck. Trotz all den Abenteuern steht dahinter dennoch immer der Wunsch ein geglücktes Bild zu schaffen. Ich suche neue interessante Bilder und möchte mit diesen Experimenten etwas Schönes, Ungewohntes und Neues entdecken.

„Nur ein Narr macht keine Experimente“ – Charles Darwin

Die meisten Aufnahmen sind mit meinen alten russischen Zorki 4K Kameras entstanden. Ich habe inzwischen ziemlich viele Objektive, alle sind Festbrennweiten mit 35, 50 und 85mm.
Als Zweitkameras habe ich eine kleine Rollei 35, welche immer mit dabei ist. Außerdem eine Kiev 4 und eine LOMO LC-A, die klassische Schnappschusskamera.

Selfies meiner Kameras. Die Zorki hat einen Selbstauslöser: 

Fotos fangen den Moment ein. Fotos geben aber nie die Wirklichkeit wieder, weil sie immer anders als die Wirklichkeit sind. Auch wenn scheinbar alles richtig gemacht wird, ist ein Foto dennoch immer eine Abstraktion. Deshalb wird es für mich auch gerade da interessant, wo das Foto seine Grenzen erreicht, wo es im technischen Experiment ein eigenes Bild schafft.
„Falsche“ Belichtungen, sehr empfindliche Filme, Kratzer und Spuren der Wechselwirkung mit dem Medium schaffen eine eigene Foto-Realität, die ich mit diesen Bildern hier suche.

Im Atelier, unterwegs mit dem Rad und auf dem Frankenbadplatz mit einem ziemlich hart entwickelten Adox HR-50 Film: 

Bei der analogen Fotografie gibt es mindestens drei Variablen, die das Foto extrem verändern können.

  1. Die Belichtung in der Kamera. Film, Blende und Zeit.
  2. Die Entwicklung des Films. Verdünnung der Chemie, Zeiten und Temperatur.
  3. Die Abzüge in der Dunkelkammer bzw. die Digitalisierung der Fotos.

Wenn man „hybrid“ arbeitet, werden die Fotos digitalisiert. Das ist heutzutage sinnvoll, weil man die Fotos ja in irgendeiner Form mitteilen möchte und über das Internet erreicht man nun mal sehr viele Menschen.

Wer seine Fotos am Computer bearbeiten würde, hätte schließlich noch eine vierte Variable und die Möglichkeit dabei fast alles zu verändern.

Eine sonnige Radtour am Rhein, von Bonn bis Rolandseck.
Für die Belichtung dieses Rollei RPX 100 Films habe ich versucht immer nur extreme Blenden-Öffnungen zu wählen und dafür richtig lang zu belichten. Anschließend wurde in altem, ziemlich ausgelutschtem aber sommerlich warmem Entwickler entwickelt. 

An einem verstrahlten Sommertag habe ich meine alten Entwickler zum Wertstoffhof gebracht.
Hier sind nun Fotos einer kleinen Tour durch Bonn, allerdings oft mit sehr weit geöffneter Blende ziemlich heftig überbelichtet.

„Es geht um schnelle und sparsame Heuristiken – einfache Regeln für Entscheidungen, wenn die Zeit drängt und gründliches Nachdenken ein unerschwinglicher Luxus ist. Diese Heuristiken können sowohl lebenden Organismen als auch künstlichen Systemen ermöglichen, kluge Entscheidungen, Klassifikationen und Vorhersagen zu treffen, indem sie begrenzte Rationalität anwenden.“ –  Simple heuristics that make us smart, Gigerenzer und Todd

Auch wenn das nicht die besten Fotos sind, lernt man gerade durch solche Versuche sehr viel, finde ich. Bis man irgendwann ein relativ zuverläsiges Gespür für Licht und die beste Belichtung hat, ist es eben ein Weg mit viel Trial & Error.

Der JCH StreetPan 400 Film ist ein ziemlich teurer Film, der ursprünglich von AGFA entwickelt wurde und speziell für die Street Photography und schnelle Situationen gedacht ist.
Auffällig ist der puderige rabenschwarze Look. Das Bild erinnert fast an eine Kohlezeichnung. Himmel wirken herrlich dramatisch, wenn man ihn etwas unterbelichtet. Allerdings gibt es dann gleichzeitig in den Schatten schnell keine Zeichnung mehr. Es ist eigentlich kein gutmütiger Film mit einigen Überraschungen. Zweimal ist er mir beim Entwickeln völlig missraten – natürlich war ich immer selber schuld, dennoch: Irgendwie bleibt er eben zickig und knifflig. Trotzdem habe ich ihn immer wieder gerne dabei.

Hier eine Auswahl von meinen Streifzügen mit der Zorki und dem JCH Streetpan durch Bonn und Bornheim. 

Der Dynamikumfang eines Negativfilms ist enorm!
Theoretisch muss man sich wirklich nicht groß um eine korrekte Belichtung sorgen. Mit einem gutmütigen Scanner kann man aus fast allem noch etwas heraus kitzeln.
Praktisch ist die Belichtung natürlich wichtig, weil der Film sonst aussieht wie Griesbrei (überbelichtet) oder viel zu flach und wenig dicht ist (unterbelichtet). Trotzdem: Besonders in Schwarzweißfilmen ist oft viel mehr Information, als man sie in einem einfachen digitalen Foto ausdrücken könnte.
Mein Scanner hat deshalb beispielsweise auch die Möglichkeit mit der Funktion „Multi-Exposure“ den Dynamikumfang des Negativs durch einen 2-fach-Scan besser zu erfassen.
Hier ein Blick ins Kaleidoskop am Beueler Rheinufer, mit einem JCH StreetPan 400 Film. Es ist immer das selbe Foto, nur die Helligkeit des Scanners wurde verstellt: 


In der sehr feinen Bonner Südstadt habe ich versucht einmal alles ganz korrekt zu machen. Hier habe ich einen Fuji Neopan Acros 100 Film genommen, mit Hand-Belichtungsmesser ordentlich belichtet und exakt entwickelt.
Es war der erste Film mit meinem neuen Jupiter-12 35mm Objektiv und ich wollte wissen, was es kann. 

Der Nachfolger dieses sehr feinen Films ist der Fuji Acros II. Allerdings wird der ziemlich schnell grob und sehr viel weniger fein, wenn man überbelichtet bzw. zu lange entwickelt.
Beim alljährlichen Hochwasser habe ich Fotos mit sehr unterschiedlicher Belichtung gemacht und das ganze danach in Caffenol CL entwickelt.

Der Fujifilm Neopan Acros 100 II Film etwas zu lange in zu heißem Kaffee entwickelt. Nur noch unterbelichtete Fotos sind fein. 

Hier habe ich mein geliebtes Jupiter 9 Objektiv auf eine Zenit 3m Spiegelreflexkamera mit M39 Bajonett geschraubt. Es ist zwar dasselbe Bajonett wie auch bei den Zorkis, aber das Objektiv ist bei der Zenit Kamera weiter vorne – Helios wären die passenden Objektive für eine Zenit… Dadurch, dass es zu weit vorne sitzt, kann man das Jupiter 9 auf der Zenit nicht mehr unendlich scharf stellen. Im Nahbereich ergeben sich aber plötzlich ganz neue Möglichkeiten: Bei Blende 2 kann man bis zu 50 Zentimeter nah an die Dinge ran! Das wollte ich ausprobieren!
Entscheidend für die Feinheit der Fotos ist nicht nur die Entwicklung, sondern auch die Belichtung. Es war ein grauer Frühlingstag im Botanischen Garten, so habe ich alle Fotos mit einer 125tel Sekunde bei Blende 2 gemacht. Im Unterholz herumkriechend, bei Makroaufnahmen ist das Licht naturgemäß eher schummrig…

Für mein Makro Experiment mit dem Jupiter 9 Objektiv habe ich den sehr feinkörnigen Mikrofilm Agfa Copex Rapid in Spur Nanotech UR Entwickler (1:14 Verdünnung) entwickelt. 17 Minuten bei 30 Grad (!). 

Ein sehr spannender Film ist der hochauflösende SPUR Ultra R 800, der eine Auflösung von 800 Linienpaaren pro Millimeter verspricht. Hier wie empfohlen mit dem dazu passenden Spur Nanotech UR Entwickler entwickelt.

Altweibersommer in Bonn mit superfeinem SPUR ULTRA R 800 Film. Mit dem Helios 44 Objektiv und möglichst offener Blende fotografiert. 

Auf nur 200 Meter habe ich an einem sonnigen Herbsttag eine ganze Rolle Spur Ultra R 800 mit meiner Zorki4K und dem 85mm Jupiter 9 Objektiv fotografiert. Wenn man zwischen all den Experimenten hin und wieder einmal versucht, alles richtig zu machen, wenn man sich bemüht, so exakt wie möglich zu fotografieren, erkennt man ganz gut die eigenen Grenzen und den Rahmen, den das Material stellt. Diesen Film habe ich für 25 ISO mit Spur Nanotech UR entwickelt.
Gut fand ich schließlich auch den Tipp, den Film eher kürzer im Netzmittel zu baden (ungefähr 30 Sekunden) und danach vorsichtig mit der weichen Seite eines Küchenpapiers abzustreifen. So hat man tatsächlich überhaupt keine Flecken oder Streifen auf seinen Negativen. Mit Abstreifzangen dagegen habe ich bisher nur sehr böse Überraschungen erlebt und würde jedem dringend vom Gebrauch abraten.

Ein Herbstnachmittag am Rheinstrand in Niederdollendorf mit SPUR Ultra R 800 und Jupiter 9 Objektiv. 

Wenn alles klappt, ist der Film WASHI-F sehr fein und mit schönem Kontrast. Überbelichtet oder überentwickelt wird der Washi-F dagegen schnell sehr grobkörnig. Es ist ein vergleichsweise kniffliger Film, der Belichtungsfehler nicht so leicht verzeiht wie z. B. mancher Film von Ilford. Obwohl man ihn tatsächlich ähnlich entwickeln kann wie den Ilford FP4+.
Das besondere an diesem Film ist die fehlende Lichthofschutzschicht.  Das kommt besonders beim leuchtenden Schwan zur Geltung. Aber auch die Bäume im Auenwald werden rechts und links deutlich überstrahlt.

Ein leuchtender Schwan, Frühling und Blüten mit der Zenit3M und Helios Objektiv auf dem Film Washi-F. Zum Vergleich mit der Caffenol-Entwicklung, die als alternatives Rezept weiter unten beschrieben wird, habe ich hier eine Semi-Standentwicklung mit FX-39 Entwickler genommen. 1+16 Verdünnung, 16,5 Minuten bei 21 Grad. 


Auch vor einem Experiment wird geplant, dabei wird aber eine gewisse Offenheit des Ergebnisses bewahrt. Übertragen könnte man sagen, dass das experimentelle Arbeiten die ökonomischen Minmal- und Maximalprinzipien aushebelt.
Aus einer experimentellen Arbeit kann viel mehr entstehen, als man sich vorher gedacht hat und als erwartet wurde. Mit etwas Fürsorge und mit ein bisschen technischem Einfühlungsvermögen können die meisten Ergebnisse weiterverwendet werden.

Überentwickelte Schwarzweißfilme kann man mit einem Bleichbad zurück in Silbersalz verwandeln. 

Nach dem Bleichbad hat man dann die Chance das Foto neu zu entwickeln.
Entwickelt man die gebleichten Fotos jedoch anschließend zu kurz, wäscht der Fixierer das ganze verbliebene Silbersalz aus dem Film und die Bilder sind unwiederbringlich zerstört.

Hier einige Zwischenschritte hin zur völligen Auslöschung des Bildes: 

Nutzt man die Bleiche für Schwarzweiß Filme nur ein bisschen, wie z.B. einen Farmerschen Abschwächer, entstehen auf den unvollständig gebleichten Filmstreifen Schlieren.

Bonn mit riesigen malerischen Schlieren:

Will man zu dunkle Fotos korrekt bleichen, muss man den Film immer vollständig zurück in Silbersalz verwandeln und dann neu entwickeln, bis es paßt. Das geht aber bei Licht, auf Sicht, und funktioniert prinzipiell sehr gut. Allerdings ist das ganze Prozedere mit einem hohem Risiko von Kratzern und neuen Macken verbunden.

Ein sonniger Nachmittag im Juni in Bonn Beuel führte mich zu einem erneuten Versuch mit Bleiche.

„Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen“ – Hermann Hesse

Ich mag Fotos mit möglichst weit geöffneter Blende besonders, weil sich das fokussierte Feld dann stark eingrenzt. So bleibt viel freier Raum für die Materialität des Objektivs, für Vignetten, Verzerrungen, Abstraktionen und all die anderen schönen materialimmanenten Vergröberungen. So bekommen die Fotos oft einen traumartigen, malerischen Look. Für mich nenne ich diesen Effekt immer „Locked-in-Charakter“, weil der Blick im eingeschränkten Fokusfeld des Bildes gefangen wird und sich die Welt drumherum immer mehr verliert.

