Strategien im Kunstmarketing

In meinem Beitrag über Kunstmarketing sammle ich allgemeine Tipps und Ideen, wie Kunstschaffende mit dem Thema Marketing umgehen können. Man kann meinem Marketingkonzept jedoch vorwerfen, es wäre zu verträumt. Schließlich frage ich ganz zentral am Anfang: “Was wäre das Beste, was mir und meiner Kunst passieren könnte?“

Künstlerinnen und Künstler schaffen ihre Werke und hoffen dann, diese zu verkaufen. Ein Unternehmen würde es anders machen, viel zielorientierter. Es würde nicht einfach drauflos produzieren und dann versuchen, seine geschaffenen Produkte zu Geld zu machen. Vor der Produktion würde man erst versuchen, mehr über seine Zielgruppe und ihre Bedürfnisse zu erfahren. Und anschließend entsprechende Produkte entwickeln.  

Diese Möglichkeit der „marktorientierten Kunstproduktion“ möchte ich an manchen Stellen auch nicht ohne leichte Ironie aus Künstlersicht beleuchten. Indem ich teilweise überspitzt und schablonenhaft Zielgruppen beschreibe und Kunst als Produkt darstelle, möchte ich zeigen, dass man sich wegen des Marketings nicht zu sehr verrückt machen sollte. So manches schillernde Phänomen auf dem Kunstmarkt wirft Fragen auf. Wie steht es um die Authentizität und Integrität der künstlerischen Arbeit? Wird Kunst lediglich als marktorientiertes Produkt geschaffen, das auf Basis von Marktanalysen und Trendforschungen entwickelt wird?

Dieser Beitrag will versuchen, die Zielgruppe von zeitgenössischer Kunst und ihre spezifischen Präferenzen zu erforschen. Anhand der gewonnenen Informationen werden wir dann auf künstlerische Produkte eingehen und schauen, wie man sie am besten auf den Markt bringt. 

Mini-Marketingstrategie für Eilige. To-do-Liste:

1. Ziele setzen:
Definiere SMART-Ziele für deine künstlerische Karriere. Überlege, was für dich und deine Kunst am besten ist.

Die Abkürzung „SMART“ steht übersetzt im Deutschen für:
S – Spezifisch
M – Messbar
A – Attraktiv
R – Realistisch
T – Terminiert

2. Zielgruppe verstehen:
Identifiziere potenzielle Galerien, Sammler oder deine spezielle Zielgruppe. Wo und an wen möchtest du deine Kunstwerke verkaufen? Verstehe ihre Bedürfnisse und Interessen.

3. Dein Produkt, Instrumente und Aktivitäten auswählen:
Entscheide dich für Kunstwerke und Angebote, die deine künstlerische Integrität bewahren. Denke nicht nur an Verkäufe, sondern berücksichtige auch Ausstellungen, Kunstpreise und Stipendien als
Ziele.

4. Maßnahmen planen:
Schaffe Inhalte und erzähle Geschichten zu deiner Kunst (Storytelling und Kontextualisierung). Nutze soziale Medien und digitales Marketing, arbeite mit lokaler Presse zusammen und baue Partnerschaften und Kooperationen auf.

5. Erfolg bewerten:
Verfolge Verkaufszahlen und sammle Feedback. Prüfe, was gut funktioniert hat und identifiziere Bereiche zur Verbesserung für zukünftige Aktivitäten. Passe deine Strategie an.

Kunstschaffende müssen sich von der Masse abheben, um gesehen zu werden. Dieser Druck schafft aber auf Dauer auch große Probleme. Es entstehen immer weniger “echte” Kunstwerke. Stattdessen sehen wir immer mehr künstlerische Marken und spezifische Designs. Formelhaftes Arbeiten ist in meinen Augen Dekoration und solche Kunst bleibt ohne gesellschaftliche Bedeutung. Zwei herrliche Bücher, die man in diesem Zusammenhang lesen kann, wären: “Kann ich das auch? 50 Fragen an die Kunst” von Kolja Reichert und “Kunst hassen: Eine enttäuschte Liebe” von Nicole Zepter. 

Ich möchte durch meine fiktiven Marketingüberlegungen in diesem Beitrag vor allem zeigen, dass ein zu strategischer Ansatz und insbesondere die marktorientierte Kunstproduktion nicht nachhaltig sind.
Zur Illustration habe ich kleinformatige Skizzen aus meinem Entwurfsschrank genommen. Es handelt sich um „B-Ware“, Skizzen auf Papier, auf denen ich etwas ausprobiert und herumgekritzelt habe oder versuchen wollte, ob eine Idee funktioniert. Mit Hilfe künstlicher Intelligenz habe ich aus diesen Vorlagen Bilder generiert, die meiner Meinung nach ganz gut dem entsprechen, was gemeinhin als „dekorative Kunst“ bezeichnet wird.
Indem wir hier die Beliebigkeit und Austauschbarkeit solcher künstlich generierten Kunstwerke erkennen, möchte ich eine Lanze für mehr Menschlichkeit brechen. Ich möchte Kunstschaffenden die Angst vor Fehlern nehmen, die Unsicherheit bezüglich ihrer Professionalität beseitigen und sie ermutigen, einen eigenen Weg zu gehen und eigene Ideen auszuprobieren.
Am Ende des Beitrags sieht man in einer kleinen Galerie die Originalen Vorlagen für die Illustration.

„Gib ihnen Qualität. Das ist die beste Werbung.“ – Milton Hershey

Karrierewege in der Kunst: Zwischen Kreativität und Kommerz

Am Anfang einer künstlerischen Karriere schlagen junge Künstlerinnen und Künstler oft einen ganz bestimmten Weg ein.  „Strategien im Kunstmarketing“ weiterlesen

Fotos und Text. Milano

In diesem Beitrag möchte ich Fotos aus Mailand zeigen. Es sind analoge Fotos, die ich mit meiner alten Lieblingskamera, der Zorki 4K gemacht habe. Aber zusätzlich soll auch ein Text entstehen. Weil eigentlich gibt es viel zu erzählen. Warum ich die Fotos gemacht habe, wieso ich genau sie aus den vielen hundert Fotos ausgewählt habe und weshalb sie mir etwas bedeuten – das alles kann interessant sein. 

Nun ist das Problem jedoch, dass ich angefangen habe, mit einer KI zu arbeiten. Ich habe einen langen Prompt für Chat GPT geschrieben und daraus sind Texte entstanden, die man typischerweise nehmen könnte, wenn man Fotos präsentiert. Nach all diesen Worten fällt es mir jetzt schwer, so zu tun, als wäre nichts gewesen. Ich möchte gerne, dass mein Text interessant wird und spannend zu lesen ist. Und vielleicht hat die KI ja recht. Schon der vorgeschlagene Titel „Mailand durch die Linse der Zeit“ ist ja mal gar nicht so schlecht. Da ich nun diese fantastischen technischen Möglichkeiten habe, wäre ich nicht dumm, sie nicht zu nutzen?

