Kamera mit analogen Filmen

Zum 50. Geburtstag der Zorki

Die Zorki 4K ist seit 5 Jahren meine treue Begleiterin bei allen Fotoabenteuern. Es ist eine robuste, rein mechanische Kamera. Mein Modell wurde 1974 gebaut – dieses Jahr wird meine Lieblingskamera 50! 

Zu diesem runden Jubiläumsgeburtstag möchte ich hier nun ihre besten Fotos zeigen. Die glücklichsten Schnappschüsse, gelungensten Ergebnisse der gemeinsamen Zeit… Es soll sichtbar werden, was die Kamera kann und warum sie meine Lieblingskamera ist. 

Der Geburtstag selbst wurde gebührlich gefeiert: Es gab eine Party mit Ballon, Yes-Törtchen und sogar eigene Briefmarken für die Post im Jubiläumsjahr. Ein Fotobuch hält die 50 schönsten gemeinsamen Erinnerungen fest. 

Die Geburtstagsparty:

Aber wie kann es jetzt weitergehen? Geburtstage haben immer auch etwas mit Zukunft zu tun und die Fotografie ist ein großes Feld!
Hier soll ein Beitrag entstehen, der in den nächsten Monaten und Jahren weiter wachsen kann. Dafür habe ich 50 Impulse gesammelt. Fragen an die Fotografie. Stimuli, die provozieren, triggern, mit denen sich Fotografinnen und Fotografen beschäftigen können und die oft auch wahrlich nicht einfach und kurz beantwortet werden können.

Teil 1:
50 Fotos zum 50. Geburtstag

Die Zorki hat ihren Charakter und das Jupiter 12 Objektiv verleiht so manchem Foto eine eigene Prägung. Aber für mich sind sie das Dreamteam. Würde ich mit einer teuren Leica nachts unbekümmert durch Palermo schlendern? Will ich mehrere Kilo Fotoausrüstung über Mumbais Märkte schleppen? Hält der Akku an einem frostigen Wintertag bei Minus 12 Grad? Können mir Meerwasser und Sand etwas anhaben? Die Zorki hat null Elektronik. Es gibt keine Batterien. Sie ist leicht, ich kann alles einstellen, und vor allem ist sie zuverlässig! Sie funktioniert bei jedem Wetter, schnappt und surrt sauber ihre Zeiten ab, und mit dem praktischen Spannhebel kann ich in besonderen Situationen auch mal schnell viele Fotos hintereinander schießen. 

Die Auswahl der Fotos war schwierig. Was möchte ich zeigen? Worum geht es eigentlich? Fotos können auch angeben: „Schaut mal, wo ich überall war!“ Manche Fotos sind eher private Erinnerungen. Der experimentelle Aspekt ist beim analogen Fotografieren ebenfalls interessant: Abgelaufene Filme, alternative Filmentwicklungsmethoden… 

Mir ist wichtig, dass es nicht nur gute, sondern besondere Fotos sind. Es sollen Fotos sein, über die ich mich richtig freue! Nicht nur, weil sie gelungen sind, sondern weil auch ein bisschen Glück dabei war. Manchmal passiert es. Dann fügen sich die Dinge zusammen und ZACK, hat man genau den richtigen Augenblick erwischt: Eine Straßenszene, ein Blick, Lensflares an der genau richtigen Stelle, die Szene passt perfekt zur Emulsion des Films… Solche Fotos sind wie ein Geschenk. Zu jedem dieser 50 ausgewählten Bilder kann ich etwas erzählen. Es sind glückliche Momente, in denen ich eine Resonanz erlebt habe: Nicht nur ich, sondern die Welt und meine Kamera vereint. Hier sind 50 Fotos, die wir gemeinsam geschaffen haben.

50 ausgewählte Fotos der Zorki 4K:


Teil 2:
50 Impulse zur Fotografie
 

Beginn eines Diskurses: 50 Punkte zur Reflexion 

  1. Fotografie und Technik. Mehr als in vielen anderen Kunstformen ist der technische Aspekt beim Fotografieren oft (zu sehr?) zentral.
  2. Mut, künstlerische Qualitäten zu benennen. Und auch Kritik an Bildern zu äußern. Warum sind Rezensionen oft nur wohlwollend und langweilig? Warum sind so viele Kommentare undifferenziert? Genau beobachten, benennen, was auffällt, Fachsprache und ein ehrlicher, offener Austausch würden die Kommunikation über Kunst interessanter gestalten.
  3. Über die Liebe zu Gegenständen, durch die man künstlerisch tätig wird. Bezüge zu Hartmut Rosa und „diagonalen Resonanzbeziehungen“.
  4. Fotografierende als „Jäger und Sammler.“ Fotografie und Macht bzw. „Aneignung“ im Akt des Fotografierens.
  5. Sentimentalität und Fotografie. Die Welt der Fotografie ist oft sentimental, nostalgisch und auch kitschig. Warum ist das so? Was würde passieren, wenn man bewusst „nüchtern“, sachlich oder dokumentierend fotografiert? Impulse zur Reflexionen dazu könnten beispielsweise bei den „Bechers“ und der „Düsseldorfer Photoschule“ gefunden werden.
  6. Fotos als Statussymbole. Mein Haus, mein Auto, mein Boot… Fotos zeigen unsere Welt und dokumentieren, was wir uns leisten können und wie wir unser Leben gestalten.
  7. Zur Erinnerung und über das Vergessen. Fotos überlagern mit der Zeit auch Erinnerungen bzw. irgendwann erinnern wir uns nur noch über Fotos. Somit verändern Fotos nicht nur unsere Vergangenheit, sondern prägen auch unsere Identität. Vergessen ist aber ebenfalls ein wichtiger Prozess und kann oft der erste Schritt zu einer Transformation sein. Vergessen ist auch heilsam und schafft Raum für Neues.
  8. Fotografie, Wahrheit und Wirklichkeit. Fotos dokumentieren. Aber sie werden auch manipuliert und Bilder haben sehr viel Macht. Können Bilder töten? Impulse zur Reflexion u.a. bei Marie-José Mondzain.
  9. Fotos und Reisen. Fotos dokumentieren, erschließen Orte, fangen Momente ein und machen eine Reise überhaupt erst greifbar und mitteilbar. Fotografieren ist sogar oftmals der Zweck von Reisen und wenn man mehr fotografieren möchte, kann eine Reise sehr befreiend und inspirierender Anlass sein.
  10. Experimente beim Fotografieren. Mit Experimenten kann man den technischen Aspekt der Fotografie hinterfragen und als inspirierendes Momentum nutzen.
  11. Was sind gute Fotos? Sowohl technisch als auch in Bezug auf die eigenen Maßstäbe: Welche Fotos sind mir wichtig, welche finde ich besonders gelungen?
  12. Was sind schlechte Fotos? Wie filtern wir, wie wird ausgewählt?
  13. Die Bedeutung des Diskurses. Warum es eine gute Idee sein kann, sich mit den aktuellen Fragen im kunstwissenschaftlichen Diskurs auseinanderzusetzen und mit eigenen Positionen dazu Stellung zu beziehen. Warum man sich andererseits auch nicht verrückt machen sollte… 
  14. Akademisierung der Kunst. Warum ist das ein Problem? Können Autodidakten auch Kunstpreise gewinnen? Ist eine Jury eigentlich zu einem eigenen ästhetischen Urteil fähig, oder ist die Biografie wichtiger als das Werk?
  15. Innovation und Innovationspotenzial. Muss Kunst immer innovativ sein? Sind Kunstschaffende dadurch überfordert? Inspirierende Impulse z.B. auch durch Bezüge zu Themen aus Wolfgang Ullrichs Werk.
  16. Ein „Special“ zum handwerklichen Geschick. Feine Fotos, saubere, ordentliche Handabzüge, die Schönheit gelungener Arbeiten. Inspiration und Impulse z.B. durch Ansel Adams.
  17. Fotografieren Frauen anders als Männer? Ist die Frage überhaupt angebracht? Falls ja, wie kann uns so eine Differenzierung helfen, eigene Qualitäten zu erkennen und daraus Inspiration zu gewinnen?
  18. Fotografierende als distanzierte Beobachtende. Nicht involviert und unbeteiligt? Hat man als Fotograf oder Fotografin eine Verantwortung gegenüber seinem Motiv?
  19. Fotografie als Möglichkeit, sich zu beschäftigen. Fotografie ist Hobby und Leidenschaft.
  20. Fotografie als Vehikel zum Erkunden neuer Gebiete und Themen. Wenn ich fotografiere, beschäftige ich mich immer auch mit meinen Motiven und Themen. Fotografie kann Grund für Reisen sein, für Recherchen, Fotografie kann das Alleinreisen legitimieren und Fotos sind letztendlich immer auch ein Medium, durch dass ich Welt erfahren und Wissen aneignen kann.