Normal belichtete, ungebleichte Fotos als Referenz: 

An einem sonnigen Nachmittag sind die Fotos mit extrem offener Blende auch schnell heftig überbelichtet. Bei zu sehr sonnengetränkten Negativen kann sich auch ein sehr gutmütiger Scanner nur mühsam durchnagen. Die Bilder sind extrem grobkörnig.

Überbelichtete Fotos aus Bonn Beuel: 

Solche Fotos, die fast schon unlesbar schwarz aus dem Film herausstechen, habe ich hier gebleicht und anschließend erneut kürzer entwickelt. Quasi eine art improvisierter Pull-Entwicklung.

Gebleichte, neu entwickelte Fotos aus Bonn Beuel: 

Am Rheinufer in Bonn Beuel war ich mit verschiedenen bunten Folien unterwegs. Gelb, Rot, Grün und Blau…
Durch die Folien und mit weit geöffneter Blende sind weite Teile der Fotos nicht sehr scharf. Die Unschärfe in Kombination mit der heftigen Überbelichtung und der ungleichmäßigen Entwicklung nach dem Bleichen ergibt verstrahlte sommerliche Eindrücke. Wie verblassende Erinnerungen an einen etwas beschwipsten Sonnentag.

Gefilterte, überbelichtete, gebleichte und zweifach entwickelte Fotos vom Rheinufer in Bonn Beuel: 

Ein fotografischer Film ist unglaublich viel dynamischer, als man es digital in einem Foto ausdrücken kann. Selbst im schwarzen Schatten schlummern noch Formen – wenn man heller scannt. Im strahlend weißen Himmel dagegen sind bei dunklerer Belichtung plötzlich Wolken und Vögel.

Auf unserer Vernissage im Kult41 habe ich mit einem Ilford Delta 400 Film einfach normal aus der Hand fotografiert und den sehr unterbelichteten Film anschließend länger entwickelt, also „gepusht“.
In diesem Fall erkennt man trotzdem nicht viel mehr als ein paar Bilder an der Wand, den Hund und das letzte Glas Prosecco: 

Wenn Entwickler alt ist, muss man länger entwickeln. Ein bisschen Zauberkraft ist oft aber noch übrig. Diesmal war es sogar so viel, dass ich den mit nur 6-9 ISO extrem unempfindlichen ORWO DP31 einfach aus der Hand belichten konnte.

Mit altem Atomal gepushter 9 ISO Film – Das Hochwasser in Bonn am Rhein: 

Der gleiche Film (Orwo DP 31) an einem der ersten warmen sonnigen Frühlingstage.
Diesmal mit Caffenol C-L 70 Minuten bei 23 Grad standentwickelt: 

Durch digitale Verarbeitung kann man auch aus sehr unglücklichen Aufnahmen noch etwas rausholen und selbst der allerletzte Teststreifen oder ein missglückter Handabzug taugt zumindest vielleicht noch für eine Collage oder als Lesezeichen (Maximalprinzip).
Gleichzeitig wird man durch das Experiment auf jeden Fall ein Ergebnis erzielen und bei einer Auswahl von sagen wir mal 36 Fotos ist mit Sicherheit eines dabei, was der ursprünglichen Intention nahekommt und das gewünschte Ziel erreicht (Minimalprinzip).


Viele Scanner haben eine automatische, eingebaute Farbkorrektur. Auch wenn man seine Negative in den Fotoladen bringt, sehen die Abzüge je nach Laden teilweise sehr unterschiedlich aus.

Farbtest – Bild mit vielen verschiedenen Farben im Atelier

Aber wie ist denn nun das ehrliche, echte Bild? Was ist das Original?

Wir wollen Kunst am liebsten pur, rein und unverfälscht. Kein Zucker im Wein, kein Glutamat im Essen und kein Filter im Foto. Die Frage ist nur: Wo fängt das an und wo hört es auf? Allein im Spiel zwischen den drei oben genannten Hardware-Variablen kann ich sehr weit gehen.

Ziemlich ehrliche Farben findet man beim Diafilm. Da der Film positiv ist, kann man die Bilder zumindest einfach nachvollziehen. Mit meiner Zorki und dem sehr feinen Fuji Velvia 50 Film habe ich herbstliche Radrunden gedreht und versucht möglichst „echte“ Farben einzufangen.

Herbstfarben, Abendsonne und Langzeitbelichtungen auf diesen Dias vom Rhein und aus Bonn. Der Fuji Velvia 50 ist ein sehr feiner Film und wenn man ihn korrekt als Diafilm umkehrentwickelt, bekommt man knackige, schwarze Filmstreifen mit überaus brillanten Fotos: 

Außer den wunderschönen Farben sind auch die Kontraste im Diapositivfilm bemerkenswert. An einem sonnigen Wochenende Anfang November bin ich erneut mit einem Fuji Velvia 50 auf die Suche nach „echten“ Herbstfarben gegangen. Diesmal mit Helios 44 Objektiv auf einer alten Zenit 3M Spiegelreflexkamera. 

Auf Fotos mit dem Fujicolor Industrial 100 Film fand ich besonders die Rot- und Grüntöne interessant. Außerdem wirkten alle Farben seltsam kühl. 
Bei einem Spaziergang mit der Zorki durch die Stadt habe ich hier versucht möglichst viele bunte Dinge zu fotografieren. In frischer Chemie und ganz nach Standard entwickelt. 

Alle Fotos, auch wenn sie versuchen nah an die Wirklichkeit zu kommen, sind immer Abstraktionen. Sei es im Schatten oder im Licht, seien es stürzende Linien oder der Winkel des Objektivs… Es ist immer nur ein Ausschnitt, es ist immer anders und immer nur ein Teil des Ganzen.
Als Fotograf muss man sich entscheiden. Das Foto isoliert, wählt und grenzt dabei immer auch vieles aus. Gerade die Reduktion, der Fokus, die Unschärfen, Komposition und kleine Details machen den Reiz einer Fotografie aus.

Für ein Foto treffen ganz bestimmte Bedingungen in einem kurzen Moment zusammen. Im nächsten Moment kann alles schon ganz anders sein, und während wir uns immer weiter in der Gegenwart erleben, werden die Fotos mit der Zeit immer mehr Erinnerungen.

Um zu schauen wie sich die Kiev 4 mit Jupiter 8 Objektiv im Alltag behauptet, habe ich einen ganz normalen, neuen Kodak Portra Film genommen und diesen anschließend ordentlich, nach Rezept in frischer Chemie entwickelt:

Wie gutmütig Farbchemie sein kann, dachte ich ein Jahr später. Der gleiche Film, die gleiche Jahreszeit… Diesmal mit der Zorki.

Hier ein paar Eindrücke auf Kodak Portra Farbfilm mit dem Jupiter 8 Objektiv. Bei 38 Grad selbstentwickelt mit ein Jahr alter, in halb vollen Flaschen gelagerter Tetenal-C41 Chemie… 


Eine meiner ersten Kameras war eine Kodak Klappkamera. Im Studium habe ich einmal eine Runde mit diesem antiken Gerät gedreht und unser Wohnheim, das Schloss in Alfter fotografiert. 
14 Jahre später fand ich das belichtete Film-Röllchen in einer alten Schachtel und habe es im Atelier selbst entwickelt.
Weil ich keinen Einsatz für 120er Rollfilme habe, habe ich mir aus einer LED-Lampe einen Durchlicht-Aufsatz gebastelt und die Negative im Epson Scanner eingelesen. 

Nachdem die Klappkamera viele Jahre lang nur Dekoobjekt war, klemmte der Verschluss immer öfter. Irgendwann war es mir ehrlich gesagt zu dumm und zu schade um das Filmmaterial. So habe ich sie verschenkt.

Die Kirschblüte in Bonn auf 120er Rollfilm. Die letzten richtigen Fotos meiner antiken Kodak Klappkamera: 


Mit der LOMO Lubitel 166 von einem Freund und vor 16 Jahren abgelaufenen Film habe ich einen „geschenkten Spaziergang“ gemacht – wo alles umsonst ist und wo man nicht genau weiß, was passiert… Da es eine Mittelformat Kamera ist, bekomme ich mit meinem Scanner theoretisch sagenhafte 100 Megapixel! Praktisch ist das Objektiv nicht so scharf und verzerrt gerade die Ränder sehr. Dennoch war ich von der Auflösung ziemlich beeindruckt. Und das trotz uraltem 400 ISO Film…

Alter, abgelaufener Mittelformat-Film mit Caffenol entwickelt: 

Später habe ich mit der LOMO Lubitel 166 Doppelbelichtungs-Experimente gemacht. Das geht sehr gut – man dreht einfach den Film nicht auf, sondern knipst munter immer weiter…
Bei sehr kleiner Blendenöffnung habe ich so teilweise 7 Fotos vom immer selben Motiv gemacht. So wollte ich Bewegung festhalten… Tja. Obwohl die meisten dieser Fotos letztendlich doch zu sehr verwackelt sind, haben sich zum Glück auch sehr malerische Effekte ergeben.

Mehrfache Belichtungen mit LOMO Mittelformat-Kamera: 


Vor genau 30 Jahren ist dieser Fomapan F17 Film abgelaufen, den mir eine Freundin aus Tschechien mitgebracht hat. Im Beipackzettel waren handschriftliche Notizen, was ich irgendwie sehr rührend fand. Irgendjemand muss sich da früher viel Mühe gemacht haben und hat in allen Filmschachteln etwas korrigiert.

Diana F Plastikkamera und im Jahr 1991 abgelaufener Fomapan F17

An einem milden Herbstabend bin ich mit einer Diana-F-Plastikkamera nach Wesseling geradelt und habe ihn verknipst. Es wurde schon dunkel. Meine Belichtungszeiten waren immer so: 21…22…23…24…25… usw.  bis ich das Gefühl hatte, das genügend Zeit vergangen sein könnte.

Das Gute an der Caffenol Standentwicklung ist, dass sich der Film nimmt, was er braucht. Es ist ein sehr ausgleichendes Entwickeln über 70 Minuten bei 20 Grad in Caffenol C-L. Letztendlich sind es so viele Variablen: Ich hatte keine Ahnung, wie der Film gelagert war, die Belichtungszeit, die Stärke des Espressos – weil mein Instantkaffee alle war, habe ich selber gebrüht…
Nur bei der Temperatur bin ich inzwischen immer pingeliger geworden, weil zu heißes Caffenol wirklich fiese krisselige Überentwicklungen machen kann.

Im Vergleich zum zögerlich-knurpselnden Klappern der Mittelformatkameras, ist das laute Schnappen der Zorki-4K eine wahre Freude. Der Verschluss von meiner Zorki knallt jedenfalls so resolut zu, wie eine russische U-Bahntüre. «Осторожно, двери закрываются!»

Eine Kamera liebt man einfach – oder man lässt es bleiben. Ich liebe meine Zorki sehr. Ich mag das laute Schnappen des Verschlusses, ihren Geruch, den großen hellen Sucher. Ich finde sie auch sehr hübsch… Dagegen hat es meine Kiev 4 nicht so leicht. In Kombination mit dem Jupiter 8 Objektiv ist die Kiev eine feine Kamera: Viel leiser als die Zorki und präziser scharf zu stellen. Allerdings ist der Sucher auch viel kleiner. Das Design ist schön, klassisch und sogar mit Belichtungsmesser; trotzdem mag ich sie nicht so gerne.
Dass diese Sympathien und Antipathien wirklich nur Geschmacksache sind, wollte ich in einem Test überprüfen. Für beide Kameras habe ich glücklicherweise das gleiche Objektiv, ein Jupiter-12 mit 35 mm Brennweite.

Der ultimative Battle: Zorki vs. Kiev! Zweimal das gleiche Objektiv (Jupiter 12), zweimal der gleiche Film (Kodak Gold) und beide gleichzeitig im selben Döschen entwickelt. Immer das gleiche Motiv, immer die gleiche Blende/Zeit.
Oben sind die Fotos der Kiev, 
unten die Fotos der Zorki: 

Manchmal denke ich, Kameras sind ein bisschen wie Haustiere. Und so geht es mir dann auch mit der Kiev. Sie braucht mal wieder frische Luft, Sonne und Bewegung. Nicht dass sie noch einrostet und Fungus bekommt … So versuche ich alle meine Kameras hin und wieder auszuführen. Über die Jahre hat die Kiev-4 ein Lichtleck rechts oben an der Seite bekommen. Dort, wo der Film aufgerollt wird. Das habe ich bemerkt, weil alle Fotos an exakt derselben Stelle von einer Lichtgestalt heimgesucht wurden, im letzten Foto jedoch alles gut war. Manchmal passt es ganz schön dazu. Trotzdem werde ich sie wohl bald reparieren.