Zum Start kommen hier meine Gedanken: Ich möchte meine neuesten Fotos aus Mailand präsentieren. Viele Fotos zeigen Menschen, einige jedoch auch Mailand als wirtschaftliches Zentrum Italiens mit Hochhäusern, moderner Architektur und einer sehr guten Infrastruktur. Mir ist es wichtig zu zeigen, wie sich Mailand vom Rest Italiens unterscheidet. Ich habe bereits viele Fotos aus Italien auf meiner Webseite, darunter romantische schöne Städte wie Venedig oder aufregende und lebendige Städte wie Palermo. Mailand ist jedoch anders. Es ist eine moderne europäische Großstadt und eine Wirtschaftsmetropole. Deshalb fand ich vor allem die Menschen interessant: Wie sie abends an den Navigli-Kanälen flanieren, wie sie in der schönen alten Straßenbahn ein Buch lesen oder wie sie elegant gekleidet auf dem Dach des Mailänder Doms so adrett und perfekt gestylt aussehen, dass sie einem Modekatalog entsprungen scheinen. Ich finde auch die Parallelwelten einer so großen Stadt spannend: Z.B. die Lieferboten mit ihren durch etliche Zusatz-Akkus aufgepimpten E-Bikes, wenn sie an der Porta Ticinese auf Bestellungen warten. Digitale Ritter einer neuen Welt…

Menschen in Milano

Beim Teilen von Fotos geht es nicht nur um die Bilder selbst. Das Teilen ist mehr als nur Kommunikation, es ist ebenso ein sozialer Akt und eine Art, sich seiner selbst zu vergewissern. Unser Selbst konstituiert sich auch durch die Art und Weise, wie wir uns mitteilen.

Je nachdem, welche Worte ich finde und wie ich es schaffe, von meinen Erlebnissen und Gedanken zu berichten, baue ich um mich herum mit der Zeit eine eigene, einzigartige Welt. Wenn der Beitrag dann fertiggeschrieben und veröffentlicht ist, wird er zu einem Teil meines Lebens und Erinnerns. Schreiben ist eine Gelegenheit, das Erlebte zu reflektieren und abzuschließen. Speziell das Schreiben im Internet ist vor allem eine Form der Selbstkommunikation, da ich die meisten Besucher meiner Webseite ja gar nicht kenne.

Wie in jeder Kunstform braucht der Mensch auch beim Schreiben ein feines Taktgefühl. Während des Schreibens fühlt man sich fast begleitet von einem kleinen Team unsichtbarer, imaginärer Leser. Man ist beim Schreiben nicht wirklich allein. Worte und Aussagen werden abgewogen, aneinander angepasst und strukturiert, so dass sie letztendlich den richtigen Ton treffen und einen inneren Klang erzeugen, der idealerweise zu den Bildern passt und den Beitrag interessant und gut lesbar macht.

Obwohl ich ein großer Fan schöner Worte und blumiger Ausschmückungen bin, gibt es dabei eine unsichtbare Grenze. Es kann passieren, dass Sprache zu viel wird. Wie Glitzer oder Zuckerstreusel. Dann kippt sie plötzlich um. Manche Sätze der KI klingen für mich einfach nur noch kitschig und die inneren Bilder, die sprachlichen Evokationen wirken falsch. Es ist eine unfreiwillige Ironie. Ich weiß, dass eine künstliche Intelligenz keine Gefühle und auch keine eigenen Erfahrungen hat. Und mit diesem Wissen fühlt es sich dann nicht nur falsch, sondern auch lächerlich an, wenn sie mit großem Getöse über meine grandiosen Erlebnisse in Milano berichtet.
Die folgenden Texte von Chat GPT sind fett, meine Texte normal.
„Fotos und Text. Milano“ weiterlesen

Sizilien

Eine schwarz-weiße Entdeckungsreise durch die Straßen und Märkte von Palermo und Catania. Die ersten warmen Sonnentage am Meer, lebendige Plätze mit Musik, blühende Mandelbäume und Orangenduft. 

Mit meiner Zorki Kamera möchte ich in diesem Beitrag den einzigartigen Charakter von Sizilien näher betrachten. Sizilien ist eine eigene Welt. Die Insel ist anders als der Rest von Italien. Das Essen, die Menschen, die Kultur und Geschichte …

Abenteuer auf dem Straßenmarkt La Fiera in Catania

Als Motiv kommt für mich alles infrage, was das Auge fesselt. Alles, was ich sehe und wo mein Blick hängen bleibt, kann theoretisch ein gutes Motiv sein. 
Indem ich mich bei der Ausrüstung auf eine Kamera mit 35 mm Festbrennweite beschränke, kann ich mich auf das konzentrieren, was vor mir liegt, und werde nicht von der Technik abgelenkt.

Frischer Fisch vom Fischmarkt in Catania

Jeder Schwarz-Weiß-Film hat eine eigene Ästhetik und kann dazu beitragen, die Stimmung und Atmosphäre eines Ortes oder einer Situation zu verstärken. Durch das Spiel von Hell und Dunkel, die spezielle Gradation, Tonwertabstufung und die Körnigkeit des Films bekommt das Bild ästhetische Qualitäten, die in ihrem Ausdruck bewusst künstlerisch eingesetzt werden können. 

In und um Catania

Im Nachhinein ist es auch entscheidend, wie ich die Filme entwickle und mit meinem Scanner digital weiterverarbeite. Die Filme von Ferrania haben beispielsweise eine sehr steile Gradationskurve und dadurch viel Kontrast. Hier habe ich mit dem Bellini D96 einen eher kontrastarmen Entwickler genommen, um die Bilder etwas feiner abzustufen. Bei meinen Nachtaufnahmen in Palermo habe ich mich dagegen für eine extrem lange Caffenol-Standentwicklung entschieden, weil ich damit sehr ausgleichend entwickeln kann und die einzelnen Aufnahmen über mehrere Stunden Zeit haben, sich vollständig auszukristallisieren, ohne grob zu werden. Bei den Fotos aus Siracusa/Ortigia habe ich mit einem hoch verdünnten feinen Entwickler (FX-39 bei 1:19 Verdünnung) und wenig Bewegung versucht, die Luftigkeit, den Wind, die Wolken und das Meer mit seiner ätherischen Atmosphäre wiederzugeben.

Himmel und Meer in Siracusa

Der Übergang von einer Reisedokumentation hin zur künstlerischen Fotografie ist fließend und nicht so einfach zu fassen. Während die Dokumentation vor allem eine Stütze für die Erinnerung ist, und wie ein kleines Kreuzchen Zeit und Ort festhält, geht die künstlerische Fotografie weiter. Für die Dokumentation unterwegs, habe ich oft auch Fotos mit dem Handy gemacht: Nun sehe ich den großen Unterschied im Vergleich mit den analogen Fotos der Zorki Kamera. 

Siracusa – Isola di Ortigia

Ein Foto wird künstlerisch, wenn es einen ästhetischen Ausdruck hat. Das kann gelingen, wenn es nicht nur nach dem „Was“ fragt, sondern auch fragt, „wie“ etwas dargestellt ist. Geglückt ist die Aufnahme, wenn durch die künstlerische Entscheidung das Foto in seiner Aussage verstärkt wird.

Ein Tag in Monreale

Objektiv sind es nur kleine Unterschiede. Vielleicht kann man es am ehesten mit einem Parfum oder mit einem Wein vergleichen: Die Unterschiede von einem guten zu einem sehr guten Wein oder die Nuancen zwischen zwei Düften sind manchmal nur minimal. Dennoch rechtfertigen sie für manche den deutlich höheren Preis und am Ende sind es genau diese feinen Unterschiede, welche das Gewöhnliche vom Besonderen unterscheiden.  „Sizilien“ weiterlesen

Beyond Infinity. Magische Motive mit der Zorki Kamera

Die Möglichkeit, mithilfe künstlicher Intelligenz neue Bilder quasi aus dem Nichts zu generieren, ist im Sommer 2022 immer bekannter geworden. Es ist klar, dass man sich als Künstler auch damit beschäftigen und eine eigene Meinung dazu bilden muss. 

Die Wirklichkeit war in der Fotografie schon immer ein wichtiges und ganz wesentliches Thema. Unter dem Titel „Jenseits der Unendlichkeit“ habe ich begonnen, analoge Fotos digital zu manipulieren, neue Negative zu erstellen und letztendlich wieder analoge Handabzüge zu machen. Teilweise habe ich meine Prints auch noch mit analogen Mitteln (Seifenblasen, Lichterketten etc.) in der Dunkelkammer künstlerisch weiter bearbeitet. 