  21. Fotografie und schöne Frauen. Schöne Menschen, Models, Schokoladenseiten, Selbstwertgefühl … Fotos sind für viele Menschen essenziell. Wie steht es um diese Verbindung und gegenseitige Abhängigkeit?
  22. Das Licht in der Fotografie. Licht ist das Wichtigste. Was heißt das konkret und wie kann mir das Wissen um die Bedeutung des Lichtes helfen, bessere Fotos zu machen? Gäbe es schlechtes Licht? Kann ich mich vom Licht leiten lassen?
  23. Linien im Bild. Komposition, Perspektive, dominierende Linien, Positionierung des Motivs … Die Bedeutung der formalen Aspekte im Bereich Bildaufbau und wie das Wissen darum inspirierend sein kann.
  24. Filme, Emulsionen und ihre Qualitäten. Die Spuren des Materials, abgelaufene Filme, besondere Farben, Körnigkeit … Der Charme der analogen Fotografie.
  25. Konsumentenblick und Inspiration. Wie gehe ich durch Ausstellungen? Wie scrolle ich durch soziale Medien? Was sind meine Bedürfnisse beim Lesen von Fotobüchern? Anstatt nur zu vergleichen, sich innerlich zu sagen, dass man etwas auch hätte machen können, oder sich zu fragen, ob die Person, deren Bilder man liked, sympathisch ist, könnte man systematischer vorgehen: gezielt recherchieren, Fundstücke zusammentragen und die Eindrücke schließlich zu eigenen Projekten und Portfolios ausarbeiten.
  26. Fotografie als Phänomen einer Industriegesellschaft. Massenkunst, gesellschaftliches Ritual und die Idee, dass man immer etwas tun muss – auch im Urlaub. Weitere Inspiration u.a. durch die Texte über Fotografie von Susan Sontag.
  27. Was ist mit den Bildern, die man nicht gemacht hat? Situationen in denen man nicht fotografiert hat, prägen sich oft besonders ein und bekommen in der Erinnerung eine unabhängige Eigendynamik, die vielleicht auch mehr durch unsere persönliche Wesenheit gebildet und romantisiert und geschönt wird, als wenn sie durch Fotos gestützt wäre.
  28. Wäre eine teure Kamera besser? Ja, sehr wahrscheinlich schon. Aber was will ich eigentlich fotografieren? Habe ich einen eigenen Stil? Was ist mir bei einer Kamera wichtig? Das Fotografieren mit alten, sehr günstigen Kameras ist auch ein Statement.
  29. Die Zwänge und Eigenarten des Materials. Objektiv, Festbrennweite und andere technische Rahmenbedingungen können auch Inspiration sein.
  30. Über das Sammeln und Horten von Equipment. Zunächst beginnt man, sich über sein Material zu definieren. Doch das Anhäufen von Dingen hat auch eine traurige Note: Mit jedem neuen Stück wächst die Verantwortung – oder wie man sagen könnte, „Noblesse oblige“ – in dem Sinne, dass Equipment, das man besitzt, auch genutzt werden sollte. Andernfalls werden ungenutzte Kameras mit der Zeit zu stillen Mahnern, die an gescheiterte Träume erinnern und voller Melancholie all die Fotos und Reisen heraufbeschwören, die man einst damit machen wollte, aber nie realisiert hat.
  31. Welche Rolle spielen Fotos in unserem Leben. Diese Frage kann man sehr groß sehen, Bilderflut und Mediengesellschaft … Fotos haben aber auch eine individuelle Wertigkeit und werden zur Dokumentation unserer persönlichen Geschichte.
  32. Was hänge ich mir Zuhause auf? Familienfotos, Reiseerinnerungen, Sandstrände… Auch die Wahl von Bildschirmhintergründen und Profilfotos könnte in diese Rubrik fallen. Wie wird hier ausgewählt? Was will ich ausdrücken oder worauf kommt es mir an?
  33. Was kann man mit seinen Fotos machen? Fotobücher gestalten, einen eigenen Foto-Blog führen, Fotos als Poster ausdrucken, einrahmen (z.B. in alten Vintage-Rahmen oder mit modernen großen Rahmen und Passepartout). Fotos eignen sich als Einladungskarten für eine Party oder Flyer, für Kataloge, Broschüren oder eigene Magazine zu einem bestimmten Thema, Postkarten oder als Grundlage für thematische Portfolios. Privat kann man Familienprojekte, Stammbäume oder künstlerisch persönlich ausgeschmückte Alben anlegen, Collagen gestalten oder die Fotos digital weiterverarbeiten und zu einer surrealen Geschichte (ggf. mit KI-generierten Zusätzen) verarbeiten …
  34. Social Media, Mitteilung und Anerkennung. Das Teilen der Fotos ist oft auch die Motivation und der Antrieb für weitere Fotos. Wie wähle ich hier aus, wie filtere ich, wie häufig und wie viel teile ich?