An einem der ersten sonnigen Frühlingstage mit der Kiev-4 am Rhein. Der ADOX CHS 100 II in ADOX FX-39 bei 1:19 Verdünnung für 14 Minuten bei 20° entwickelt.

Aus fast allen gefundenen Dingen kann man mit etwas Aufwand immer etwas Eigenes machen und gerade aus dem technischen Widerstand und der Eigenart des Materials ergeben sich oftmals neue interessante Lösungen. So kann auch ein Light Leak als Kompositionselement dienen und dem Bild eine weitere Ebene zufügen.
Zusammenhänge erkennen, auswählen, gruppieren und in einen anderen Kontext setzten: Das sind alles auch ästhetische Vorgänge. Es ist schön, wenn man versucht, Dinge oder Fotos zu retten und das beste aus etwas machen kann.


Das Jupiter 9 Objektiv ist eigentlich wunderschön und sehr lichtstark. Dumm nur, wenn man es auseinander baut.

Alles was schief gehen kann: Kaputter Vorhang der Zorki und falsch zusammengeschraubtes Objektiv. Das komplette Loser Team! 

Es hat mich mehrere Tage und viele Nerven gekostet alles wieder exakt zusammen zu bekommen. Hier der erste unscharfe Film aus der Versuchsphase. Kodak TRI-X 400 an einem Sonntag während der Corona-Zeit.

Um die Fehlfokussierung von meinem Jupiter 9 Objektiv zu korrigieren, habe ich mehrere Filme verbraucht und ein paar Tage immer wieder geschraubt, neue Abstandsringe eingesetzt und ausgetauscht.

Die Objektiv Kalibrierung (Kollimation) ist eine kniffelige Arbeit und bereits ein halber Millimeter verschiebt den Fokuspunkt bei Blende 2 um mehrere Zentimeter.
Vermutlich würde das ganze mit einer Digitalkamera und M39 Adapter (Leica-Mount) leichter gehen, dann kann man es quasi live machen… Ich habe mir zunächst für die grobe erste Richtung ein Ölpapier gebastelt und an die Rückseite der Zorki geklebt.

Wichtig ist, dass das Objektiv auch bei Blende 2 so scharf stellt, wie es anzeigt:

1,15 | 1,3 | 1,5 | 1,8 | 2 | 2,2 |  2,5 | 3 | 3,5 | 4 | 5 | 6 | 8 | 12 | 25 | ∞

Anschließend muss man noch den Sucher der Zorki entsprechend fein justieren und dabei sowohl die Unendlichkeit wie auch den nächsten Punkt bei 1,15 Metern mit dem Objektiv abgleichen. Ohne verschiedene Anleitungen aus dem Internet wäre ich völlig hilflos gewesen.

Gute Anleitungen und Hilfe für das Jupiter 9 Objektiv findet man hier: http://pentax-manuals.com/repairs.htm

Mit dem ORWO LF10 habe ich die ersten scharfen Fotos meines neu eingestellten Objektivs machen können. Ein Sonntagsspaziergang durch die Bonner Altstadt. Alle Fotos waren mit maximal weit geöffneter Blende 2.0, weil der Film nur 6 ISO hat. Entwickelt in Caffenol:

Die Zorki 4K ist tatsächlich ein feinmechanisches Meisterwerk. Man sollte sie nicht einfach so aufschrauben. Um den Sucher richtig zu justieren, musste ich ausnahmsweise allerdings den Deckel abnehmen. Der kleine Hebel mit der winzigen Messingschraube, wo man den Sucher normalerweise von vorne einstellen kann, war leider verklemmt.
Beim Abnehmen des Deckels der Zorki 4K ist es sehr wichtig, vorher die Feder des Aufzieh-Hebels mit einer Nadel zu fixieren! Das muss man machen, bevor man die drei kleinen Schrauben löst, welche sich unter der Zählscheibe verbergen.

Um das Scharfstellen auszuprobieren, hab ich im Botanischen Garten auf Kodak T-Max 100 Film mit der Zorki und dem Jupiter 9 Objektiv Magnolien und Bäume fotografiert. Entwickelt mit meinem feinen Caffenol C-L Rezept: 

Alte Kameras und alte Objektive lassen einem keine Ruhe: Einerseits sind sie feinmechanische Wunder, andererseits sind sie eben auch zickig und machen nicht immer alles so, wie man es erwarten würde. So ganz traute ich meinen Einstellungen irgendwie nicht. Beispielsweise wundere ich mich, warum man bei der Zorki nicht so einfach die Objektive wechseln kann… Für jedes unterschiedliche Objektiv (z.B. Jupiter 9, Jupiter 8, Jupiter 12 usw.) muss man jeweils das Sucherbild im Sucher der Kamera neu einstellen. Deswegen ist es auch sinnvoll für jedes Objektiv eine eigene Zorki zu haben – obwohl ich mir damit zugegebenermaßen ein bisschen versnobt vorkomme.

Als Praxistest für den Fokus bin ich schließlich Anfang März eine Woche lang mit der Zorki und dem Jupiter 9 Objektiv spazieren gegangen und habe die ersten blühenden Bäume in meiner Nachbarschaft fotografiert. Auf Ilford Delta 100 Film, entwickelt mit Caffenol: 


Manche kennen vielleicht die Rodenstock-Imagon-Objektive mit austauschbaren Siebblenden. So ein hochwertiges Objektiv habe ich nun nicht. Den Effekt wollte ich aber trotzdem auch einmal ausprobieren und habe mir aus Pappe kleine austauschbare Siebblenden in verschiedenen Formen für das Helios-44 Objektiv gebastelt.

Siebblenden und Muster für meine Bokeh-Studie ausschneiden

Erste kleine Bokeh-Studien mit der Zenit 3M. Mit selbstgebastelten Siebblenden habe ich Sternchen, Peace-Zeichen und allerlei mehr oder weniger passende Formen in den unscharfen Bereich dieser Fotos „gezaubert“. Es war ein erster Versuch. Die meisten Fotos sind heftig überbelichtet. Aber ein paar sind auch geglückt: 


Eine erhöhte Perspektive auf die Bonner Altstadt. Mit einer 5-Euro Point and Shoot Kamera vom Flohmarkt oben auf einem vier Meter langen Holzstab habe ich hier meine Nachbarschaft erkundet.
Die Herausforderung war, dass ich die Kamera auf so eine weite Entfernung nicht mehr mit meinem Drahtauslöser bedienen konnte. So habe ich mir einen SwitchBot gekauft. Das ist ein kleines Gerät, mit dem man via Bluetooth „manuell“ Geräte ein- oder ausschalten kann. Den Switchbot habe ich dann auf einem Eisstil befestigt und mit einer Heißklebepistole an der Yashica montiert.

Leider hat die Kamera einen schlimmen Fungus mitten auf der Rückseite des Objektivs, so sind die zentralen Bildbereiche nicht schön scharf. Außerdem hat sie den Film 100 ISO überbelichtet, weil er keine DX-Codierung hatte. Aber zumindest die Idee hat funktioniert. Und ich freue mich, dass es auch ohne Drohne klappt, die Welt etwas weiter von oben zu sehen.


Bilder mit der Lochkamera entstehen aus einer extremen Situation heraus. Nur durch ein winziges Loch kann Licht hineindringen.

Die Zorki-4K als Lochkamera mit 0,18 mm Lochblende auf M39 Gewinde

Auf ein M39 Objektivgewinde habe ich eine 0,18 mm große Lochblende montiert. So wurde eine alte Zorki4K, welche einen kaputten zweiten Vorhang hatte, zu neuem Leben erweckt. Wenn ich die Kamera auslöse und den Knopf gedrückt etwas drehe, kann ich die Zorki geöffnet feststellen und auch ohne Drahtauslöser beliebig lange Aufnahmen machen.

Es ist eine ursprüngliche und sehr experimentelle Art des Fotografierens. Lochkamera Fotos sind reine unverfälschte Interaktion mit der visuellen Welt. Sie haben schöne Unschärfen und weiches Licht. Die Fotos entstehen über mehrere Sekunden, Minuten oder sogar Stunden. Eine fotografische Eigenart der Lochkamera-Bilder ist schließlich die extreme Tiefenschärfe. Lochkameras haben eine so große Blendenzahl (z. B. > f/200), dass Hinten und Vorne im Bild vollkommen verschmelzen und gleich scharf bzw. überall leicht unscharf wie auf einer Bildebene erscheinen.

Hier ist eine Auswahl mit ersten Fotos der Lochkamera-Zorki: 

Die Lochkamera kann auch Farbfotos machen. Je nach Belichtung, ergeben sich dabei interessante Farbverschiebungen. Diesen Film habe ich selber entwickelt und eingescannt:

Die Unschärfe und die eigentümlichen Kontraste haben mich zu einem fiktiven Horrortrip inspiriert: „Irrlichter“. So entstand diese Fotoserie mit der Lochkamera-Zorki im Kottenforst.

Mit einer Text-KI (OpenAI GPT-3) habe ich anschließend die fotografischen Eindrücke zu einer Story verarbeitet. Der Prompt war: Schreibe eine Horrorgeschichte über Irrlichter im Wald. Es gibt eine Lochkamera, die alles aufnimmt. Flüchtige Erscheinungen hinter alten Bäumen. Manche Bäume sterben, manche Bäume ändern ihre Form. Die Menschen werden immer tiefer in den Wald gelockt. Füge Dialoge hinzu.


„Komm schon, wir müssen uns beeilen!“, flüsterte Sarah ihrem Freund zu, während sie durch den dunklen Wald liefen. Die Bäume schienen sich mit jedem Schritt, den sie taten, enger um sie zu schließen.

„Ich weiß nicht, ob das eine so gute Idee ist“, antwortete er mit zitternder Stimme. „Ich habe gehört, dass es in diesem Wald Irrlichter gibt.“

„Ach, das sind nur Gerüchte. Außerdem haben wir die Lochkamera dabei, die alles aufnimmt. Wenn wir etwas sehen, können wir immer noch weglaufen.“

Doch je weiter sie in den Wald kamen, desto unheimlicher wurde es. Die Bäume schienen sich zu bewegen und zu atmen, und hinter einigen von ihnen glaubte Sarah, flüchtige Erscheinungen zu sehen.

„Ich glaube, wir sollten umkehren“, sagte ihr Freund plötzlich. „Ich habe ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache.“

Doch Sarah wollte nicht aufgeben. Sie war schon so nah dran. „Nein, wir müssen weiter. Ich bin sicher, dass wir bald etwas sehen werden.“

Doch je weiter sie liefen, desto tiefer gerieten sie in den Bann des Waldes. Die Bäume schienen sie zu berühren und zu streicheln, und sie hörten das leise Wispern von Stimmen. Sarahs Herz begann zu rasen, und sie wusste, dass sie kehrtmachen mussten, bevor es zu spät war.

Doch als sie sich umdrehte, sah sie, dass der Weg, den sie gekommen waren, verschwunden war. Vor ihnen lag nur noch eine schwarze Leere.

„Was ist das?“, flüsterte sie entsetzt.

„Ich weiß es nicht“, antwortete ihr Freund mit zitternder Stimme. „Aber ich glaube, wir sind in etwas hineingeraten, das weit über unsere Vorstellungskraft hinausgeht.“

„Irrlichter“ Horrortrip mit der Lochkamera-Zorki im Wald:  


Aus lauter Einzelteilen von kaputten Zorki Kameras habe ich versucht, einen neuen, funktionierenden Fotoapparat zusammenzubauen. Die Geburt der „Frankenstein-Zorki“. 

Als erstes musste ich die ursprüngliche Zorki Kamera auseinanderbauen, um den Mechanismus für die langsamen Zeiten zu reinigen und mit „Dr. Tillwich Hochleistungsöl“ neu zu ölen.

Die obere Abdeckhaube habe ich danach ersetzt, weil ich den Schriftzug „Zorki-4K“ gerne in lateinischen Buchstaben haben wollte, wie bei allen meinen anderen Zorki Kameras auch.

Anschließend habe ich die Kamera auch von vorne freigelegt, um die Vorhänge zu reinigen und mit etwas Öl an den Scharnieren der Spulen wieder auf Zack zu bringen – teilweise zog sich das Schließen nämlich äußerst ruckelig über mehreren Sekunden hin.

1. Versuch Frankenstein-Zorki. Im Prinzip funktionierte die Kamera nach dem „Clean & Lubricate“ schon, aber leider waren viele Bilder unscharf. 

Die Rückwand der Kamera war so ausgenudelt, dass der Film nicht mehr richtig gleichmäßig angedrückt wurde – so entstanden äußerst spontane Unschärfen. Abhilfe schaffte das straff federnde kleine Blech aus der Rückwand einer anderen Kamera.