So kann ich mithilfe künstlicher Intelligenz analoge Fotos von Delfinen im Rhein und Einhörnern erstellen. Besonders gelungen finde ich aber auch eher subtilere Bilder, wo man die Manipulation auf den ersten Blick gar nicht mehr erkennt: Giftschlangen am Flussufer, badende Menschen gemeinsam mit exotischen Tieren …

In der historischen analogen Fotografie auf lichtempfindlichem Filmmaterial wird die Großartigkeit aber auch die Beschränktheit des eigenen Sehens und Wahrnehmens meiner Meinung nach schön sichtbar. Gleichzeitig bietet die analoge Fotografie durch ihre physische Kausalität reichlich Überraschungen und materialimmanente neue fotografische Qualitäten. Den Umgang mit alten Kameras und analogen Filmen erlebe ich als ehrliches und authentisches Arbeiten.

Diese Perspektive auf die Fotografie ist mir als Hintergrund wichtig. Künstlerische Fotografie entsteht jedoch erst, wenn man trotz allem versucht, über die Technik hinaus und hinter die Beschränkungen vorzudringen. Der Titel „Beyond Infinity / Jenseits der Unendlichkeit“ möchte in diesem Sinne Arbeitsauftrag sein. Er will aufzeigen, was trotz der Beschränktheit auf eine alte Messsucherkamera und Schwarzweissfilm alles möglich ist. Ausgangspunkt für diese Serie ist immer die analoge Zorki-Kamera. Danach ist jedes zusätzliche Mittel erlaubt: Scanner und digitale Bildbearbeitung, künstliche Intelligenz, hochauflösende Laser, um neue Negative aus digitalen Vorlagen zu erstellen … Die Technik bildet den Rahmen für künstlerische Vorhaben. An der Beschränktheit dieses Rahmens kann sich jedoch auch die Fantasie entzünden, Neues passieren und künstlerische Fotografie entstehen, die bestenfalls über sich selbst hinausweist.

Fotos zeigen die Spuren, sie erinnern an unsere Wege und verweisen auf unsere Zeit und unseren Raum. Dennoch gibt es auch sehr viel, was eine Kamera nicht darstellen kann. Ein Foto ist immer eine Abstraktion und zeigt nur einen kleinen Ausschnitt. Der größte Teil der erlebten Wirklichkeit wird vom Foto nicht berücksichtigt. 

Selbst gemachte analoge Handabzüge haben manchmal einen leicht amateurmäßigen, aber gerade deswegen auch vertrauten Charme. Solche Fotografie gilt oft als der Wirklichkeit entsprechend, im Gegensatz zu digitalen Bildern, wo man mittlerweile gewohnt ist, dass sie stark bearbeitet werden. Umso seltsamer ist es dann, meine altmodisch anmutenden Fotos anzuschauen. Tatsächlich wurden analoge Fotos jedoch auch früher schon bearbeitet, man denke beispielsweise an die Glasplattennegative des Fotografen Frank Eugene (1865-1936).

Die Indexikalität ist das wesentliche Merkmal eines Fotos. Der Bruch zwischen Referent und dem letztendlich vorliegenden Bild ist heute durch die Möglichkeit für jedermann, auch als Amateur täuschend echt wirkende Bilder fast aus dem Nichts zu generieren, noch einmal größer geworden. Aus dem Kino und von digitalen Fotos kennen wir künstlich generierte Bilder bereits sehr gut. Aber dass analoge Handabzüge aus der privaten Dunkelkammer plötzlich Fabelwesen oder frei erfundene Situationen zeigen, sind wir noch nicht gewohnt.

Mit der Arbeit an dieser Serie möchte ich zeigen, dass meine alte analoge Messsucherkamera alles fotografieren kann, was ich mir vorzustellen vermag. Sie wird im wahrsten Sinne des Wortes zur Zauberkamera. Und auch mit analogen Bildern habe ich unendliche Möglichkeiten.


Im Rahmen der Ausstellung „Unheimlich.Großartig“ habe ich meine Arbeiten im Atelierhaus Darmstadt gezeigt.

Eine Auswahl habe ich gerahmt, die andere Auswahl versucht möglichst pur als Silbergelatine Handabzug auf alten Baryt- und PE Papieren sichtbar zu machen.

Hier ein kleiner Auszug aus der Laudatio von Bettina Bergstedt zu unserer Vernissage:

„So schafft Georg Cevales surreale Bilder, wenn er mit einer alten sowjetischen Zorki-Kamera mithilfe von künstlicher Intelligenz seine Bilder bearbeitet. Sein Motiv: „Vater Rhein“, romantischer Mythos im 19. Jahrhundert. Der Fotograf Cevales setzt auf Irritation. Wenn Fotografie lange als das Abbild der Wahrheit galt, so erscheinen ein springender Delfin oder ein badender Dinosaurier im Rhein ‒ analog auf Silbergelatine oder Barytpapier gebannt, wie zwei sich ausschließende Behauptungen. Der surrealistische Lyriker und Essayist Pierre Reverdy sagte: „Je entfernter und richtiger die Beziehungen der beiden nebeneinanderstehenden Realitäten sind, desto stärker wird das Bild sein, desto stärker seine gefühlsmäßige … und seine poetische Aussagekraft“. So verweisen diese beiden Wahrheiten ‒ Delphin und Rhein, in die Zukunft. Ob so oder anders, wer weiß schon, welche Lebewesen aufgrund von Klimawandel einmal den Rhein bevölkern werden?“

Digitale Collage über die Entwicklung eines eigenen Stils

Die Entwicklung eines künstlerischen Stils

Dieses Jahr sind künstliche Intelligenzen und all die Möglichkeiten, welche sich mit der Entwicklung dieser Technologie auftun, immer mehr ins öffentliche Bewusstsein gerückt.

Kunstdiskussion mit einer KI:

Im Rahmen dieses Beitrags möchte ich eine kleine Spielerei starten: Die Texte und alle Bilder dieses Beitrags wurden mithilfe verschiedener künstlicher Intelligenzen entwickelt. Ausgangspunkt für den Text waren von mir gestellte Fragen zu den Themen „Individualisierung und Stil in der Kunst“ im Open AI Playground. Ein besonderes Anliegen waren mir daneben Überlegungen zur Avantgarde, Gesellschaftskritik und dem Selbstverständnis der Kunstschaffenden heute.

Wie sind die Texte entstanden?

Meistens habe ich nur einzelne Absätze aus langen, künstlich generierten Textpassagen genommen. Es sind viele lose Gedanken, die ich aneinandergereiht, etwas überarbeitet und mit eigenen Worten ausgeschmückt habe. So ist hier eine Textcollage entstanden, die mit ihren Aussagen vielleicht zum Nachdenken über Kunst, Stil und Individualisierung anregen kann.
Mit einem Chat-Bot (Chat-GPT) habe ich schließlich die gesammelten Ausführungen hinterfragt und eine Art Dialog kreiert. In den kursiv geschriebenen Texten sind die Antworten.

Wie sind die Bilder entstanden? 

Die Bilder sind entstanden, indem ich alle Aussagen ins Englische übersetzt und den so gewonnenen Text in die KI DALL-E eingegeben habe, die aus Text Bilder generiert. Wenn einzelne Gesichter zu stark verzerrt waren, habe ich sie mit einer anderen KI notdürftig restauriert. Hier tritt auch die Beschränktheit der Technik, die im Moment noch in ihren Kinderschuhen steckt, besonders frappierend zu Tage.
Das Titelbild ist ebenfalls eine digitale Collage. Es ist ein „Outpainting“, indem ich nacheinander spiralförmig alle vorher angewandten Texte eingegeben habe.