  35. Ist Schönheit in persönlichen Momenten individuell oder mitteilbar? Schönheit können wir in der Natur entdecken, in Kunstwerken … Aber es gibt auch einen persönlichen Bereich. Es gibt vieles, was nur für mich schön ist. Die ersten Tage in einer neuen Stadt, der letzte Blick in eine Wohnung, aus der man auszieht, der erste Blick auf das Meer nach einer langen Reise – manche Momente haben besondere Bezüge zum eigenen Leben und lassen sich nicht ohne Kontextualisierung in Fotos wiedergeben. Oder etwa doch? Ist da vielleicht eine gewisse Magie in diesen Fotos?
  36. Mit Fotos Unsichtbares zeigen und eine eigene Bildsprache entwickeln. Vor allem, indem man viel und regelmäßig Fotos macht, entwickelt sich eine eigene Bildsprache. Beim Blick über eine Masse der Fotos wird etwas sichtbar: Ein roter Faden, ein unbestimmtes Gefühl, Themen, welche sich durch das Œuvre ziehen … 
  37. Fotografie im Alltag: Übungen und Routinen, um den Blick zu schulen. 
  38. Selber Filme entwickeln: Alchemie.
  39. Zeit als Element der Fotografie. Schnelle und etwas langsamere Belichtungszeiten: Wie kann ich das Gewusel eines Platzes einfangen und Bewegung darstellen? Was ist ein Moment? Wie lange dauert ein Moment? Blickkontakte sind Momente. Gruppen von 3–4 Bildern derselben Situation: Welches ist das beste? Langzeitbelichtungen fangen Zeitverläufe in einem Bild ein. Spuren können über lange Zeit oder durch viel Energie entstanden sein.
  40. Connaisseurs des Fotografierens. Kenner können nerven. Sie benennen immer alles, stellen sich mit ihrem Spezialwissen über die Dinge und lassen andere dumm, amateurhaft und wie Anfänger wirken. Connaisseurs sind oft selbst nicht aktiv und selten experimentierfreudig. Dennoch gehören sie zur Fotowelt: Sie kommentieren, vergleichen und katalogisieren Eindrücke – und zerstören dabei oft die Inspirationskraft, Fantasie und den Spaß daran, einfach loszulegen. Man kann aber auch lernen, sie zu schätzen. Auch scheinbar totes Wissen hatte einmal einen mehr oder weniger leidenschaftlichen Ursprung und etwas sachliche Distanz zur eigenen Arbeit kann manchmal auch nicht schaden.
  41. Dokumentation von Orten. Die Dokumentation kann in einem Blog-Beitrag oder auch in einem Magazin münden. Beispielsweise wie in der Serie „Architektur in Gebrauch“ des adocs Verlagsprojektes mit einer Bestandaufnahme der Bäume im Berliner Tiergarten.
  42. Was sind die meistfotografierten Motive? Familie? Guggenheim-Museum New York? Markusplatz in Venedig? Selfies? Sonnenuntergänge? Man kann die Frage auch umkehren: Was wird viel zu selten fotografiert?
  43. Was ist für Andere interessant? Fotos Freunden zeigen, Umfragen machen, was bekommt am meisten Herzchen, wo wird viel kommentiert?
  44. Kunstschaffende und Fotografierende als Profis oder Amateure? Reflexion über den gesellschaftlichen Status: Ist es erstrebenswert, Profi zu sein? Falls nein, wie steht man zu Ehre und Ruhm? Und an welchem Punkt ist man stolz auf die eigene Arbeit?
  45. Fotos nachbearbeiten, retuschieren und verbessern. Wo ist die Grenze?
  46. Wie man sich selbst im künstlerischen Tun finden kann: Sich auf einen selbstbestimmten Prozess einlassen. Sich ein Projekt ausdenken oder ein Thema wählen. Danach: Wie in einem Tagebuch kann man sich auch in der eigenen künstlerischen Tätigkeit wiederfinden. Es hilft beispielsweise, eine kleine Serie mit Bildern auszuwählen, zu sortieren, in einen Raum zu hängen oder ein Bild, welches einem besonders gefällt, länger anzuschauen und wirken zu lassen.
  47. Die Kamera als andere Perspektive, anderer Blick und andere Interpretation des Gesehenen. Verschiedene Kameras und  Fotografierende fangen Orte und Situationen unterschiedlich ein. Wenn es keine objektive Wirklichkeit gibt und jedes Foto immer Interpretation ist, kann man diese Tatsache auch nutzen, um ein Motiv, einen Ort oder einen Menschen immer wieder neu kennenzulernen und immer wieder neu zu entdecken.
  48. Fotografie als Ventil für Gefühle: Der persönliche Umgang mit schönen und emotional bewegenden Momenten. Fotografieren statt Staunen und eine Situation auf sich wirken zu lassen.
  49. Die Komposition. Was ist im Bild? Die Beziehungen der Motive zueinander und ihr Klang und ihre Poesie. 
  50. Farbe und Schwarzweiß. Die Frage beeinflusst sowohl die Art der Fotografie als auch den Blick auf das Motiv.