Das M-39 Bajonett, also das Gewinde, wo man die Objektive an die Kamera schraubt, war mit zwei und halb dünnen Papierchen unterlegt. Diese Funktion war mir nicht direkt klar. Ohne diese Papierchen konnte jedoch die Unendlichkeit nicht mehr richtig gefunden werden, der Fokusbereich war verrutscht. Es hat mich erstaunt, wie gering hier der Toleranzbereich ist. 

2. Versuch Frankenstein-Zorki. Selektive Unschärfe und falscher Fokusbereich. 

Das 35mm Jupiter 12 Objektiv hatte in der Mitte große schwarze Einschlüsse. Vermutlich von abgeblättertem Lack. So habe ich das hintere Element abgeschraubt und durch das rückseitige Element von einem anderen Jupiter 12 Objektiv ersetzt. Ich hatte noch eines mit Contax/Kiev-Bajonett, welches ich nicht mehr brauchte.

3. Versuch Frankenstein-Zorki. Alltagstest in der Werkstatt. Alles scheint zu funktionieren.

Ein bisschen knifflig fand ich, dass auch der Messsucher verstellt war. So war plötzlich vieles diffus und ich musste etwas herumprobieren, bis sich letztendlich wieder alle Abstandshalter-Papierchen an ihrer richtigen Stelle hinter dem Bajonett befanden und der Sucher exakt mit dem Objektiv synchronisiert war.

Die fertige Kamera habe ich an einem sonnigen Frühlingswochenende auf Herz und Nieren geprüft: exakter Fokus im Nahen Fernen und in der Unendlichkeit. Typisch für das Jupiter 12 Objektiv sind die kleinen pfeilförmigen Vignetten-Verzerrungen, am Bildrand im Bokeh bei geöffneter Blende. Jedoch auch bei maximal weit geöffneter Blende und mit superkurzer 1/1000 Sekunde Belichtungszeit sehen die Fotos korrekt aus, Schärfe und Unschärfe sind gleichmäßig über das Bild verteilt und sie stellt exakt so scharf, wie es auch im Sucher angezeigt wird.

4. Versuch Frankenstein-Zorki. Es ist vollbracht. 

Hardware-Experimente haben im Gegensatz zu Software-Manipulationen den Vorteil, dass sie überraschender sind. Im Spiel mit dem Material entstehen oft Ergebnisse, die anders sind, als man es sich vorher gedacht hat und die im Idealfall weit über das hinausgehen, was man erwartete. So kann man neue Qualitäten entdecken und irgendwo in diesem Tanz fußt auch der einzigartige Charakter einer Kamera und das, was die Bilder am Ende auszeichnet.


Aus Russland habe ich zwei Rollen selbstgewickelter Kinofilme geschenkt bekommen, welche eigentlich mit dem ECN-II Prozess entwickelt werden sollten. Die Rückseite dieser Filme ist kohlschwarz, mit einer Remjet-Schicht versehen. 

Vorm Entwickeln habe ich versucht vom eingespulten Film mit heißem Wasser und viel Waschsoda die Remjet-Schicht aufzulösen und weg zu waschen. Mit alter, ausgelaugter C-41 Chemie habe ich die Filme schließlich farbenfroh entwickelt.

Das alles ist natürlich nicht die korrekte Eastman Color Negative (ECN) Methode. Und tatsächlich: Es ergaben sich abenteuerliche Farbverschiebungen, Reste der schwarzen Remjet-Schicht zaubern Milchstraßen und bizarre Wolkenformationen, Schatten sind lila bis grünlich und der ganze Film scheint wenig dicht und ist außerdem schrecklich dunkel – mein Scanner hatte alle Mühe sich bis zum Foto durch zu knuspern… Die Fotos wirken wirklich sehr Retro und wie aus einer anderen Zeit.

An einem warmen Sommernachmittag war ich mit dem ersten dieser „OSCAR“ Filme in den Siegauen. Speziell auf diesem Film wollte ich viele Gegenlicht Aufnahmen machen, irgendwie hatte ich gedacht, dass die dicke schwarze Schicht auf der Rückseite dabei einen interessanten Effekt haben könnte.

Mit dem zweiten dieser ECN-II „OSCAR“ Filme bin ich durch das Ahrtal, die Altstadt und am Rheinufer entlang geradelt.
Hier habe ich viel weniger Soda und heißes Wasser genommen und wie man sieht, sind überall deutliche Spuren der Remjet-Schicht, was teilweise sehr malerische Effekte hat.

Der Zufall ist ein fantastischer künstlerischer Assistent, aber kein Meister. Nach jeder Experimentier-Session ist es eine kuratorische Leistung aus allem was sich ergeben hat auszuwählen. Dafür braucht es ästhetische Maßstäbe, man muss filtern und gelungene und mißglückte Bilder trennen bzw. zusammenstellen. Das Zufallsprinzip ist eine Möglichkeit den kreativen Prozess zu unterstützen.

Manche sagen, dem Zufall läge etwas inne, was die Dinge lebendig macht. Kunst kann durch Zufälle mit Leben gefüllt werden… So weit würde ich wiederum nicht gehen. Der Zufall ist vielmehr nur ein „befreiendes Verfahren“ (Max Ernst). Allein durch den Zufall gelenkt bleibt das Ergebnis dekorativ und ohne Tiefe, wie z.B. Murmelbilder und die sogenannte Klecksographie. Was nutzen Experimente, wenn man nichts zu sagen hat?


Crossentwicklung heißt, dass man die Chemikalien ‚vertauscht‘. So wird also ein Farbnegativfilm umkehrentwickelt (meistens im E-6 Prozess) bzw. ein Farbpositivfilm wie ein Farbnegativfilm entwickelt (meistens im C-41 Prozess). Häufig macht man das mit Diafilmen, weil bei diesen die Entwicklung inzwischen nur noch von wenigen Laboren gemacht wird und teuer ist. Negativfilme sind außerdem meistens auf einem orange gefärbten Träger und würden als Positive entsprechend verfärbt aussehen.

Bei meiner letzten Bestellung bekam ich kostenlos einen abgelaufenen Fuji Provia 100 F Diafilm beigelegt. Mit alter abgelaufener C-41 Chemie habe ich diesen cross-entwickelt.
Weil die Chemie schon sehr viele Filme entwickelt hat, habe ich mir die Entwicklungszeit eher schlecht als recht ausgedacht und 5 Minuten bei 38 Grad versucht. 

Frisch aus dem Entwicklerdöschen schimmert der ganze Film sehr stark bläulich. Im Reflecta Scanner sehen die Fotos fast sepia aus während sie mit Farbkorrektur im Epson Scanner grünlich wirken. 

Sonntags haben alle Geschäfte geschlossen und Bonn ist wie ausgestorben. Eine schöne Challenge für experimentierfreudige Fotografen!
Mein Sonntagsfilm-Projekt bestand darin, an einem Sonntag alle Zutaten für die Filmentwicklung zu besorgen und dabei einen Film zu fotografieren.
Zu Crossentwicklung von Diafilmen mit Kaffee habe ich im Internet noch nichts gefunden. Diafilm fand ich besonders geeignet, weil das Filmträgermaterial, wie auch bei Schwarzweißfilmen, transparent ist und ich mir dadurch schöne Kontraste erhoffte. Caffenol (also Kaffee mit Soda und ggf. Vitamin C) färbt den Film ziemlich dunkel. Ist dann auch noch das Polyester-Trägermaterial bräunlich, so meine Sorge, würde man nicht mehr viel sehen können.
Bei den Putzmitteln fand ich etwas Soda, dann habe ich die Zorki mit einem Kodak Ektachrome E100 Diafilm geladen und bin zur Tankstelle gelaufen. Dort verkauften sie Maxima Gold Instantkaffee für 3,95 €. Die nächste Apotheke mit Notdienst befand sich in der Südstadt, wo es Vitamin C Pulver gab.

Am Sonntagnachmittag trifft man nicht viele Menschen. Die Schaufensterpuppen gucken verträumt und etwas melancholisch ins Leere und auch Beethoven steht ziemlich verloren allein auf dem Münsterplatz.
Die Fotos meines Sonntagsspaziergangs habe ich in Farbe eingescannt. Der Film sah nach dem Kaffeekränzchen ziemlich grünlichgelb bis oliv aus. Der reflecta Scanner war sich oftmals auch nicht sicher, so dass die Fotos entweder in zartem Rosa oder in leuchtendem Violett erschienen.

Mit Kaffee entwickelter Diafilm. Ohne große anschließende Bildbearbeitung und Farbkorrekturen, direkt wie es der Film hergibt, sind die Schaufensterpuppen in sanft bonbonfarbenes  Rotlicht getaucht. 

Hier noch ein paar Fotos vom Kodak Ektachrome E100 in schwarzweiß gescannt.
Nach 12 Minuten Entwicklung mit Caffenol (Delta Rezept). 

Digitale Bildbearbeitung ist für mich bei meinen Experimenten ein etwas heikles Thema. Macht man Handabzüge in der Dunkelkammer, kann man Papiere mit variabler Gradation nehmen und durch Filter sehr stark in das Foto eingreifen. Kontrast und Farben muss man auch rein „analog“ immer bearbeiten und richtig wie gewünscht einstellen.
Viele der Werkzeuge bei Gimp sind auch den manuellen Instrumenten aus dem Fotolabor nachempfunden…
Dennoch fühlt sich ein zu tiefes Eingreifen für mich immer auch ein bisschen unehrlich an. Ich möchte versuchen so weit es möglich ist mit der Kamera, mit der Hardware ein gutes Bild zu schaffen.
Allerdings sind auch die Scanner sehr unterschiedlich und speziell der Epson Scanner mit seiner eigenen Software manipuliert die Fotos teilweise sehr stark und verändert Farbe und Kontrast. Letztendlich kommt man um eine gewisse Bearbeitung nie herum. Ränder müssen zurecht geschnitten werden und Farben und Kontrast sollten irgendwo stimmig sein. Vielleicht hilft also auch bei der Bildbearbeitung das Motto: „So wenig wie möglich, so viel wie nötig.“

Crossentwicklung kann auch ziemlich „normal“ aussehen. Mein erster bei Ebay ersteigerter abgelaufener Agfa Precisa CT 100 Diafilm verhielt sich jedenfalls nicht so spektakulär, wie man es nach den Fotos anderer Fotografen bei Flickr, Lomography bzw. nach einer Google Suche hätte erwarten können.

Mit frischer C-41 Chemie crossentwickelter Agfa Precisa CT 100. Die Ergebnisse aus dem Epson-Scanner wirken relativ natürlich: 

Auch bei meinem zweiten Versuch mit einem alten abgelaufenen Agfa Precisa CT sind die Farben teilweise zwar ungewöhnlich und nicht unbedingt lebensmittelkonform – das liegt aber nicht am Film: 


Die Filmentwicklung mit Caffenol ist inzwischen eigentlich zu meinem Standard geworden. Es gibt gleich mehrere Vorteile, abgesehen davon, dass es furchtbar viel Spaß macht.

  1. Man muss sich keine großen Gedanken mehr über die richtige Entwicklungszeit machen. 70 Minuten Standentwicklung bei 20 Grad funktioniert fast immer.
  2. Man muss sich um Entwickler und die Entsorgung des alten Entwicklers keine Gedanken mehr machen. Caffenol kann man bedenkenlos in den Abfluss schütten.

Caffenol-C-L ist mein Lieblingsrezept:

300 ml Wasser
5 g. Wasch-Soda
3 g. Vitamin C
12 g. Löslicher Kaffee
1 Messerspitze Kaliumbromid

Standentwicklung heißt, dass man das Caffenol ins Entwicklerdöschen füllt und die ersten paar Minuten ruhig bewegt, sodass es sich gleichmäßig verteilt. Die restliche Zeit lässt man dann alles einfach nur stehen. Der Film nimmt sich, was er braucht, aber auch nicht viel mehr. Ich habe den Eindruck, dass es ein sehr ausgleichendes Entwickeln ist. Wo der Film viel Licht bekam, erschöpft sich das Caffenol auch mit der Zeit und durch das Kaliumbromid wird der Film schön klar und das Korn nicht übermäßig krisselig.

Mit der Zorki und dem legendären Jupiter 9 Objektiv in den Siegauen. Auf ORWO P 400 Überwachungsfilm, 70 Minuten in Caffenol C-L standentwickelt. 

In diesem Beitrag sind an vielen Stellen Fotos zu sehen, die mit Caffenol entwickelt wurden. Es ist, wie gesagt inzwischen mein Standard. Aber immer noch erscheint es mir wie ein Wunder und ist auch immer wieder ein Abenteuer. Ich kann es manchmal kaum glauben, oder fühle mich trotz der vielen Experimente immer noch unsicher. Speziell wenn es ein neuer Film ist, den ich noch nie hatte.