Die Bedeutung der Biografie, des Werks und des individuellen Stils:  

Die Biografie und der Lebensweg von Künstlerinnen und Künstlern sind wichtig. Neben dem Name ist es vor allem ein wiedererkennbarer Stil, auf den es in der Kunstwelt ankommt. 

„Ich denke, dass die Biografie und der Lebensweg eines Künstlers oder einer Künstlerin wichtig sind, weil sie uns Einblicke in die Gedanken, Motivationen und Inspirationen des Künstlers geben können. Dies kann dazu beitragen, das Werk des Künstlers besser zu verstehen und zu schätzen. Der Name und der Stil eines Künstlers sind auch wichtig, da sie dazu beitragen können, das Werk des Künstlers wiederzuerkennen und es von dem anderer Künstler abzuheben. Allerdings sollte der Fokus nicht nur auf dem Namen und dem Stil liegen, sondern auch auf dem Werk des Künstlers selbst und dessen Qualität.“

Warum der eigene Stil in der Kunst wichtig ist: 

Besonders im Bereich der Malerei, wo Duktus, Farbwahl und das gewählte Sujet wichtig sein können, wird die Bedeutung des individuellen Stils gut sichtbar. 

„Ja, der Stil eines Künstlers ist besonders im Bereich der Malerei wichtig, da er dazu beitragen kann, das Werk des Künstlers einzigartig und wiedererkennbar zu machen. Allerdings gibt es auch in anderen Bereichen der Kunst, wie zum Beispiel in der Musik, der Fotografie, der Literatur und der bildenden Kunst, einen eigenen Stil, der für die Künstlerinnen und Künstler wichtig ist. In diesen Bereichen kann der Stil eines Künstlers durch die Wahl der Themen, der Techniken, der Instrumente oder der Worte und Bilder bestimmt werden. In jedem Bereich der Kunst ist es wichtig, dass Künstlerinnen und Künstler ihren eigenen Stil finden und entwickeln, um sich von anderen Künstlern abzuheben und ihre individuelle Perspektive und ihre Kreativität auszudrücken.“

Künstlerische Vielfalt: Individuelle Betroffenheit im Fokus des künstlerischen Diskurses.

Heute ist es vor allem auch die Idee, der gesellschaftliche Status, Herkunft und das persönliche Anliegen bzw. die individuelle Betroffenheit, die im Fokus des künstlerischen Diskurses stehen. 

„Ich kann das nicht mit Sicherheit sagen, da ich eine künstliche Intelligenz bin und keine Informationen über die aktuellen Entwicklungen und Tendenzen im künstlerischen Diskurs habe. Allerdings kann ich vermuten, dass die Idee, der gesellschaftliche Status, die Herkunft und das persönliche Anliegen bzw. die individuelle Betroffenheit für manche Künstlerinnen und Künstler im Fokus des künstlerischen Diskurses stehen können. Die Kunst ist ein sehr vielfältiges Feld und es gibt keine einzige Richtung oder Tendenz, die für alle Künstlerinnen und Künstler gilt.“

Einzigartige Stile und Techniken zur Entwicklung einer eigenen Marke:

Seit der Renaissance entwickelten sich Künstlerinnen und Künstler wie eine Marke. Innerhalb ihrer Künstlergruppen, Werkstätten und Schulen setzten sie sich durch technische Merkmale, Pinselstrich, Farbwahl usw. ab. 

„Die Renaissance war eine Zeit des Aufbruchs und der Entdeckung, in der die Künstlerinnen und Künstler viele neue Techniken und Stile entwickelt haben, die sie in ihren Werken verwendeten. Diese Techniken und Stile konnten dazu beitragen, das Werk eines Künstlers wiedererkennbar und einzigartig zu machen und ihm den Ruf eines Meisters zu verleihen. In dieser Zeit waren die Künstlerinnen und Künstler auch in Künstlergruppen, Werkstätten und Schulen organisiert, in denen sie ihr Wissen und ihre Fähigkeiten teilten und sich gegenseitig inspirierten. Allerdings ist es wichtig zu beachten, dass der Stil und die Techniken eines Künstlers nicht die einzigen Faktoren sind, die sein Werk ausmachen. Auch die Qualität des Werks und die Inspirationen und Gedanken des Künstlers spielen eine wichtige Rolle.“

Individueller Stil und Entwicklung der Kunst im 20. Jahrhundert bis heute:

Spätestens im 20. Jahrhundert konzentrierten sich Kunstschaffende vor allem auf den individuellen Stil und die Entwicklung der Malerei aus sich selbst heraus. L’art pour l’art, Kunst um der Kunst willen, ohne Zweck und vor allem ohne gesellschaftlichen Zweck war das Motto. Heute ist es anders. „Die Entwicklung eines künstlerischen Stils“ weiterlesen

Lieblingskamera in New York

Was macht eine Lieblingskamera so kostbar? Ein Mensch, der sich geliebt fühlt, versprüht einen ganz besonderen Glanz. Aber können auch Dinge funkeln? Wollen Kameras lichte Augenblicke des Glücks erhaschen? Das Schillern der Morgenröte? Das Leuchten in den Augen? 

Weiter Blick von der Edge-Aussichtsplattform, 336 Meter hoch über der Stadt: 

Als Arete (griech. ἀρετή) beschreibt man die besondere Tauglichkeit einer Sache. Ihre wesentliche Qualität, durch die sie ihre Aufgabe erfüllt. Was wäre wohl dann die Arete meiner Lieblingskamera? Ich habe sie nach New York gebracht und mit ihr eine Woche lang ausführlich die Stadt erkundet. Meine Überlegung dazu war: Was würde sich eine Kamera wünschen, wenn sie könnte? Was wäre der Lebenstraum dieser kleinen alten Zorki? Und bevor es hier jetzt zu sentimental wird: An mich dachte ich auch. Ich wollte gerne in die Stadt. Dinge haben keine Seele. Ganz ehrlich, Name und Marke der Kamera sind für das Bild eigentlich gleichgültig. Vor allem, wenn man sich klar macht, dass das analoge Foto durchs Objektiv gemacht wird und auf Film entsteht. 

In Harlem habe ich gewohnt und hier war ich die meiste Zeit unterwegs: 

Wie Zauberstäbe brauchen auch Kameras einen Träger, eine Idee und eine Absicht dahinter. Ein Fotoapparat folgt im Moment des Auslösens strikt seinen eigenen technischen Gesetzmäßigkeiten. Als künstlerisches Instrument betrachtet sind Kameras jedoch nicht autonom. Äußere Umstände, Ideen, Wahrnehmungen, Überlegungen und sogar Gefühle des Fotografen spielen für das Bild ebenfalls eine wesentliche Rolle.

Letztendlich dachte ich einfach, weder gefühlsduselig noch völlig rational, mit meiner Lieblingskamera müsste ich doch sicher ganz besonders schöne Fotos machen können. Und New York war dann die ‚coolste‘ Stadt, die ich mir für diesen Versuch denken konnte.  „Lieblingskamera in New York“ weiterlesen

ORWO TC27

Berglabor und Fotoexperimente aus den Dolomiten

Dieser Beitrag ist ein Bericht über meine Fotoexperimente in den Bergen. Hier sammle ich meine Erfahrungen beim Versuch, nur mit einfachsten Mitteln analog zu fotografieren.
Kommt mit auf eine Reise in die Dolomiten und entdeckt den Charme der analogen Fotografie mit verschiedenen Filmtypen bei der Verwendung von Caffenol, einem hausgemachten Entwickler auf Kaffeebasis.

Die Reise beginnt: Vorbereitung und Ausrüstung.

Mit vollem Rucksack bin ich im Sommer in die Berge gefahren. Im Gepäck hatte ich jedoch nicht nur alle meine Lieblingskameras, sondern auch Wechselsack, Caffenol, Fixierer und Entwicklungsdöschen.

