Ca`d`Oro

Die Ca' d'Oro am Canal Grande
Die Ca‘ d’Oro am Canal Grande

Die Ca`d`Oro hebt sich aus dem Gesamtbild der Palastfassaden am Canal Grande durch ihre vielen Ornamente heraus. So zumindest ist der erste Eindruck, den man zum Beispiel bei einer Fahrt im Vaporetto durch den Canal Grande hat.

Wie bei vielen bedeutenden Palästen in Venedig, finden sich auch bei der Ca`d`Oro unterschiedliche Stilelemente, obwohl die doch  alles in allem ganz unverkennbar gotisch ist.
Der Bauherr, Mario Contarini, war ein hoher Beamter in Venedig. Ungewöhnlich für seine Zeit, entschied er beim Umbau des alten Palastes Anfang des 15. Jahrhunderts sehr viel selbst. So kommt es, dass mehrere byzantinische Elemente des alten Gebäudes übernommen wurden. Contarinis Vorschläge müssen sinnvoll gewesen sein, da sich sogar Matteo Raverti, der Architekt des Mailänder Doms, den Contarini gleich zu Beginn des Jahres 1425 zuzog, den Wünschen des Bauherrn und der venezianischen Architekturtradition angepaßt hat.
Da sich die Fassade der Ca`d`Oro so deutlich von den anderen venezianischen Palästen des 14. und 15. Jahrhunderts unterscheidet, kann man davon ausgehen, dass Marino Contarini tatsächlich sehr viel nach seinem Willen gestaltete. Molmenti, ein Forscher der Geschichte Venedigs, behauptet, nachdem er Contarini „sehr erfahren im Entwerfen“ und einen „weisen Erbauer“ genannt hat, „dass er sein anmutiges Haus erdachte und errichten ließ.“ Einem damaligen Architekten sind so ausgefallene Konstruktionen nicht zuzutrauen.

Die Ca`d`Oro galt zur Zeit Contarinis als ihrer Zeit voraus beziehungsweise als Einleitung zur Spätgotik. Das erklärt sich einerseits durch die Gestaltungen aus Ravertis Werkstatt, anderseits aber auch durch Contarinis eigene Entscheidungen.
Vom Architekten Raverti kommen zum Beispiel die doppelten Taustäbe an den Ecken und das Maßwerk im ersten Stock.
Etwas später kam zu den lombardischen Steinmetzen die venezianische Werkstatt von Giovanni und Bartolomeo Bon dazu. (Giovanni Bon bekam zwischendurch den Lohn gekürzt, da er unerlaubt die Baustelle der Ca`d`Oro verlassen hatte, um bei der Familie Barbaro in Santo Stefano zu arbeiten).
1431 gab Contarini den Auftrag, das Steinmetzwerk in Ultramarin und Rot hervorzuheben. Dazu wurden einzelne Ornamente vergoldet. Daher kommt übrigens auch der Name Ca`d`Oro: Goldenes Haus.

An der Fassade der Ca´d´Oro gibt es viele feine Details zu entdecken
An der Fassade der  Ca`d`Oro gibt es viele feine Details zu entdecken

Schaut man sich die Fassade an, bemerkt man, dass der rechte Teil überwiegend geschlossen ist, im Gegensatz zu dem durch Balkone geöffneten linken Teil.
Diesen rechten Teil nennt man „torresella“. Torreselle sind Flankierungstürme, die man an manchen byzantinisch-venezianischen Palästen findet. Lange Zeit vermuteten Forscher, dass links an der Fassade der Ca’ d’Oro ein entsprechender Torresella-Flügel geplant war. Inzwischen hält man es aber für unwahrscheinlich, da es in Venedig üblich war, zweiteilige Fassaden weit spannungsloser zu entwerfen. Ein sehr gutes Beispiel für eine Fassade mit links und rechts abgrenzenden Torreselle findet man an dem „Fondaco die Turchi“, über welchen ich auch geschrieben habe.
Viel reicher und phantasievoller als am Dogenpalast findet man im ersten Obergeschoß die Vierpaßrosetten wieder. Im zweiten Stockwerk sind die üblichen Vierpässe über den gotischen Bögen in vierblättrige Blüten umgeformt. An mehreren Stellen der 17,30 m hohen Fassade treten die Vierpässe in verkleinertem oder verformtem Zustand auf.