Der Röntgenfilm Washi F wurde ursprünglich für die Diagnose von Lungenerkrankungen entwickelt. Es ist ein dünner und empfindlicher Film. Ich finde diesen Film deutlich empfindlicher als die angegebenen 100 ISO. Mit Caffenol wurde mir das Ergebnis oft zu grobkörnig. Tatsächlich ist das ein Film, der mich immer noch unsicher macht. Weil er so dünn ist und ähnlich wie der Ilford FP4+ Film schnell auf den Entwickler anspricht. Besonders, wenn er überbelichtet ist, wird dieser Film schnell hässlich. Wunderschön kommen dagegen Situationen mit dunklen Flächen, eher punktuellen Lichtquellen und verschiedenen Grautönen. Dann wird der Washi F plötzlich sehr fein und durch die fehlende Lichthofschutzschicht auch funkelnd.

Mit dem Washi F Film und der Zorki am Rheinufer und den Siegauen. Entwickelt bei 19 Grad für 14 Minuten im Caffenol Delta Rezept: 300 ml. Wasser, 7 g. Waschsoda, 13 g. Instantkaffee, 6 g. Vitamin-C Pulver. 

Zwischen Bonn und Köln kommt man mit dem Rad irgendwann immer durch Wesseling. Es ist einfach plötzlich da, versperrt den Weg und man kann nicht mehr weiter am Rhein entlang fahren.
Mit seinen Chemiewerken und einer Erdölraffinerie ist Wesseling der Grund, warum man sagt, dass der Rhein erst südlich von Bonn schön ist. Aber für Fotografen ist Wesseling auf jeden Fall sehr interessant.

Mit meiner Rollei 35 und einem abgelaufenen, geschenkten Ilford XP2 Schwarzweißfilm habe ich diese Fotos gemacht.
Entwickelt habe ich den ganzen Film in Caffenol-C-L: Mit Kaffee, nur wenig Soda, wenig Vitamin C aber dafür mit einer Prise Kaliumbromid. Schließlich habe ich den Film deutlich über 70 Minuten ziehen lassen und zwischendurch immer mal wieder energisch geschüttelt – so ist er jetzt sehr hart und kräftig entwickelt.

Fast auf den Tag genau ein Jahr später bin ich bei strömendem Regen wieder mit dem Rad durch Wesseling gekommen. Diesmal mit dem sehr empfindlichen ORWO N75. Eher unterbelichtet aber dafür 80 Minuten bei 19 Grad in Caffenol CL entwickelt sind die Fotos extrem körnig geworden.

Wesseling mit der Zorki und ORWO Film, in Kaffee entwickelt. 

Wolken, Rauch und dramatische Himmel kann man in Schwarzweißfotos gut mit einem Filter unterstreichen. Wenn man Landschaften leicht unterbelichtet, wirkt der Himmel besonders dominant. An einem durchwachsenen Herbsttag bin ich mit der Zorki nach Köln geradelt. Der Film „Washi Z“ ist ansich schon düster. Hier mit Grüngelbfilter und unterentwickelt in Caffenol kommen die Wolken und der Rauch aus der Ölraffinerie in Wesseling besonders deutlich.

Der Film „Washi Z“ mit der Kiev 4 Kamera. Der Himmel wirkt dramatisch, dank Grün-Gelb-Filter und Unterentwickelung: 10 statt 12 Minuten im „Caffenol Delta Rezept“ bei 20 Grad °C


Für die Ausstellung meiner Ateliergemeinschaft bei TeeGschwendner in Meckenheim habe ich Filme mit Tee entwickelt. Ein grobes Thema für diese Experimente war für mich „Wasser und Luft“ – passend zum Tee als wesentliche Zutat habe ich vor allem am Rhein, in den Rheinauen und an der Sieg Wasser, am- und im Wasser lebende Tiere und Spiegelungen im Wasser fotografiert.

Der erste Tee-Film war ein ORWO DN21 und mit nur 16 ISO habe ich ihn eher unterbelichtet.
Aus 25 Gramm Schwarztee habe ich etwa 350 ml Tee gekocht. Dazu 5 Gramm Soda und 3 Gramm Vitamin C. Schließlich ein kleines Meßlöffelchen (etwa 0,5 Gramm) Kaliumbromid, damit der Film nicht so dunkel verfärbt. Nach 74 Minuten bei etwa 26 Grad sommerlicher Raumtemperatur war der Film immer noch ziemlich dünn entwickelt. Das liegt aber mit Sicherheit auch an der schwachen Belichtung, weil einige stark belichtete Fotos eine ziemlich gelungene Dichte haben.

Hier eine Auswahl von Wasserwesen mit der Kiev 4 Kamera auf ORWO DN21 Film, in Schwarztee entwickelt.
Trotz Unterbelichtung und schwacher Dichte ließen sich alle Bilder scannen und einzig die unsägliche Abstreifzange hat mir schlussendlich einen wirklich häßlichen Strich durch die Rechnung gemacht: 

Für mein zweites Experiment mit Schwarztee habe ich doppelt soviel Soda genommen wie vorher und ein bisschen mehr Vitamin C. Es ist ein Tee-Rezept, welches ganz gut funktioniert hat:

>300 ml Schwarztee (aus 25 Gramm Tee mit >350 ml Wasser gekocht und etwa 1 Stunde ziehen gelassen)
1o Gramm Waschsoda
5 Gramm Vitamin C Pulver
0,5 Gramm Kaliumbromid
65 Minuten bei Raumtemperatur entwickeln, dabei immer mal wieder kippen. 

Der zweite Film mit Schwarztee war ein ORWO DP31. Vor lauter Respekt vor den „NUR 6 ISO!“ habe ich ihn mit Stativ hoffnungslos überbelichtet. Nur wenige Fotos, die ich aus der Hand aufgenommen habe, sind gelungen. 

Für mein drittes Experiment mit Schwarztee habe ich einen ganz normalen 100 ISO Film genommen. Der Adox Silvermax ist so gutmütig, fast egal was man macht – irgendein Foto wird da schon rauskommen. Das interessante für mich war jedoch eine andere Überlegung: In allen Experimenten mit alternativen Entwicklern ist immer ziemlich viel Vitamin C. So ist es in meinen Augen weniger der Tee, sondern viel mehr das Vitamin C, welches den Film entwickelt. Bei diesem Versuch wollte ich deshalb so wenig Chemie wie möglich nehmen, um zu prüfen ob der Tee tatsächlich eine eigene „Entwicklungskraft“ hat.

Mit 25 Gramm Grünem Tee habe ich 400 ml extrem starken Sud gekocht und 3 Stunden ziehen lassen. Nach dem Abgießen und Auspressen der Blätter hatte ich so etwa 350 ml Grüntee. Dazu kamen nur noch 3 Gramm Vitamin C und 10 Gramm Soda. 70 Minuten bei Raumtemperatur entwickelt. 
Ohne Kaliumbromid ist der Film sehr dunkel bzw. ’stained‘. Dennoch ließen sich alle Fotos gut verarbeiten. Hier zwei Beispiele: 

Auch beim Printen in der Dunkelkammer funktioniert Tee als Entwickler. Allerdings erschöpft er sich sehr schnell: 900 ml halten nur für etwa 3-4 Prints in 24×30 cm. Danach wird es immer flauer und gräulicher.

Mit Grüntee entwickelte Prints von mit Schwarztee entwickelten Filmen

In allen meinen alternativen Entwicklern ist immer Vitamin C dabei. Es heißt zwar Caffenol, Beerol oder wie auch immer – aber was ist eigentlich die Entwicklungskraft des Kaffees? Ist es nicht vielleicht doch eher das Vitamin C? Ich rühre ja auch nicht XTOL in Kaffee an und staune dann, wenn die Brühe Filme entwickeln kann… Schlussendlich wollte ich es wissen und habe mir ein völlig eigenes Rezept ausgedacht. Ich wollte es so pur, wie möglich: Ohne alles. Meine Überlegung war dabei, dass der pH-Wert maßgeblich die Wirksamkeit des Entwicklers steuert. Wie ich aus meinen Experimenten in Mumbai wußte, kann auch Natron Filme entwickeln. Allerdings hat man dann Zeiten von über 100 Minuten. Mit mehr Waschsoda müsste ich also einen Entwickler mischen können, der eher kurze Zeiten hat und dadurch auch weniger verfärbt bzw. ’stained‘ – so spare ich mir das Kaliumbromid.

Aus 25 Gramm „China Gunpowder“ habe ich 300 ml sehr starken Grüntee gekocht (dafür braucht man etwa 450 ml kochendes Wasser). Dazu 12 Gramm Soda und 15 Gramm fair gehandelten Instantkaffee vom Bioladen. Mehr braucht es nicht.
Weil der  Tee noch warm war, hatte ich 35 Grad Anfangstemperatur. Nach 20 Minuten war der Film fertig und wurde normal fixiert. Ich finde ihn sehr gut geworden, gleichmäßig durchgezeichnet und auf jeden Fall auch zum Printen, in der Dunkelkammer brauchbar. Hier die Ergebnisse, Karpfen in den Japanischen Gärten:

Spielende Koi in den japanischen Gärten. Allein mit Grüntee, Kaffee und Soda entwickelt. Ohne Vitamin C und ohne Kaliumbromid. 

Wenn Kaffee Diafilme entwickeln kann, so meine Überlegung, kann Bier auch C-41 Filme entwickeln. Der Ilford 400 XP2 ist ein super Film zum crossentwickeln; dass er wie Farbfilm im C-41 Prozess entwickelt werden kann, hat wahrscheinlich eher praktische Gründe, weil viele Labors das günstiger anbieten, weil es schnell geht und standardisiert ist.
In meiner immer dabei Kamera, der Rollei 35, hatte ich einen XP2 und wollte die Filmentwicklung mit Beerol ausprobieren. Es hat ganz wunderbar geklappt!

Ein paar gemütliche Kneipen in der Bonner Altstadt, mit Bier entwickelt: 

Viele Rezepte zur Filmentwicklung mit Bier gibt es, im Gegensatz zu Kaffee, noch nicht. Mein Bönnsch-Rezept baut im Prinzip auf dem bereits erprobten Caffenol Rezept auf und geht so:

500 ml Bönnsch
50 g Soda
12 g Vitamin C

Erst das Soda gut im Bier auflösen. Kleine Klumpen und Krümel ggf. mit einem Rührstab zerdrücken. Anschließend das Vitamin C dazu geben und gut umrühren.
Bei 20 Grad habe ich den Film 20 Minuten entwickelt. Zwei Minuten weniger hätten es aber wahrscheinlich auch getan. Die erste Minute kontinuierlich bewegen, dann unregelmäßig, alle paar Minuten schwenken…
Schließlich gut mit Wasser ausspülen (dann kann man sich das Stoppbad sparen) und mit Schwarzweiß-Fixierer großzügig fixieren.   

Mit Bier entwickelter Ilford 400 XP2 Super Film. Das Fell der Ziegen hat schöne Grautöne, man erkennt die Wimpern des Ponys und auch die Straßenszenen aus Bonn sind fein durchgezeichnet. 

Jeder, der schon einmal geblitzt wurde, kennt Verkehrsüberwachungsfilme.

Während der Corona-Zeit habe ich mit dem ORWO TC 27 ein bisschen den Bonner Verkehr überwacht. Das geschlossene Bordell, leere Verkehrsachsen und sportliche Flitzer… Einmal quer durch die Stadt bis zum Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur am Robert-Schuman-Platz.
Entwickelt mit dem Partytreibstoff Bier und Citrus-Vodka: Astra Rakete geht tierisch ab! So das etwas vollmundige Versprechen…

Der ORWO TC27 – 400 ISO schnell, für verkehrstechnische Überwachungsaufnahmen mit bester Schärfe bei jedem Wetter. Mit ‚Astra Rakete‘ auf Basis von meinem Beerol-Rezept 18 Minuten lang bei 23 Grad entwickelt. 

Wie anders der gleiche Film aussehen kann: Ein halbes Jahr später war ich wieder mit dem ORWO TC27 beim Verkehrsministerium und habe die Umgebung überwacht… Diesmal nicht mehr mit Bier & Wodka, sondern mit Atomal 49 entwickelt (1:2 für 18 Minuten). Der plastikartige Look ist weg und trotz Feinkorn-Entwickler wirkt der Film viel körniger und ist auf jeden Fall weniger ungewöhnlich.

Ein Novembernachmittag beim Robert-Schuman-Platz auf ORWO TC 27 Verkehrsüberwachungsfilm. Zum Vergleich diesmal ’normal‘ entwickelt. 

Wurstwasser eignet sich auch zur Filmentwicklung. Hier habe ich das Bier-Rezept genommen und einfach nur die Zeiten etwas verändert. Stramme Jungs haben 310 ml Wurstwasser, Deutschländer bringen knapp 350 ml von dem kostbaren Nass. Man muss das Rezept leicht umrechnen, dann kann man pro Wurstkonserve je einen Film entwickeln.