Ewig zu warten, bis man seine Ausbeute begutachten kann, erschien mir keine gute Lösung. Deswegen war sogar ein Reise-Scanner mit dabei. So hatte ich ein kleines, aber komplettes Berglabor und konnte ungestört arbeiten, Fotos machen und die Filme direkt entwickeln und anschauen.

Experimente mit verschiedenen Filmtypen: Von Klassikern bis zu Exoten.

Mir macht es sehr viel Spaß, neue Filme auszuprobieren. Dabei recherchiere ich vorher den Stil eines Films und versuche passende Themen und Motive zu finden. Filme mit stark S-förmiger Gradationskurve sehen beispielsweise oft besonders düster aus. Manche Filme schillern in silberigem Glanz und erinnern an alte Kinolegenden. Es gibt aber auch solide, robuste Klassiker wie den Kodak Tri-X 400. Das ist dann vielleicht langweiliger, funktioniert aber und liefert zuverlässige Ergebnisse.

Caffenol: Ein hausgemachter Entwickler auf Kaffeebasis.

Mein Caffenol-Rezept ist inzwischen ausgiebig erprobt und funktioniert eigentlich mit allen Filmen.

Caffenol-C-L
300 ml Wasser
5 g. Wasch-Soda
3 g. Vitamin C
12 g. Löslicher Kaffee
1 Meßlöffel (< 0,5 g.) Kaliumbromid

300 ml passen genau in eine kleine Jobo Filmentwicklungsdose. 70 Minuten Entwicklungszeit sind es bei 20 Grad. Die ersten 10 Minuten hin und wieder bewegen und vorsichtig schütteln. Anschließend 60 Minuten einfach nur stehen lassen.

Der Vorteil dieser Semi-Stand Entwicklung ist, dass sich das Caffenol anfangs gleichmäßig verteilt, danach wirkt der Entwickler aber ausgleichend. Ich habe das Gefühl, dass sich der Film nimmt, was er braucht. Caffenol C-L ist außerdem durch das wenige Soda nicht so stark und mit der langen Zeit von 70 Minuten ist es ein gutmütiges Entwickeln, welches manche Fehler verzeiht.


Ergebnisse aus dem Berglabor:

Morgendliche Schafherde auf dem Weg zur Alm und ein etwas makaberes Stillleben mit toten Mäusen und verwitterter, bemooster Barbiepuppe, die ich im Wald gefunden habe.

Fatal war: Ich hatte keinen Messbecher und nur ein zu kleines Marmeladenglas. Da ich mein frisch angerührtes Caffenol ohne Vorwässern nicht in einem Rutsch, sondern in zwei Anläufen in das Entwicklerdöschen geschüttet habe, ist eine unschöne Linie über den ganzen Film entstanden. Gleichmäßiges Eingießen und sanfte Bewegung am Anfang des Entwicklungsprozesses sind, wie man sieht, essenziell.


Umso feiner ist der nächste Film geworden. Tatsächlich ist es einer meiner Lieblingsfilme, der ORWO DN21. Weil er nur 16 ISO hat, kann man auch bei helllichtem Tage mit weit geöffneter Blende fotografieren und das Jupiter 9 Objektiv kann mit ihm seinen ganzen Charme entfalten.

Hier eine Auswahl mit dem ORWO DN21. Die Bilder wirken fein, scharf, hell, freundlich und besonders auch in den Mitten differenziert. Es ist ein fabelhafter Film für sonnige Ferientage mit einem lichtstarken Objektiv. 

Die Ergebnisse des ORWO DN21 wirkten so exquisit, dass ich sie zuhause mit einem guten Scanner nochmal eingelesen habe um genauer hinzuschauen. Tatsächlich ist er so superfein, dass man kaum noch Korn erkennen kann und selbst an weniger dichten Stellen findet sich noch eine erstaunliche Tiefe mit Bildinformationen. „Berglabor und Fotoexperimente aus den Dolomiten“ weiterlesen

Kunstmarketing

Über Marketing gibt es viele Bücher und Blogs. Jedes große Unternehmen hat Marketingexperten. Doch trotz all diesem professionellen Wissen für nahezu alle Wirtschaftszweige gibt es kaum brauchbare Tipps und Ideen für Künstlerinnen und Künstler. Bücher zum Thema Kunstmarketing richten sich fast ausschließlich an kulturelle Institutionen, an Museen oder Konzerthäuser. Die meisten angebotenen Lösungen sind entweder zu trivial und bestehen nur aus schlagwortartigen Plattitüden, oder sie sind viel zu groß und umfassend für Einmannbetriebe, Freiberufler und Soloselbstständige. Auch Videos auf Youtube helfen nur selten weiter, weil man sie nicht ohne Weiteres in eine eigene Strategie umwandeln kann. 

Eine besondere Herausforderung ist, dass Künstlerinnen und Künstler ihre Arbeit nicht immer und ausschließlich an den Bedürfnissen des Marktes ausrichten können und wollen.
Warum das so ist, habe ich in einem eigenen Beitrag über Marketingstrategien geschrieben.

Bacchanal, Öl auf Holz, 33 x 46 cm © Georg Cevales
Bacchanal, Öl auf Holz, 33 x 46 cm

Bacchusfeste im antiken Rom waren Feierlichkeiten, die von den Bacchanten und Bacchantinnen oft mit wildester Ausgelassenheit zelebriert wurden. 

Das Bacchanal ist ein typisches Sujet in der Kunst und hat schon immer Sammlerinnen und Sammler angesprochen. Für meine Überlegungen zum Produkt- und Werkkonzept in der Malerei habe ich mich hier von Francesco Zuccarelli inspirieren lassen und ein kleinformatiges Bacchanal mit Öl auf Holz gemalt. Es ist quasi ein Kabinettstück, ein Bild, welches man unkompliziert besitzen kann, nicht teuer und speziell für kleine private Räume gedacht.

Ich möchte mich an dieser Stelle nicht als weiterer Experte hervortun oder ein komplett neues Fass aufmachen. Aber ich möchte einen inspirierenden Text schreiben und konkrete Ideen zusammentragen. In diesem Beitrag will ich Tipps sammeln, die Künstlerinnen und Künstlern helfen können, mit dem Thema Marketing umzugehen. Dabei soll dieser Text immer weiter wachsen und nach und nach zu einer umfangreichen Marketing-Inspirationsquelle werden. 

Wirtschaftliches Denken ist für Kunstschaffende oft ein besonderes Problem.

Vieles, was in der Wirtschaft funktioniert, kann theoretisch auch für Kunstschaffende gelten. Dennoch ist es in der Praxis nicht so einfach. Einerseits definieren sich Künstlerinnen und Künstler stark über ihre Tätigkeit. „Wollen Sie sich zur Hure des Marktes machen? Die Kunst ist frei!“ Kunstschaffende sind auch oft menschlich nicht ganz unkompliziert. Teilweise sind sie geradezu narzisstisch, selten kritikfähig und es fehlt ihnen jegliche professionelle Distanz zur eigenen Arbeit. Andererseits haben Kunstschaffende oft das Gefühl, alles zu können. Besonders wenn sie Geld brauchen, sind sie auch bereit (fast) alles zu machen: „Familienwappen? Porträts? Kopien? Ich male ihnen alles! Hauptsache, es kommt irgendwie Geld rein…“ 

Ikone, Öl mit echtem Lapislazuli und Gold auf Holz, 64 x 50 cm © Georg Cevales
Ikone, Öl mit echtem Lapislazuli und Gold auf Holz, 64 x 50 cm

Im Rahmen meiner Forschung zum Werk- und Produktkonzept in der Malerei habe ich diese Ikone mit Öl auf Holz gemalt.

Den Bildträger habe ich nach dem Hochwasser am Rheinufer gesucht, einige Jahre trocknen lassen und anschließend bemalt. Das Inkarnat ist auf Basis von zyprischem Ocker, der Kapuzenpulli mit Lapislazuli gemalt und die Heiligenschein-Krone aus Blattgold.