Wenn wir hineingehen, finden wir eine weitere Besonderheit: Zwei Höfe, welche dem Palast angegliedert sind. Der größere ist im rückwärtigen Teil und ein kleiner zur Calle di Ca`d`Oro rechts von der Fassade. Im großen Portego (Flur) des Wassergeschosses sind zwei Seiten zum kleinen Hof geöffnet. Zum Canal Grande liegt die Loggia und im Seitenflügel befinden sich die Magazine, welche man hauptsächlich als Lagerräume und Küche gebrauchte. Durch Portici (Portico = Durchgang) gerät man vom Portego zum rekonstruierten Portal, welches die Verbindung zur Straße darstellt. Eine offene Steintreppe, die in Venedig wegen des großen Platzbedarfs selten ist, beginnt an der Hofmauer zur Calle di Ca`d`Oro und verläuft über die Rückwand des Seitenflügels zum Saal des ersten Obergeschosses. Diese Treppe wurde zwar erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts gebaut, unterscheidet sich aber nur wenig von der Treppe aus dem 15. Jahrhundert, welche auch der Werkstatt des Mailänder Architekten Raverti entstammte. Noch von dem alten, byzantinischen Palast übernommen sind zum Beispiel die Arkaden am Wassertor und wahrscheinlich die Halle am Wasser, die sogenannte Loggia.

Brunnen in der Ca' d'Oro
Im Innenhof der Ca‘ d’Oro ist ein kleiner, liebevoll verzierter Brunnen

Diese Übernahmen aus dem alten Palast sind nicht etwa Zeugnisse eines Geldmangels, sondern viel eher Beweise für den Respekt, den Contarini vor dem alten Zen-Palast hatte. Durch die Übernahme wollte er sicherlich die Erinnerung an den Palast der Familie Zen bewahren, welcher ihm 1412 verkauft wurde, nachdem er 1406 Sormandor Zen geheiratet hatte.

Die Ca`d`Oro blieb nur zwei Generationen im Besitz der Contarini. 1484 ging sie durch Heirat von Marinos Enkelin mit Pietro Marcello an die Familie Marcello über, 43 Jahre nach dem Tod Marino Contarinis. Bereits sehr früh setzten bauliche Veränderungen ein, Anfang des 19. Jahrhunderts teilte man den Palast unter mehreren Familien auf. Es wurden diverse Eingänge geschaffen und eine zweite, überdachte Treppe aus Holz gebaut. 1620 ging die Ca`d`Oro wieder durch Heirat an einen Zweig der Familie Loredan über. In der letzten Zeit der venezianischen Republik mietete die Familie Bressa den geteilten Palast.
1840 kaufte Fürst Alexander Trubeztkoj die Ca`d`Oro, um sie seiner Geliebten, der Ballerina Maria Taglioni zu schenken. Maria Taglioni hat sich dafür beim russischen Zaren für die Befreiung von Alexanders Vater aus sibirischer Verbannung eingesetzt. Man beauftragte damals den Architekten Meduna, das Haus nach dem Geschmack der Tänzerin auszustatten. Bei seinen Instandstellungen zerstörte Meduna die schöne Außentreppe.

1894 erwarb der Baron Giorgio Franchetti die inzwischen ziemlich heruntergekommene Ca`d`Oro und ließ sie unter enormem Geldaufwand nach seinen Vorstellungen renovieren. In Paris erwarb er von einem deutschen Händler den alten Brunnen des Innenhofes zurück, den damals der Baumeister Bon für Contarini gebaut hatte. Franchetti war aber ausschließlich von seinem Geschmack geleitet. Als Kunstsammler trachtete er nur danach, aus seiner Sammlung ein Gesamtkunstwerk zu machen. Er wohnte zwar darin, hatte aber nicht vor es wohnlich herzurichten oder eine historische Restauration zu versuchen. Mit Erläuterungen seiner Absicht übergab er schließlich den Palast der Stadt Venedig, welche nach einer gründlichen Restauration ein Museum aus der Ca`d`Oro machte, in welcher man heute Franchettis Kunstsammlung besuchen kann. Die Sammlung enthält unter anderem Werke von Carpaccio, Bellini, Tizian, Giorgione und Van Dyck.