Hier meine Rezepte:

Ilford HP5+
310 ml Stramme Jungs Wurstwasser
33 Gramm Soda
8 Gramm Vitamin C

Eine Stunde bei Raumtemperatur (20 Grad) entwickeln, wenn es zu kalt wird, nach etwa der Hälfte der Zeit für 15 Sekunden in der Mikrowelle wieder aufwärmen. 

Fomapan 400 Action
350 ml Deutschländer Wurstwasser
35 Gramm Soda
9 Gramm Vitamin C

40 Minuten bei Raumtemperatur (20 Grad) entwickeln. 

Die Eröffnung der Karnevalszeit im Rheinland ist traditionell immer am 11.11. um 11:11 Uhr. Die Jecken versammeln sich auf dem Bonner Marktplatz, das Prinzenpaar und der Oberbürgermeister winken vom alten Rathaus. Mit Wurstwasser (Marke „Stramme Jungs“ bzw. „Deutschländer“) haben die Fotos ein sehr grobes Korn, wirken durch die lange Entwicklungszeit aber dennoch reichlich dicht und mit kernigen, groben Kontrasten.

Den ersten Wurst-Film, einen Ilford HP5+ habe ich eine volle Stunde lang entwickelt, dabei am Anfang öfter, gegen Ende immer weniger geschüttelt. Als das Wurstwasser irgendwann etwas kühl zu werden schien, habe ich die Entwicklungsdose mit dem Film für 15 Sekunden in der Mikrowelle wieder aufgewärmt.

Der Fomapan 400 Action im Deutschländer-Wurstwasser wirkt fast schon sandig, so grob ist das Korn. Nach nur 40 Minuten hat er weniger Kontraste als der Ilford, gleichzeitig wirken die Fotos dadurch aber auch weicher und einheitlicher, irgendwie ‚duftiger‘.


Erste Experimentelle Plattitüde:
Um sich zu entscheiden, wählt man meist zwischen verschiedenen Alternativen. Für Entscheidungen unter Ungewissheit gibt es verschiedene Regeln und auch subjektive Parameter, die einem Entscheidungsträger helfen können. Aber die Zukunft ist noch nicht bekannt und vielleicht ist auch die beste Alternative noch gar nicht bekannt – dann wäre die beste Entscheidung gar keine Wahl zwischen den erkannten und verstandenen Angeboten… Es kann sein, dass die beste Entscheidung im Moment keine Entscheidung ist. Gleichzeitig wissen wir aber, dass es nur vorangeht, wenn wir etwas tun. Und dafür müssen wir uns entscheiden. Ein echtes Dilemma!
Helfen kann hier aber das Experiment. Indem man sich das Ergebnis offen hält, kann etwas getan werden, ohne jetzt Entscheidungen fällen zu müssen. 

Zweite Experimentelle Plattitüde:
Die Mehrdeutigkeit und Ambivalenz mancher Kunstwerke fördert das freie Denken. Dialektische Prozesse sind meist gewinnbringend. Alternativen, neue Wege, andere Lösungen, Utopien: Kunst kann ein Podium für den Fortschritt bieten und Kunst ist der Ort, um die Zukunft durchzuspielen. Dabei ist das Experiment Mittel der Wahl, wenn es darum geht ergebnisoffen zu arbeiten.  
Experimente sind eine nachhaltige Arbeitsweise, weil man mit allem arbeiten kann, was sich ergibt. Adaption to changes… Durch die Verneinung der gewohnten Formen finden sich neue Lösungen. 

Entwickler und Fixierer sind sehr fein ausbalancierte Chemikalien. Wenn man seinen eigenen C-41 Entwickler zusammen kippt, besteht so ein Liter Chemie aus mehreren Komponenten Konzentrat. Ganz bestimmt hat es auch einen Sinn, dass man die einzelnen Komponenten erst so spät miteinander vermengt… Schließlich ist der Farbnegativ-Entwicklungsprozess standardisiert und nicht so dynamisch steuerbar wie der Prozess der Entwicklung von Schwarzweißfilmen.

Auf Pützchens Markt habe ich mich sehr gefreut. Extra für die Kirmes hatte ich einen Fuji Superia Venus 800 Film besorgt. Direkt im Anschluss, nachts, wollte ich ihn dann auch gleich entwickeln, habe aber leider die C-41 Chemie zu heiß gemacht. So sind die Negative sehr dunkel geworden. Wo der Epson-Scanner anschließend gescheitert ist, lieferte der Reflecta-Scanner diese Bilder:

Diesen Kodak Gold 200 Film habe ich nach zwei Monaten als 19. Film in meinem Rollei C-41 Kit bei 34 Grad 9 Minuten lang entwickelt und 30 Minuten im Bleichfixierbad geschwenkt, et voilà hier eine Auswahl mit Fotos, denen man die abgenutzte Chemiebrühe gar nicht ansieht.

Manchmal findet man noch in irgendeiner Kiste aus vergangenen Zeiten alte Filme. So kam ich über die Geschenke-Box im Atelier zu zwei Agfa XRG 200 Farbfilmen. Die Filme waren lose, ohne Döschen, und sahen schon ziemlich mitgenommen und zerkratzt aus.
Den ersten Film habe ich im Ennert Wald belichtet. Passend zur herbstlichen Jahreszeit habe ich Pilze gesucht und immer schön lange, eine 15tel Sekunde, und mit weit geöffneter Blende belichtet. Leider hatte das aber scheinbar nicht gereicht. Man sah überhaupt nichts und so habe ich den Film enttäuscht ungescannt in die Restmülltonne geworfen.
Den zweiten Agfa XRG 200 Film habe ich am folgenden Tag bei strahlendem Sonnenschein sehr unterschiedlich belichtet. Von einer 60tel Sekunde bis über 10 Sekunden. Es ist der 22. Film in meinem Rollei C-41 Kit  und wurde 10 Minuten bei 38 Grad entwickelt. Unter den 36 Fotos waren tatsächlich welche dabei, auf denen man Bonn wie in einem alten Geisterbild schemenhaft erkennen kann.

Sehr überrascht von dem Ergebnis, habe ich am folgenden Tag in unserem Müll gewühlt und den alten Filmstreifen vom vergangenen Wochenende zwischen Kaffeesatz und Farbresten hervor gepult. Vielleicht hatte ich ja doch etwas übersehen? An vielen Stellen war der Film zusammengeklebt. Mit ordentlich Kernseife abgeschrubbt, sah er aber schon bald nicht mehr ganz so unappetitlich aus. Sehr neugierig habe ich ihn schließlich eingescannt und tatsächlich – wo man mit bloßem Auge nichts erkennen konnte, fand der Reflecta Scanner diese Pilz-Fotos.

Pilze auf meinem mittlerweile sehr in Auflösung begriffenen, verschimmelten und angegammelten ersten Agfa XRG 200 Farbfilm. In abgelaufener Chemie entwickelt und zwei Tage im Müll gelegen – ich glaube schlimmer kann man einen Film nicht behandeln. 

Beim Experimentieren gibt es theoretisch erstmal keine Grenzen. Praktisch sollte aber dennoch, bei allem was man tut, am Ende ein Ergebnis stehen. Schade ist deswegen, wenn man nichts mehr erkennen kann.
Ich persönlich habe mehr Angst vor schlecht fixierten Filmen als vor schlecht entwickelten Filmen. Denn das fertige Foto, egal wie es letztendlich aus dem Döschen in die Welt kommt, ist für mich als Original kostbar und einzigartig. So möchte ich es nicht beim ersten Morgenlicht, nach ein paar Stunden wieder verlieren. Auch die Möglichkeit später Abzüge zu erstellen oder bessere Scans zu machen finde ich wichtig…

Bei meinen Experimenten mit alten Chemikalien fixiere ich deswegen immer sehr lange und tausche dabei öfter die Chemikalien aus – in der Hoffnung das der Film dabei noch ein paar letzte übriggebliebene Nährstoffe abgreifen kann…

Mit einem lose gelagerten Kodak Gold 100, der wahrscheinlich irgendwann in den 90ern abgelaufen war, bin ich auf den Flohmarkt in den Rheinauen gegangen.
Entwickelt habe ich die ganze Chose in meiner abgelaufenen C-41 Brühe. Inzwischen sind 23 Filme durch den vor drei Monaten angesetzten Liter Chemie gelaufen.

Auch ohne Farbkorrektur, nur durch hellere Beleuchtung, bekommt man mit dem Epson-Scanner teilweise immer noch sehr schöne Farben.

Weil ich ihn zu lange und zu heiß entwickelt habe, ist der Film sehr dunkel. Das Weiß, der Himmel und alle hellen Stellen sehen deswegen mit dem Epson-Scanner gestreift und lila aus. Mit dem Reflecta-Scanner bekommt man jedoch aus fast jedem Film noch ein Bild, nur die Farben sind weniger leuchtend.

Ein besonders schöner Effekt in alten Filmen ist, wenn sich die Farben verschieben. So ergeben sich teilweise sehr malerische Situationen, wie hier auf dem alten Kodak Gold 100 morgens unterwegs zum Flohmarkt.

Ansonsten sind abgelaufene Filme vor allem weniger lichtempfindlich. Belichtet man sie deswegen allerdings zu kräftig, sieht man auch nichts mehr. Es ist also nicht einfach so, dass man „stärkere“ Informationen bräuchte: Altes Material ist gleichermaßen stumpfer wie flacher. Die Filme sind weniger dynamisch und wie man an den Pilzfotos aus dem Ennert sehen kann, verblassen die Farben auch immer mehr – bis sie schließlich ganz verschwinden.

Im C-41 Prozess wird der ganze Film einheitlich durch längere Entwicklung dunkler, bis er kaum noch lesbar ist. Man bekommt also durch eine Überentwicklung keineswegs härtere Kontraste, wie bei einem Schwarzweißfilm. Und auch abgelaufene Chemie macht den Film sehr schnell dunkel.
Knackige Kontraste und bunte Farben bekommt man nur mit frischer Chemie, mit einigermaßen korrekten Zeiten und Temperaturen und mit neuem oder gut gelagertem Filmmaterial.

Eine echte Rarität ist dieser Wephota PAN 100 Schwarzweißfilm. Ich habe ihn in einem Antiquitäten-Fotoladen in Berlin MItte gekauft. Wenn man sich allein das zeitliche Verhältnis überlegt: Da schlummert der Film für viele Jahrzehnte in einem Schubfach – um dann im Bruchteil einer Sekunde seine Bestimmung zu erfüllen.

Mit diesem uralten Wephota Schwarzweißfilm bin ich auf die Suche nach Strukturen und winterlichen Formen, Bäumen und Ästen am Rheinufer gegangen. Der erste Film in meiner neuen Kiev 4 mit Jupiter 8 Objektiv: 

Ziemlich jeck erscheint dieser im August 2002, inzwischen über 20 Jahre abgelaufene Fuji NPS160 Film. Es ist ein feiner Film mit sehr schön ausbalancierten Farben und natürlichen Hauttönen. Nun, nach so langer Zeit, war ich wirklich überrascht, wie knackig und frisch die Farben noch wirken. Um dem Gewusel und Remmidemmi des Karnevals gerecht zu werden, habe ich ihn zart doppelbelichtet: Im zweiten Durchlauf mit Mustern, Farben, Unschärfen…

Karneval mit der Zorki und Jupiter 12 Objektiv auf über 20 Jahre abgelaufenem Fujifilm: 

Die Kirschblütenzeit in Bonn färbt jedes Jahr im April die Altstadt rosa. Hier habe ich die rosa Blütenpracht auf altem, 2007 abgelaufenem Adox ADOCOLOR INSTAMATIC FILM ADC 200 eingefangen. Tatsächlich steckt in dem klobigen Plastikdöschen mit dem Instamatic Film glaube ich Filmmaterial von Ferrania; eines der letzten… Es sind wunderschöne warme Farben und ich freue mich sehr, so einen raren Film ergattert zu haben. Es war ein Paket auf Ebay, zusammen mit einer kleinen Kodak-Instamatic Kamera. Von der Größe her ist der Film genau wie 35 mm Kleinbild-Filme. Nur fehlen ihm die Perforationslöcher. So ist die tatsächliche Bildfläche größer bzw. wenn man seine Instamatic-Kamera mithilfe des Fakmatic-Adapters und Kleinbildfilmen lädt, geht das Bild über die Perforationslöcher hinweg.

Kirschblüten auf abgelaufenem Instamatic-Film: 

Einige Wochen später gab es in den Bonner Rheinauen ein Ballonfestival mit vielen bunten Heißluftballonen. Hier habe ich meinen zweiten Adox Instamatic Farbfilm verknipst.