Wenn man in der Malerei über den Werkbegriff nachdenkt, ist die Ikone das Extrem. Eine Ikone ist quasi das Kunstwerk in seiner Reinform. Es gibt sogar in vielen Völkern Erzählungen über wundertätige Ikonen. Mit Gold und kostbarem Lapislazuli immer weiter überhöht und aufgeladen entsteht nach und nach ein richtiges ideelles Gegenüber.

Flexibilität ist am Anfang einer künstlerischen Karriere wichtig, um überhaupt zu überleben, genau darin liegt aber später auch eine Gefahr. Viele Künstlerinnen und Künstler haben kein eigenes Profil. Sie können alles und nichts. Niemand weiß, was sie eigentlich machen und wollen. Wer bin ich als Künstlerin? Wer bin ich als Künstler? Was mache ich? 

Marketing für Kunstschaffende heißt zunächst, die eigene künstlerische Identität auszubauen.

Absinthfee, Öl auf Holz, 93 x 71 cm © Georg Cevales
Absinthfee, Öl auf Holz, 93 x 71 cm

Die grüne Absinthfee ist ein metaphorisches Konzept für künstlerische Avantgarde und die Entdeckung und den Dialog mit neuen, jenseitigen Welten.

Künstler wie Manet, Gauguin, Toulouse-Lautrec, Picasso oder Vincent van Gogh wurden von ihr inspiriert. Aber auch für weniger berühmte Namen, die oft am Rande der Gesellschaft lebten, quasi den „Punks des 19. Jahrhunderts“, war sie Trost, Inspiration und Muse. Die Absinth Fee (französisch La fée verte) kann als Symbol für das Bohème sein und für prospektives Gedankengut in einer sich wandelnden Gesellschaft stehen. Sie ist ein Zeichen für poetische Inspiration, für eine freie Geisteshaltung, neue Ideen und Transformation.

Viele Strategien beginnen mit einer sogenannten SWOT-Analyse. Stärken, Schwächen, Chancen, Risiken. Für Künstlerinnen und Künstler ist das allerdings keine gute Herangehensweise. Die Risiken und Gefahren werden in den meisten Fällen erdrückend sein, die Chancen und Erfolgsfaktoren dagegen kaum auszumachen. 

Wettbewerb und Konkurrenzkampf wirken manchmal albern.

Profilbildung in der Wirtschaft geht auch oft über die Wettbewerber. Im Vergleich zeigen sich dann die eigenen Stärken… Doch auch dieser Weg ist für uns im Kunstbereich keine gute Methode. Schließlich möchten Kunstschaffende ja einzigartig sein. Im Vergleich mit seinen Wettbewerbern kann man sich dann zwar wunderbar anpassen, gleichzeitig wird man aber auch die eigenen Unzulänglichkeiten, Defizite und Schwächen erleben. Von Selbstzweifeln geplagt könnte man schließlich feststellen, dass es eigentlich alles schon gab. Viele haben vielleicht auch schon ähnliche Sätze gehört wie: „Deine Bilder erinnern mich total an…“ oder „du musst dir unbedingt mal den Künstler XY anschauen, der macht auch so Sachen.“

Besser als die klassische SWOT-Analyse ist es stattdessen den eigenen Wünschen einen Raum zu geben. Meine Marketingstrategie gründet deswegen auf Hoffnungen und Wünsche. Ich glaube, dass gerade im eigenen Willen und in Wünschen und Träumen eine ungeheure Kraft und großes Potenzial steckt. Und wenn man ihn richtig verfolgt, schärft dieser Weg auch die eigene Persönlichkeit und das eigene künstlerische Profil. 

Eine gute Frage zu Beginn wäre: Was ist das Beste, was mir und meiner Kunst passieren könnte?

Im Anschluss kann man noch mehr ins Detail gehen: Will ich Bilder verkaufen? Möchte ich von Kuratoren und Galerien entdeckt werden? Möchte ich Preise oder Stipendien gewinnen?
In den nun folgenden Absätzen will ich meine Ideen, Beobachtungen und Gedanken zu diesen drei konkreten Fragen zusammentragen.  „Kunstmarketing“ weiterlesen

Identität und Präfiguration. Zum Umgang mit offenen Kunstsystemen. 

In der Kunst geht es am Ende immer auch um den Menschen. Dabei ist es manchmal jedoch gar nicht so einfach, die Menschen zu mögen. Für viele Probleme kann man die Menschheit verantwortlich machen. Allein die Umweltprobleme: Plastik im Meer, Artensterben, Klimawandel… Trotzdem ist die Menschenliebe für Künstlerinnen oder Künstler ein sehr wirksamer Antrieb und viele Arbeiten drehen sich um den Zweck des Menschseins oder das Verhältnis des Menschen zur Welt. 

Besonders in schwierigen Zeiten ist es wichtig, die Menschen gern zu haben. Dabei hilft, wenn man sich klar macht, dass viele unserer globalen Probleme in Wirklichkeit nicht von einzelnen Menschen gemacht sind, sondern in der Form ihres Zusammenlebens gründen. Tatsächlich sind nur selten einzelne Menschen schuld. Unsere Probleme sind vielmehr Probleme der Gesellschaftsform: Es sind wirtschaftliche und politische Probleme, aber keine Probleme des Menschen an sich. Es gibt eine gemeinsame Verantwortung einer Gesellschaft, beispielsweise gegenüber der Geschichte und gegenüber gemeinsamen Idealen und Werten. Jedoch alle Menschen pauschal verantwortlich zu machen ist insbesondere auch deshalb unfair, weil die meisten Menschen mit den aktuellen Zuständen der herrschenden Elite, korrupten Politikern oder Militärdiktaturen absolut nicht einverstanden sind. Millionen Menschen sind auf der Flucht. Es wäre zynisch, wenn man sie für die Situation in ihrer Heimat verantwortlich machte. Auch lebt beispielsweise die Hälfte der Menschen in armen Verhältnissen (48,4 % der Weltbevölkerung lebten 2013 von weniger als 5,50 Dollar am Tag) und hat überhaupt nicht genug Geld, um exzessiv zu konsumieren und viele Ressourcen zu verbrauchen. Die Menschen sind also nicht das Problem, sondern die Gesellschaftsform und sehr wenige einzelne Privilegierte, die unverhältnismäßig davon profitieren. 

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Oben auf dem Gipfel, Gegenlicht

Wie Künstlerinnen und Künstler in Zukunft glücklich und effektiv arbeiten können. Mein Portfolio-Konzept.

Künstlerische Positionen bieten eigene Blickwinkel auf aktuelle Fragestellungen. Ob Gesellschaft, Umwelt oder wirtschaftliche Fragen – alles kann für Kunstschaffende interessant sein und ihre Antworten, Ideen und Positionen können helfen, aktuelle Probleme und Herausforderungen besser zu bewältigen.
Deswegen sind künstlerische Positionen relevant. Nicht nur für Kunstinteressierte, sondern auch für ein eher am Thema interessiertes, aber ansonsten kunstfernes Publikum sowie für Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft.

In diesem Beitrag möchte ich ein Organisationsprinzip vorstellen. Ich habe es mir überlegt, um Kunstschaffenden zu helfen, in einen kontinuierlichen und inspirierenden Arbeitsprozess zu finden.

Perspektivenwechsel: Arbeit in Reihen statt Projekten

Beginnen wir mit einem Perspektivenwechsel. Anstatt in Projekten, denken wir uns die Arbeit in Reihen. So entsteht ein kreativer Fluss, ein kontinuierlicher Prozess mit ständig neuen Positionen. Für die Struktur nehmen wir Meilensteine. Ausstellungen, Dokumentationen und Berichte sind alles nur Meilensteine, aber nicht das Ende der künstlerischen Arbeit. Statt uns auf Projektergebnisse zu konzentrieren, nutzen wir die Resultate nur als Orientierungspunkte für unsere fortlaufende Arbeit. 

Fahrradfahren: Ein Portfolio zum Unterwegssein. 

 

Mein Portfolio-Konzept

Ich möchte die Felder der Vermittlung und eine kontinuierliche Arbeitsweise verbinden. Das gelingt über einen multimedialen Ansatz. Dafür habe ich den Arbeitstitel „Portfolio“ gewählt.

Inspiration und Arbeitsauftrag: Thematische Sammlungen als Werkzeug für persönliche Entwicklung

Traditionell wäre ein künstlerisches Portfolio eine Sammlung von Werken, die eine Person oder Gruppe als repräsentativ für ihr Talent oder Können betrachtet. Ich möchte den Begriff jedoch weiter fassen. Ein Portfolio in meinem Sinne ist eine thematische Sammlung. Portfolios sind eine strukturierte und systematische Methode, um Inspiration zu finden, Themen zu bearbeiten, neue Positionen zu reflektieren und zu dokumentieren. Gleichzeitig wachsen sie immer weiter und sind nie abgeschlossen. 

Auf meiner Webseite erstelle ich beispielsweise schon seit einigen Jahren regelmäßig solche eigenen künstlerischen Portfolios zu verschiedenen Themen: Zum Wald, über das Unterwegssein, ich sammele abstrakte Fotos, Blumenbilder und analoge Filmexperimente. Meine persönlichen Portfolios beinhalten dabei beispielsweise überwiegend Fotos, Texte und Malerei. Aber auch ganz andere Formen wären denkbar: Podcasts, Videos, Lyrik, Klänge und Geräusche…

„Das Zauberwort für einen erfolgreichen Portfolio-Aufbau lautet Diversifikation.“ – boerse.de

Mit meinem Konzept der multimedialen Portfolios möchte ich nicht nur meine eigene Präsentationsmethode auf dieser Webseite reflektieren. Mein Wunsch ist es, einen motivierenden Arbeitsansatz für Kunstschaffende zu entwickeln. Ich möchte sowohl die Praxis der künstlerischen Arbeit wie auch die Vermittlung der Kunst methodisch strukturieren. 

Wie sieht so ein Portfolio aus?

Ein Portfolio ist eine Sammlung mit künstlerischen Positionen zu einem ganz bestimmten Thema. Beispielsweise Zeichnungen, poetische Zitate, Fotos, Malerei, Videos etc.

Portfolios werden veröffentlicht, sind aber nie wirklich fertig. Sie sind thematische Forschungsaufträge und immer wenn neue Gedanken, Fotos, Zitate, Bilder oder sonstige Positionen dazu passen, wachsen sie weiter. In regelmäßiger Durchsicht werden sie umsortiert, neu gegliedert und manchmal fliegen auch alte, überholte Positionen wieder raus. 

Portfolios als Rahmen künstlerischen Schaffens

Meine Portfolios als Rahmen des künstlerischen Schaffens erheben für sich nicht den Anspruch, journalistisch zu informieren. Sie sind einzig ihrer eigenen Wahrheit verpflichtet, die sie mit ihren spezifischen Mitteln einkreisen und immer weiter herausarbeiten. Eine Wahrheit im Sinne von richtig und falsch werden sie vielleicht nicht erlangen. Dafür zeigen sie aber einen Weg auf. Sie führen uns, sie hinterfragen, werfen einen Augenmerk auf etwas Bestimmtes, zeigen auf, klagen an, zweifeln und begeben sich mit uns gemeinsam auf die Suche. Das Publikum wird vielleicht erkennen, dass es zwischen zwei extremen Positionen auch eine Mitte gibt.

Exkurs über die Wahrheit:
Was die Wahrheit ist, kommt immer darauf an. Eine Aussage ist wahr, wenn sie etwas richtig beschreibt. Eine Aussage ist falsch, wenn sie etwas nicht richtig beschreibt. Wahrheit ist also eine Eigenschaft von Aussagen, nicht von Sachverhalten an sich. Nichts kann für sich alleine wahr oder falsch sein. Es ist immer nur die Darstellung, die wahr oder falsch sein kann. Deshalb ist es auch so wichtig, Raum für umfassende Darstellungen zu schaffen. Nicht nur mit Sprache wie in der Wissenschaft, sondern auch mit allen anderen uns zur Verfügung stehenden Mitteln.
Die Wahrheit ist oft relativ und es kommt immer auch auf die Umstände an. Eine Aussage kann in einem bestimmten Kontext wahr sein, in einem anderen Kontext aber falsch. Beispielsweise wäre die Aussage: „Es ist warm“ an einem Sommertag wahr, an einem Wintertag aber falsch. Wie wäre sie an einem sonnigen Februarwochenende, wenn sich die ersten Schneeglöckchen zeigen und der Schnee schmilzt? In einem Bild oder in einer künstlerischen Position kann das Verhältnis dargestellt werden. Die Wirksamkeit von „warm“ im Spiel mit „kalt“. So eine vergleichende Position würde die Umstände berücksichtigen und uns die Qualitäten von warm und kalt besser vermitteln.
Wahrheit ist oft subjektiv und hängt von der persönlichen Perspektive ab. Beispielsweise ist die Aussage „Ich bin wütend“ wahr, wenn die Person wütend ist. Wut ist jedoch ein komplexes Gefühl. Sie kann auch beispielsweise Ausdruck von Trauer sein, wenn eine Person nicht in der Lage ist, mit ihren Empfindungen umzugehen. Dann wäre die Aussage „Ich bin wütend“ nicht mehr zutreffend.
Wir sehen: Wahrheit ist kompliziert und niemals nur schwarz oder weiß. Der Wahrheitsgehalt einer Aussage kann sich ändern, wenn sich die Perspektive ändert und hängt auch von der Komplexität des Sachverhalts ab. Über Gedanken, Texte und künstlerische Positionen zu einem Thema, wie beispielsweise „Wärme“ oder „Wut“, könnte man sich dem Sachverhalt umfassend nähern und daraus vielleicht die beste Antwort und Wahrheit finden.

„Hör auf am Lebenslauf zu arbeiten. Starte den Aufbau eines Portfolios.“ – Dhiyavasu Bhadauria

Ein künstlerisches Portfolio hat sicher eine andere Methode, als wir es im wissenschaftlichen Kontext kennen. Persönlich, subjektiv gefärbt, originell ausgedacht… Aber was ist schon Wahrheit? Aktuell wird immer wieder erschreckend klar, zum Beispiel in Zusammenhang mit dem Klimawandel, dass wissenschaftliche Erkenntnisse in der Praxis keine entscheidende Rolle spielen. Politiker schaffen sich ihre eigenen, alternativen Fakten. Die Wirtschaft findet zu jedem Gesetz irgendein neues Schlupfloch, und jeder Stammtisch hat zu guter Letzt noch mal eine ganz andere Meinung dazu. Ich denke, das können Künstlerinnen und Künstler sicherlich genau so geschmeidig und ganz bestimmt wird es dann über die Zeit schöner und auf jeden Fall auch interessanter. 