Der Adox KB17 galt in seiner Zeit als „The German Wonderfilm“. Ein Wunder ist dieser Film auf jeden Fall! Expired im Januar 1960 habe ich damit während der Corona-Krise Anfang April 2020 einen Spaziergang durch die Stadt gemacht und versucht Schönes und Hoffnungsvolles zu finden: Blühende Kirschbäume in der Bonner Altstadt, sonnige Plätze und die Bonner Oper, welche silbrig glänzend vielleicht nicht direkt das Kronjuwel am Rhein ist, aber doch auf jeden Fall eine interessante Architektur hat.

Der Film hat 40 ISO – das läßt heute keinen mehr vor Begeisterung aufjauchzen, war aber damals echt toll. Als erster Dünnschichtfilm machte der KB17 die Marke ADOX weltweit bekannt. Alle Fotos hab ich mit 1/125 Sekunden bei Blende 2,8 mit der Zorki4K gemacht. Entwickelt mit Kaffee/Caffenol.

Caffenol-C-L
300 ml Wasser
5 gr. Wasch-Soda
3 gr. Vitamin C
12 gr. Löslicher Kaffee
1 Meßlöffel (0,5-1 gr) Kaliumbromid

70 Minuten Entwicklungszeit: Am Anfang viel und dann immer mal wieder alle 10-20 Minuten ordentlich durchgeschüttelt.

Mit weit geöffneter Blende verzeichnet mein Jupiter 12 Objektiv (35mm) die Ränder immer so schön! Lichter, Glitzern, Blätter und alles was nicht in der Mitte ist, wird unscharf und immer mehr abstrahiert zu kleinen Häkchen, Wolken und verschwimmt am äußersten Rand in einem großen grauen Strudel.

Hier eine Auswahl mit Fotos vom ADOX KB17. Kirschblütenzeit in Bonn, sonnige Straßen und Plätze und ein Spaziergang um das Bonner Opernhaus: 

Experimente sind oft auch enttäuschend. Als Künstler kann man sich da teilweise trösten und über Fehler hinweg täuschen – man kann behaupten das wäre so gewollt, das Ergebnis sehr freilassend interpretieren oder so lange in einen anderen Zusammenhang bringen, bis es dann schließlich doch noch irgendetwas Besonderes hat.
Für einen selbst bleibt es aber dennoch enttäuschend und wer sich zu oft selbst belügt, verliert die Energie und Motivation für neue Experimente.

„Keine noch so große Zahl von Experimenten kann beweisen, dass ich recht habe; ein einziges Experiment kann beweisen, dass ich unrecht habe“ – Albert Einstein

Besser ist deshalb, man gesteht sich die Fehler ein und versucht zu verstehen woraus sie resultieren.
Schade um das Material, aber weg damit!
Aufheben und kleben an alten, halbgaren Dingen und gescheiterten, enttäuschenden Experimenten ist nur hinderlich. Ausmisten macht Spaß und besonders wenn man umgekehrt dabei kleine Schätze und geglückte ältere Arbeiten entdeckt, führt das Entrümpeln oft auf neue Fährten und weist eine Richtung, in die man weiter forschen könnte.


Von meinem ersten Doppelbelichtungs-Experiment war ich ziemlich enttäuscht. Ich hatte mir die Kombinationen extra ausgesucht; Immobilienhai, Pac-Man…
Die Belichtungszeiten habe ich aber dummerweise auch halbiert und hatte dadurch nur zwei flaue, unterbelichtete Fotos übereinander.
Außerdem ist der Kodak T400 CN ein in meinem Fall völlig unnötiger Film (Schwarzweiß-Film für Farbchemie) und hat mir meine ganze C-41 Chemie eklig violett verfärbt. 

An einem grauen Wintertag war ich mit dem ORWO UN54 und meiner Kiev 4 Kamera spazieren. Als der Film voll war, hatte ich tatsächlich nur langweilige Fotos gemacht. Es war nicht eine Aufnahme dabei, bei der ich dachte: WOW! Da bin ich mal gespannt… So beschloss ich nicht ganz zurück zu spulen, sondern den Film einfach nochmal durch zu knipsen.
Bei diesem Doppelbelichtungs-Experiment sind schließlich ziemlich interessante Bilder entstanden.

Doppelbelichtungen auf ORWO UN54 Film, 70 Minuten bei 19 Grad mit meinem bewährten Caffenol CL Rezept entwickelt: 

Mit einem 2011 abgelaufenen Paradies-Film von dm bin ich den „Weg der Demokratie“ in Bonn gegangen.
In einem zweiten Schritt habe ich anschließend den Film mit Deutschlandflaggen, Symbolen und Deutschlandkarten kurz und unscharf doppelbelichtet. So haben manche Fotos einen gewissen Instagram-Vintage-Look bzw. als hätte eine App ihren Retro-Filter darüber gelegt. 

Mit einer Tageskarte bin ich zu jeder unterirdischen U-Bahnstation in Bonn gefahren. Auf dem Hinweg habe ich den Film voll fotografiert, auf dem Rückweg dann doppelt belichtet. 
Für den Scan habe ich die automatische Hintergrund-Beleuchtung und die automatische Farbkorrektur eingeschaltet. So sind diese Fotos sehr knackig und bunt.
Dies ist der 17. Film, den ich in 6 Wochen mit einem Liter Rollei C-41 Chemie entwickelt habe. Bei einer Temperatur von etwa 32 Grad habe ich 9 Minuten entwickelt und 23 Minuten Bleichfixiert. 

Um Gas zu sparen, haben wir im Atelier über den Winter die einfach verglasten Fenster mit Noppenfolien abgedeckt. Das hab ich zum Anlass für ein Dreifach-Belichtungs-Experiment genommen.
Hier mit der Zorki und Jupiter 9 Objektiv auf Adox CMS 20 II Film, in Caffenol C-L für 70 Minuten, Standentwicklung.

Abstrakte Fotos mit Bubble-Bokeh, Noppenfolie und Neonröhren dreifachbelichtet und mit Kaffee entwickelt. 

Bunter Rummel Bummel. Nach zwei Jahren Corona war im September 2022 endlich wieder Pützchensmarkt! Hier quitschbunte Doppelbelichtungen mit der Zorki auf ziemlich rarem LOMO 800 Farbfilm.

Pützchensmarkt doppelt und in Farbe 🙂


Jede künstlerische Technik hat ihre materialimmanenten Vergröberungen.
Sei es die Struktur der Leinwand, die Handschrift des Pinsels, der Duktus und die Pastosität der Farben in der Ölmalerei – beim Foto haben wir dafür das Korn, das Bokeh, die Unschärfen, Lichtreflexionen und Kontraste…

Nur dadurch, dass jedes Material seine eigenen Vergröberungen hat, ist es relevant welches wir wählen. Ohne diese spezifischen Qualitäten wäre es egal, welches Material man nimmt.
Man kann auch fotorealistisch Malen und Fotos können auch wie fluffige Aquarelle aussehen.
Prinzipiell ist es aber wichtig die materialimmanenten Vergröberungen zu kennen und ihre besonderen Eigenschaften gezielt einzusetzen.

Ein kleiner Taschenblitz eröffnet ganz neue Horizonte. Fotografieren mit Blitz ist etwas völlig anderes: Die Belichtungszeiten spielen keine große Rolle mehr, einen billigen Standardblitz steuert man vor allem über die Blende.
Nachmittags im November habe ich erste Blitz-Experimente mit der Rollei 35 gemacht. Den Blitz umdrehen, Spiegelungen und Reflexionen, die harten Kontraste – mit einer neuen Lichtquelle kann Bonn ziemlich absurd aussehen.

Geblitzte Fotos mit der Rollei 35 auf Bergger Pancro 400 Schwarzweißfilm:

Die Mikrowelle taugt für viele urbane Legenden. Ob Hamster, Katze oder Eisenlöffel – es gibt einiges, was nicht in die Mikrowelle gehört. Dennoch reizt sie mit ihrer unsichtbaren „Zauberkraft“ und lädt zu Experimenten ein. Inzwischen habe ich sowohl einen Schwarzweißfilm wie auch einen Farbfilm bei voller Kraft in die Mikrowelle gelegt. Jeweils fertig eingespult in der Entwicklerdose für 7 Sekunden, bevor ich ihn gewässert und entwickelt habe. Da passiert gar nichts.
Legt man ihn während der Entwicklung mit der Chemie zusammen in die Mikowelle, fliegt irgendwann der Deckel vom Döschen, weil die Chemie anfängt heiß zu werden und etwas dampft. Dem Film scheint das aber ebenfalls nicht geschadet zu haben, außer dass er durch die hohe Temperatur ziemlich kräftig entwickelt wurde.
Bei nicht sehr empfindlichen Filmen passiert übrigens auch beim Sicherheits-Röntgen des Handgepäcks am Flughafen überhaupt nichts. Speziell dazu gibt es im Internet sehr interessante Beiträge mit Beispielfotos. Bei empfindlichen Filmen über ISO 800 können sich nämlich sehr wohl unschöne Streifen ergeben, wenn man sie röntgt.


Der Abend ist ein Abschied vom Tag. Aber auch Feierabendlaune und Gemütlichkeit schwingen da mit. Viele Gedichte zur Nacht sind bang und wehmütig. Dunkelheit, Schatten, Stille und Ruhe, die sich wie ein schwarzer Schleier über die Welt legen…

„Ich wandre durch die stille Nacht,
Da schleicht der Mond so heimlich sacht
Oft aus der dunklen Wolkenhülle,
Und hin und her im Tal
Erwacht die Nachtigall,
Dann wieder alles grau und stille.“ – Joseph von Eichendorff

In meiner Stadt singt keine Nachtigall. Aber immer noch lädt die Nacht zum Philosophieren ein:

„Wie durch den Eintritt der Nacht die Welt verschwindet, dabei jedoch keinen Augenblick zu sein aufhört; ebenso scheinbar vergeht Mensch und Tier durch den Tod, und eben so ungestört besteht dabei ihr wahres Wesen fort.“ – Arthur Schopenhauer

Auch wenn man sagt, der Tag hat Augen, die Nacht hat Ohren, gibt es Licht in der Nacht. Es ist aber ein anderes. Das Licht der Nacht ist räumlich viel differenzierter: ferne Lichter, sich nähernde Autos, Mondlicht, Laternen, das Glitzern der Stadt. Abendlichter haben oft noch etwas Magisches. Sie funkeln innerhalb der Szenerie. Im Zwielicht, im Halbdunkel tummeln sich Gestalten, sieht man Grüppchen mit Menschen. Nacht ist die dunkle Luft zwischen zwei Wirtshäusern, mag sich der Kneipengänger denken.

„In lieblicher Nacht
am Wegrand glimmendes Licht
Glühwürmchenhoffnung.“ – Enno Ahrens

Es macht regelmäßig Spaß abends mit einer alten analogen Kamera und frisch eingelegtem Film durchs eigene Stadtviertel zu streifen und die Stunden nach Sonnenuntergang zu erleben: Wenn die Geschäfte schließen, wenn die letzten Besucher nachhause gehen, wenn auf dem Weihnachtsmarkt die letzte Runde Glühwein getrunken wird. Für einen vergnügten Foto-Abend braucht man nicht viel.

Hier habe ich einen der günstigsten Schwarzweißfilme, den tschechischen Fomapan 200 genommen und nach dem Zeichnen im Atelier nächtliche Langzeitbelichtungen in meinem Stadtviertel gemacht. 

In einer Sommernacht unterwegs zu sein ist so vollkommen anders als das Dunkel des Winters. Im Winter gibt es eine Zeit, da gehen die Tage viel zu schnell herum. Und plötzlich ist es wieder dunkel. Oft will ich den Tag noch nicht beenden und möchte noch mal raus.

„Und so bringst du diese Erde,
Bringst mein Herz zur Ruh,
Daß es still und stiller werde,
Schöne Nacht, wie du!“ – Carl Hermann Busse

Auch abends kann man noch Foto-Spaß haben, denke ich dann.

Hier habe ich mir die Zorki mit einem Drahtauslöser geschnappt und Langzeitbelichtungen um die neu renovierte Viktoriabrücke gemacht. Vor allem wollte ich Blendensterne sammeln und lange Aufnahmen mit möglichst weit geschlossener Blende machen. Beim Jupiter 12 Objektiv ist das Blende 22. 

Diesen Ilford PAN 400 Film habe ich 12 Minuten bei 22 Grad im Caffenol Deltarezept entwickelt. Es war kalt im Atelier und 2 Minuten mehr hätten ihm sicher noch gut getan. So sind die Negative nicht so dicht und manchmal sehen die Staubkörnchen aus wie kleine Sterne. 

Je weiter der Abend vorschreitet, desto tiefer wird die Nacht. Lichter in der Nacht werden immer mehr existenziell. Sie geben uns Orientierung und weisen den Weg. Wir können uns ihnen nähern und uns von ihnen leiten lassen.