Beispiele, wie mit Portfolios umgegangen werden kann:

  • Kunstschaffende können in Zukunft in diesem Sinne ihre Aufgabe viel weiter gefasst verstehen. Sie arbeiten einerseits mehrgleisig und haben immer viele „Eisen im Feuer“. Andererseits arbeiten sie tief und langfristig sehr umfangreich und können dadurch ein Themenfeld breit abstecken. Ihr Ziel ist zukünftig nicht mehr nur das einzelne Werk, eine Ausstellung und ggf. ein Katalog. Ein Portfolio in meiner Lesart kann man viel eher als ein digitales Künstlerbuch verstehen. Arbeit und Dokumentation werden zukünftig viel enger verzahnt. Meine Idee für die Kunst in Zukunft sieht multimediale Portfolios als wachsende, vernetzte, sich entwickelnde große Gesamt-Positionen. Portfolios sind eine Fortführung des Projektes. Ich möchte Kunstschaffende in einem erweiterten Kontext auch als Forscher, Wissenschaftler, Kuratoren, Kritiker und Redakteure verstehen. 
  • Kulturelle Institutionen könnten in Zukunft in diesem Sinne unter ihrem Dach viele solcher Portfolios vereinen, neue Portfolios beauftragen und immer tieferes und umfassenderes Wissen ansammeln. 
  • Stiftungen vermögen entsprechend ihrer Satzung die Patenschaft für passende Portfolios zu übernehmen und fördern dadurch gezielt frische Positionen. 
  • Ausstellungsräume werden in Zukunft eher eine Art „Situation Room“ und geben aktuelle Einblicke in momentan stattfindende Prozesse. 
  • Kuratierende werden mit ihren Ausstellungsbudgets eigene Aufträge an Kunstschaffende vergeben können, die anschießend auf ihren Gebieten weitere Forschungen unternehmen und damit an Portfolios anknüpfen oder neue Portfolios erstellen. Wie in einem Magazin können verschiedene Positionen von Kuratoren und Kuratorinnen zu einem Thema gebündelt werden, die Darstellungsform unterscheidet sich aber und geht weit über den Anspruch eines Magazins hinaus. Sponsoren können sehr viel gezielter angesprochen werden und die inhaltliche Verantwortung wird gestreut: Innerhalb eines Portfolios können auch ganz unterschiedliche Positionen vertreten sein. So kann der Problematik der Cancel Culture in brisanten thematischen Umfeldern begegnet werden. 
  • Besucherinnen und Besucher schaffen sich schließlich einen Überblick über bisher gesammelte Erkenntnisse. Sie können in sozialen Medien ihren Lieblingsportfolios in Form von dazugehörigen Hashtags folgen und je nach Bedarf tiefer in die Materie eintauchen, indem sie die dazugehörige Homepage bzw. die Blogs der Kunstschaffenden besuchen und dort aktuell auf dem Laufenden gehalten werden.

Kunst ist ein integraler Bestandteil des sozialen und kulturellen Lebens. Durch Kunst können wir vieles besser verstehen und dem Leben Bedeutung geben. Während die Kunst seit Jahrhunderten besteht und sich stetig weiterentwickelt, stellen soziale Medien und die Art und Weise, wie Projekte durchgeführt werden, Kunstschaffenden vor neue Herausforderungen. 

Der Kunst mehr Bedeutung für das eigene Leben geben

Zum Abschluss dieses Beitrags möchte ich zwei Herausforderungen genauer betrachten. Zum einen die Tatsache, dass die sozialen Medien oft nur oberflächlich sind und zum anderen, dass Projekte ein definiertes Ende haben. Das widerspricht den wesentlichen Ideen der Kunst, von Bedeutung und Entwicklung.

Mein Hintergedanke ist, dass aus dem Verständnis dieser beiden Probleme mein Portfoliokonzept etwas mehr Gewicht bekommt.

Das Problem der sozialen Medien

Soziale Medien wie Twitter, Instagram oder ein Video bei Youtube sind eine gute Möglichkeit, um gesehen zu werden. Die Aufmerksamkeit des Publikums ist dort aber nur kurz und wird der komplexen Thematik und der gewünschten Tiefe und Betroffenheit der künstlerischen Position selten gerecht. Eine Folge ist, dass viele Themen nur vereinfacht dargestellt werden. Die sozialen Medien sind zunächst vielleicht kurz von Vorteil, um Aufmerksamkeit zu gewinnen. Langfristig sind sie aber ungünstig, wenn nichts weiter kommt bzw. wenn der nötige Hintergrund fehlt.

Soziale Medien funktionieren nur als Plattform für Kunst, wenn die Künstlerin oder der Künstler bekannt sind. Ungewohnte Sichtweisen, Avantgarde und künstlerische Positionen, die nicht im Mainstream sind, haben hier keine große Reichweite. Manchmal gibt es natürlich „One-Hit-Wonder“, beispielsweise lustige kleine Filme. Nur weiß dann meistens keiner mehr, vom wem sie ursprünglich eigentlich waren.

Schließlich ist ein Problem der sozialen Medien, dass sie keinen Dialog ermöglichen. Oft wird das Publikum nur als Rezipient gesehen und kann nicht aktiv an der Kunst teilhaben. Soziale Medien ermöglichen es nicht, einen direkten Dialog zwischen Kunstschaffenden und Publikum zu führen.

Der hinterfragende, suchende Ansatz von vielen Kunstschaffenden lässt sich oft nicht kurz und einfach darstellen. Wie können künstlerische Ideen so vermittelt werden, dass sie besser sichtbar und greifbarer werden? Hier braucht es einen umfassenderen neu gedachten Ansatz für die Kunstvermittlung. Es muss ein kreatives und interaktives Umfeld geschaffen werden, welches die digitale Welt und die analoge Wirklichkeit gleichermassen darstellen kann.

Das Problem der Projekte

Projekte haben einen Anfang und ein Ende. Jedes Œuvre hat jedoch einen roten Faden, etwas, das über die zeitliche Begrenztheit der Projekte hinausführt.

Kunstschaffende arbeiten heute oft nur projektweise. Jedes Projekt hat aber nach seinem Anfang immer auch ein Ende, auf das oft nicht nur eine finanzielle Dürreperiode, sondern auch ein schwermütiges Motivationstief folgt. Dabei hätten die meisten Künstlerinnen und Künstler aber viel mehr mitzuteilen, als sie im zeitlichen Rahmen des Projektes ausdrücken konnten. Wie können sie sich motivieren, wie können sie weiter machen und woher nehmen sie ihre Inspiration?

Im Prinzip können wir in jedem Werk eine rote Linie entdecken. Es gibt immer einen Faden, der sich durch das Œuvre zieht. Bei manchen Kunstschaffenden ist dieser Faden offensichtlich. Sie wollen ein bestimmtes Thema konsequent weiterarbeiten und es von allen Seiten beleuchten. Bei anderen ist der rote Faden vielleicht nicht ganz so gut greifbar. Dennoch ist er da. Oft ist es ein bestimmtes Material, eine bestimmte Technik oder ein Stil, der sich durch alle Arbeiten zieht. Langfristig interessant ist daneben aber vor allem auch das persönliche Thema, welches sich beim reflektierenden und umfassenden Blick über ein künstlerisches Werk herauskristallisiert.

Wer ausschließlich die kurz und knackig zusammengefassten Ergebnisse eines Prozesses sieht, bekommt nur einen Teil der Wahrheit. Wichtig ist jedoch auch der Diskurs. Aspekte und Überlegungen des Diskurses sind ebenso wie das Ergebnis selbst Teil der künstlerischen Position.

Durch das vorgegebene abrupte Ende können viele Ideen nicht ihr volles Potenzial und die maximale Strahlkraft entfalten. Viel Potenzial verpufft und geht verloren. Gleichzeitig ist aber der öffentliche Druck, der mit dem Erreichen eines Projektziels einhergeht, auch sehr wichtig. Druck hilft um einzelne Positionen fertigzustellen, um „noch einmal alles geben“ und um die eigene Arbeit abzugrenzen. Die Arbeit in Projekten hat also Vor- und Nachteile. Der Vorteil ist die Struktur, der Nachteil ist das Ende. Tatsache ist jedoch immer: Die künstlerische Wirklichkeit ist in Wirklichkeit kein Projekt.