„Gegen die Nacht können wir nicht ankämpfen, aber wir können ein Licht anzünden.“ – Franz von Assisi

Closing Time… Winterabend mit der Zorki Kamera, dem Jupiter 9 Objektiv und Adox HR-50 Film auf dem Bonner Weihnachtsmarkt. 

Kind unter Regenbogen

Notes for Sustainability

Gedanken über die Zukunft, Veränderung und Entwicklung.

Alles ist möglich, wenn wir es uns vorstellen können. Wir brauchen Bilder davon, wie eine heile Welt aussieht.
Was ist das gute Leben, dass sich alle wünschen?

Diesen Winter habe ich angefangen Notizbücher zu führen und Gedanken über den Klimawandel, über die Zukunft und über gesellschaftliche Probleme gesammelt.
Jetzt sind zwei Bücher vollgemalt und vollgeschrieben und hier möchte ich einen kleinen Einblick geben.

Seit vielen Jahren sehen wir immer weiter diese düsteren Prognosen, immer wärmere Kurven, immer mehr rote Diagramme und wir rutschen und schwitzen von einem heißesten Jahr zum nächsten. Die ganze Erkenntnis nützt ja nichts. Ich glaube niemand ändert gerne sein Verhalten um etwas zu vermeiden.

Erste Seite meines ersten Notizbuchs

Sehr viel motivierender ist es doch, das Verhalten zu ändern um etwas zu gewinnen. Wir gehen ja auch nicht arbeiten um weniger Geld zu verlieren, sondern stehen gerne früher auf, wenn wir dafür belohnt werden.
Wie sieht die Zukunft aus, die wir uns wünschen? Es bringt nichts, den Menschen mit Schreckensszenarien Angst zu machen. Bilder vom Weltuntergang haben wir inzwischen genug gesehen. Aber was ist die Welt, die wir aufbauen wollen? Wie wäre die Welt, wenn wir einen Wunsch frei hätten, wenn wir zaubern könnten?

„Schönheit ist notwendig um den Menschen Veränderungen schmackhaft zu machen. Unser Verlangen nach Schönheit und neuen Erfahrungen treibt uns an.“  – Daan Roosegaarde, niederländischer Künstler

CO2 = Diamant und Sauerstoff

Heute sind es nicht nur Künstler und Handwerker, die Schönes erschaffen. Heute sind ebenso Wissenschaftler, Ingenieure, Journalisten, Politiker und Informatiker am Gestalten der Zukunftsbilder beteiligt.
An der ersten Mondlandung sehen wir z.B. wie viele Menschen in kürzester Zeit ein gemeinsames Ziel erreichen und dabei technisch weit über ihren vormaligen Horizont hinauswachsen können.

Die wichtigste Aufgabe eines Raumschiffes ist, das Überleben der Mannschaft zu sichern. Die Erde ist unser einziges Raumschiff und wir haben verstanden, dass sie bei unserer Fahrweise Fehlfunktionen bekommt, kaputt gehen kann und nach all den Jahren der Industrialisierung auch einmal gewartet werden muss.
Umwelt- und Naturschutz dienen deswegen dem langfristigen Sichern unseres Überlebens und sind kein Gutmenschentum.

Das Ende ist nah!

Stadt am Meer

Über Filme, Bücher und Serien ist uns der Weltuntergang schon vertraut. Älteste Endzeiterwartungen finden wir schon im 8. Jahrhundert v. Chr. mit den ersten Unheil-Prophezeiungen. Die Apokalypse wird seitdem in vielen Facetten durchgespielt. Manche Leute warnen ständig eindringlich vor dem nahen Ende und sogenannte „Preppers“ bereiten sich sogar ganz aktiv darauf vor…
Dabei zeigt jedes mir bekannte Weltuntergangsszenario immer noch vereinzelte Protagonisten und Helden.
In der echten Apokalypse gibt es jedoch keine Helden.
Schon lange bevor die Welt untergeht, werden die Menschen ausgestorben sein. Die Apokalypse ist folglich auch nichts, was uns passieren kann – ganz einfach deshalb, weil es uns schon lange Zeit vorher nicht mehr geben wird.

„Das Ende“ und der Weltuntergang haben eine besondere, schaurig schöne Faszination. Diese Ästhetik sollte uns aber nicht davon abhalten die Ärmel hochzukrempeln und irgendetwas zu unternehmen.
Menschen sind gegenüber der Natur sehr klein und es ist in erster Linie eine Frage des Selbstschutzes, wenn man etwas Ehrfurcht und Achtung vor der Umwelt zeigt. Falls wir es nicht schaffen das Klima in einem für uns erträglichen Rahmen zu halten, wird sich die Natur ohne uns anpassen.
„Survival of the Fittest“ bedeutet im Sinne der Darwin’schen Evolutionstheorie das Überleben der am besten angepassten Individuen. Wer es nicht hinbekommt, ist einfach nur selber schuld.

Soweit die Schrecknisse. „Notes for Sustainability“ weiterlesen

Einblick und Standpunkte zum Wald

Nicht nur im Märchen kann man sich im Wald verlieren. Wald bedeckt ein Drittel unseres Landes und ohne menschliches Zutun wäre ganz Deutschland tief unter einem riesigen Wald versteckt.

Der „Deutsche Wald“ ist voller Romantik, Sehnsüchte, Ängste und überhaupt kulturell sehr aufgeladen. Ein Spaziergang durch den Wald macht beschwingt, vergnügt, frohgemut und munter.

Wie z.B. das Genre „Porträt“ bietet auch der Wald unendlich viele künstlerische Motive. Joseph Beuys Kunstwerk „7000 Eichen – Stadtverwaldung statt Stadtverwaltung“ war exemplarisch für die 80er Jahre. Auch heute gibt es an vielen Orten Waldkunstpfade und Künstler, die sich mit Wald, Holz und allem was dazugehört beschäftigen.

Die Verbindung der Lebewesen untereinander ist, neben der Funktion des Einzelnen, Teil des Systems Wald. Mit Aquarell und Tusche habe ich erste Eindrücke vom Wald als ganzheitlichem Ökosystem festgehalten. Hier eine Auswahl mit Arbeiten auf Papier, alle 36 x 48 cm

Ich habe mich mit dem Wald beschäftigt, weil der Wald für mich der Inbegriff für Natur ist. Will ich Natur erleben, gehe ich in den Wald. In Deutschland haben wir herrliche Laubwälder, finstere Nadelwälder, große Naturschutzgebiete… Neben fast jeder Stadt ist auch ein Wald, der als „grüne Lunge“ und als Naherholungsgebiet dient. Bei all den Waldflächen überall mag man dann auch kaum glauben, dass es hier schon sehr lange kaum noch völlig „natürliche“ wilde Wälder gibt. Die meisten Wälder gehören jemandem und werden intensiv genutzt. Forstwirtschaft und Jagd folgen festen Regeln und Abläufen und prägen quasi sämtliche bewaldete Flächen in Deutschland und überhaupt in weiten Teilen der Welt. „Einblick und Standpunkte zum Wald“ weiterlesen

Kreise, Kosmos und Kollisionen

Kreise laden direkt zu philosophischen Eskapaden ein.
Einen Sommer lang habe ich mich viel mit Kreisen beschäftigt. Parallel zur Arbeit an einer neuen Serie (10 Blätter à 56×76 cm) mit Aquarell, Öl und Tusche auf großem Büttenpapier habe ich versucht über den Anfang, das Ende, den Urknall und die Expansion des Universums nachzudenken.

Der Urknall

„Das Weltall ist ein Kreis, dessen Mittelpunkt überall, dessen Umfang nirgends ist.“ – Blaise Pascal

Egal was man nimmt, wenn man es lange genug teilt, halbiert und zerkleinert, am Ende wird man in einer abstrakten Dimension zu winzigen Teilchen kommen. 

Eher gasförmige Systeme

Teilchen die zu klein für eine weitere Teilung sind, messen wir eine kreisrunde Form zu. Hätten sie noch Kanten, könnte man sich zumindest vor dem inneren Auge eine weitere Teilung bzw. Zerberstung oder Absplitterung vorstellen. Aber ganz am Ende, wenn es einfach nicht mehr kleiner geht, ist man bei einem abstrakten runden Etwas angekommen. Etwas, dass vielleicht mehr Energie als Masse ist und irgendwo zwischen den Dingen existieren mag… 

Doch auch im allerkleinsten Punkt verliert die Kreisform nie ihr wesentliches Merkmal: Dass sie immer zwei Seiten hat, dass sie immer ein Inneres von einem Äußeren trennt. Dadurch, dass sie da ist, markiert sie einen Ort. Und egal wie groß oder klein, jeder Ort ist einer Kraft ausgesetzt und dadurch ist seine Form auch nie unendlich. 

„Denn alles Übrige hört auf, sich zu bewegen, wenn es an den ihm bestimmten Ort gelangt ist. Nur für den im Kreis sich bewegenden Körper fällt der Anfangs- und Endpunkt seiner Bewegung zusammen.“ – Aristoteles

Erste Verdichtungen, Krusten und Kreisfragmente

Möchte man sich die unendliche Größe des Weltalls vorstellen, kommt man abstrahiert auch immer wieder zu einer runden Kreisform. Im Unendlichen fällt es schwer an Kanten und Ecken zu denken, wären diese mit ihren Winkeln und Seiten doch viel zu umständlich, um nicht wiederum nur Teil von etwas noch Größerem zu sein. Eine gerade Kante bekommt irgendwann immer eine Beule. Straffe, feste Seiten fransen irgendwann aus, werden brüchiger und verteilen sich immer weiter. 
„Kreise, Kosmos und Kollisionen“ weiterlesen

Information, Vertrauen und Angst

Dunkle Straße und grelle Lichter in einer Winternacht.

Vertrauen muss man lernen und genau wie man beim Sport ohne Training nicht sehr weit kommen wird, ist auch Vertrauen nicht möglich, ohne dass dahinter gute Erfahrungen und Erlebnisse stehen, die uns positiv geprägt haben.
Informieren ist eigentlich ein künstlerischer Prozess. Informieren kommt definitionsgemäß von In-Form-bringen, eine Gestalt geben, also von formen und bilden.
Hier möchte ich nun ein paar Überlegungen zu Informationen und Vertrauen anführen.
Wenn man reflektiert und sich klar macht, warum man etwas wichtig findet, warum man etwas glaubt und wieso man von etwas Bestimmtem überzeugt ist, kommt man schnell an die Grenzen seiner Vernunft. Schließlich kann jede Information auch falsch sein. Man kann theoretisch alles als Kontraindikation sehen und genau gegenteilig handeln oder ganz andere Ursachen suchen. Wahrheit und Lügen ist rational nicht einfach beizukommen.
Unser ästhetisches Gefühl hilft uns, einer Informationsquelle zu vertrauen. Wer oder was uns informieren darf, was uns also formen, prägen und in eine Gestalt bringen darf, wird letztendlich nach ähnlichen Gesichtspunkten entschieden, wie sie z.B. auch in der Kunst gelten. Der innere Maßstab ist immer der selbe. Zur Orientierung in der Informations- und Bilderflut, um all die Reize und Mitteilungen richtig zu filtern, muss etwas sehr persönliches in uns aktiv mithelfen: Verständnis, Einfühlungsvermögen und Vertrauen.

Liebesschlösser sichern die Liebe.

Angst ist das glatte Gegenteil von Vertrauen. Angst haben wir, weil wir etwas nicht verstehen, uns nicht einfühlen können und uns unsicher sind. Haben wir Angst vor etwas, richten wir unsere Aufmerksamkeit verstärkt darauf. Wir schauen genau hin, versuchen uns leise zu konzentrieren und wenn wir dann noch nicht weggerannt sind, wenn wir sehen und verstehen was es ist, können wir uns vielleicht wieder sicher fühlen. Angst und Sorgen sind etwas ganz Normales aber immer auch nur Temporäres. Meistens können wir sie durch eine Information schnell beschwichtigen, wir müssen nachschauen, überprüfen und uns dann wieder entspannen.

Was passiert mit der Liebe, wenn man alle Schlösser knackt?

Sind wir vernetzt, möchte uns jedes Medium seine Informationen anbieten. Zeitungen, Facebook, Nachrichtensendungen, Twitter, Blogs – alle wollen uns über wichtige Sachen in Kenntnis setzten. Wir werden über unseren Blutdruck ebenso belehrt wie über die Anzahl der Schritte, die Meinungen von Bekannten bei Facebook und was in der Welt sonst so die ganze Zeit passiert. All diese Informationen möchten für uns bedeutsam sein und stehen immer in einem Wettbewerb um unsere Aufmerksamkeit. Um in diesem Wettbewerb wahrgenommen zu werden, braucht die Information einen Anker, damit sie uns persönlich betrifft. Am besten funktioniert das mit einem Gefühl: Positiv oder negativ. Hauptsache für jede Meldung ist, der Informationswert weicht von „Normalnull“ ab und wird als wichtig wahrgenommen.
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